Ein halbes Jahrhundert gelebte Kunst

  07.10.2012 Aktuell, Kultur, Burgdorf

«Künstlerisches, Antiquarisches, Köstliches», so betitelt die eng mit Burgdorf verbundene Angelika Aebersold (1942) ihre Ausstellung. Sehr früh lernt die Kindergärtnerin Walter Aebersold kennen, Steinmetz/Bildhauer im gleichnamigen Unternehmen. Sie heiraten früh, bekommen drei Kinder, sie unterstützt ihren Mann als Organisator, Leiter, technischen Betreuer und Teilnehmer der Burgdorfer Bildhauersymposien. Beide sind bekannte Persönlichkeiten der lokalen Künstlerszene. 1991 stirbt ihr Ehemann 49-jährig.

Begabungen ausleben
Nachdem die Kinder ausgeflogen sind, besinnt sich Aebersold Ende der 80er-Jahre auf ihre Fähigkeiten und Wünsche. Ihre Freizeit nutzt die junge Witwe, um sich in der Malerei weiterzuentwickeln (Ausdrucksmalerei bis hin zur Mal-Therapeutin bei Arno Stern und eine Malerei-Ausbildung bei Rolf Wullimann, Selzach). Daneben fertigt sie textile Objekte an; vornehmlich Bild-Teppiche. Ihre Werke stellt sie in verschiedenen Galerien aus, so in der Burgdorfer Galerie Bertram und mehrmals in der Kulturmühle Lützelflüh. «Noch während meiner Ehe konnte ich an der 2. und 3. deutschen Tapisserie-Biennale in Krefeld und Osnabrück ausstellen.»
Rund zehn Jahre arbeitet sie als Mal-Therapeutin für den sozialpsychiatrischen Dienst des Regionalspitals Emmental. «Ich konnte dank meinem Wissen den betroffenen Personen vermitteln, dass man über Farben und Formen innere Konflikte ausleben und bewältigen kann.» Ihre Arbeit macht ihr Freude, weil sie anderen Menschen helfen kann.

Textile Seite hervorheben
«Nachdem ich zahlreiche Jahre sehr viel gemalt hatte, war Zeit für etwas Neues: Ich habe meine textile Seite wieder hervorgeholt und mich vermehrt dieser Materie gewidmet. Eigentlich bin ich fast halb/halb in beiden Kunstrichtungen tätig, und das gefällt mir sehr gut. Bisweilen steht textile Kunst in ganz unterschiedlichen Formen – was an meiner Ausstellung zu sehen ist – heute im Vordergrund, was ja mein ureigenstes Medium ist», erläutert sie.
In drei Räumen ihrer Wohnung stellt die Künstlerin gestickte Bilder, gemalte Werke und selber gefertigten Schmuck aus. Als «Antiquarisches» bezeichnet sie Werke, die sie schon vor einiger Zeit gefertigt hat und die jetzt auch zum Verkauf stehen.

Orientalische Einflüsse
1994 fliegt sie für sechs Monate nach Kairo, wo sie am Rand der ägyptischen Hauptstadt sechs Monate in einem gratis zur Verfügung gestellten Haus lebt und nach eigenem Gutdünken ihre künstlerische Tätigkeit ausüben und ausleben kann. «Im Dreijahresturnus haben der Kanton, Pro Helvetia und die Stadt Burgdorf jeweils einer auf künstlerischem Gebiet überzeugenden Persönlichkeit – mit den Finanzen für ein halbes Jahr Lebensunterhalt ausgerüstet – die Möglichkeit geboten, nach Kairo zu fliegen. Ich hatte bereits vorher Arabisch gelernt und durfte dort den Alltag erleben. Ich passte mich den Sitten und Gebräuchen an und wurde entsprechend respektvoll behandelt. Das war eine unvergessliche Zeit mit vielen Eindrücken und Anregungen fürs ganze Leben», blickt sie zurück. Orientalische Lebensfreude und Farbenpracht spiegeln sich nach wie vor in ihren Kunstwerken wider.
Auf die Frage nach ihrer Zukunft bricht sie in Lachen aus: «Noch zwanzig Jahre ein erfülltes Leben führen, gesund und munter, und weiter künstlerisch aktiv sein. Wenn ich mit meiner Arbeit aufhöre, bin ich nicht mehr da.»

Gerti Binz
 


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote