«Politik bestimmt unseren Alltag und unsere Zukunft»

  11.12.2013 Aktuell, Schwingen, Kultur, Burgdorf, Gesellschaft, Region, Sport, Politik, Alchenstorf

In unregelmässigen Abständen stellt die Zeitung «D’REGION» beruflich erfolgreiche Söhne und Töchter der Stadt Burgdorf und der Region vor. Bisher erschienen Interviews mit SRF-Korres­pondent Peter Balzli und dem Ökonomen Thomas Straubhaar. Diesmal traf sich «D’REGION» mit dem Alchens­torfer Andreas Aebi zum Gespräch, der als Nationalrat, Landwirt, Auktionator und Reiseveranstalter tätig ist.

«D’REGION»: Am 24. November stimmte die Schweizer Bevölkerung über drei eidgenössische Vorlagen ab: die 1:12-Initiative, die Familien­initiative und die Einführung der 100-Franken-Autobahnvignette. Wie sind Sie mit den Resultaten zufrieden?
Andreas Aebi: Die 1:12-Initiative wurde klar verworfen. Ich bin froh über die Deutlichkeit des Resultats. Exzessive Auswüchse bei Managergehältern müssen auf andere Art bekämpft werden. Eine Annahme hätte zu einem Verlust an Steuereinnahmen geführt. Es kann nicht in unserem Interesse liegen, dass Kaderleute ihren Wohnsitz ins Elsass oder nach Liechtenstein verlegen und dort ihre Steuergelder abliefern.

Die Annahme der Familien-Initiative wäre mir sympathisch gewesen. Die eigene Betreuung der Kinder in der Familie erachte ich als sinnvoll, sie müsste als Leistung anerkannt und stärker honoriert werden.

Bei der Ablehnung der Autobahnvignette überraschte mich die Deutlichkeit des Ergebnisses. Ich selbst habe mich für eine moderate Erhöhung der Vignette ausgesprochen. Eine Erhöhung um 60 Franken war aber definitiv des Guten zu viel. Das Resultat zeigt die Befindlichkeit der Automobilisten auf.

«D’REGION»: Seit 2007 sind Sie Mitglied des Nationalrats. Wann begannen Sie sich für Politik zu interessieren?
Aebi: Ich interessierte mich bereits als Schüler für das politische Geschehen. Ungefähr mit 20 Jahren gründete ich mit Kollegen eine «Junge SVP» im Amtsbezirk Burgdorf. Ich amtierte mehrere Jahre als Ortsparteipräsident der SVP Alchenstorf und übte hier rund ein Jahrzehnt lang das Amt als Gemeindepräsident aus. Politik war und ist aus meinem Leben nicht wegzudenken.

«D’REGION»: Warum sollte man sich politisch engagieren?
Aebi: Politik bestimmt unseren Alltag, unser Zusammenleben und unsere Zukunft. Die Weichen, die durch die Politik gestellt werden, betreffen uns alle. Ich gehe allerdings davon aus, dass eine niedrige Stimmbeteiligung entweder auf die geringe Relevanz eines Themas zurückzuführen ist oder sich darin die generelle Zufriedenheit der Bevölkerung ausdrückt.

«D’REGION»: Welche Hauptzielsetzungen verfolgen Sie als Volksvertreter in Bern?
Aebi: Grundsätzlich geht es um das Ziel, für die Schweiz und ihre Bevölkerung eine nachhaltige Zukunft sicherzustellen. Der Lebensstandard soll erhalten bleiben. Die Entscheidungen, die wir heute treffen, müssen unseren Kindern und Grosskindern zugutekommen. Jeder Politiker ist auf bestimmte Bereiche spezialisiert. Meine Interessenschwerpunkte liegen in der Stärkung der KMU, der Landwirtschafts-, der Aussenwirtschafts- und Aussenpolitik.

«D’REGION»: Welche Eigenschaften muss ein erfolgreicher Politiker Ihrer Ansicht nach mitbringen?
Aebi: Er muss zäh und ausdauernd sein sowie über einen guten Riecher verfügen, wann welche Themen aktuell sind und zu welchem Zeitpunkt sich Lösungs- und Kompromissmöglichkeiten abzeichnen. Politik erfolgt stets in kleinen Schritten, mit der Beisszange lässt sich kaum je etwas erzwingen – dessen sollte er sich bewusst sein. Ein weiterer Mosaikstein für den politischen Erfolg ist die enge Einbettung innerhalb der eigenen Partei. Diese bildet eine wichtige Voraussetzung, um sich erfolgreich mit Vertretern anderer Parteien vernetzen zu können. Wer in der eigenen Partei kaum Rückhalt hat, kann auch nicht als parteiübergreifender Netzwerker agieren.

«D’REGION»: Unmittelbar nach Ihrer Wahl 2007 in den Nationalrat kam es zu einer Spaltung in der SVP, aus der die BDP als neue Partei hervorging. Wie haben Sie diese emotionalen Diskussionen erlebt?
Aebi: Die damalige Debatte war zu emotional, zu wenig sachlich. Die Spaltung ist rückblickend nicht zwingend gewesen. Ich war damals neu im Parlament und besass zu wenig Einflussmöglichkeiten, um zu intervenieren. Es war für die Partei keine einfache Zeit. Die BDP ist im Kanton Bern mittlerweile zu einer bürgerlichen Kraft geworden, die ich selbstverständlich respektiere.  

«D’REGION»: Sie gelten als Vertreter der moderaten Berner SVP. Hatten Sie je Schwierigkeiten mit dem Politikstil der Mutterpartei, der ja lange von Zürich aus geprägt wurde?
Aebi: Ich bin lösungsorientiert, suche aber auch permanent die Auseinandersetzung in der politischen Debatte – sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Partei. Ich vertrete meine Positionen und Haltungen mit Überzeugung, sodass klar ist, für welche Werte ich einstehe. Für meine Offenheit und Transparenz werde ich auch respektiert. Es ist nur natürlich, dass die Fetzen jeweils fliegen, sobald unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen. Harte Diskussionen gibt es sowohl innerhalb der Fraktionssitzungen als auch im Nationalrat und den verschiedenen Kommissionen. Unterschiedliche Ansichten haben ihre Berechtigung. Ich bin überzeugt, dass es für eine erfolgreiche politische Gestaltung unserer Zukunft sämtliche Kräfte braucht – von links bis rechts. Auch Ansichten, die ich nicht teile, schätze ich, denn diese tragen zu einer umfassenden Meinungsbildung bei. Im Vergleich zu anderen Staaten wird die politische Auseinandersetzung in der Schweiz korrekt, sachlich und fair geführt.

«D’REGION»: Seit 2012 präsidieren Sie die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats (APK-N). Welche Aufgaben kommen der APK bei der Gestaltung der schweizerischen Aussenpolitik zu? Aussenpolitische Themen gelten ja eher als Domäne der Exekutive.
Aebi: Aussen- und aussenwirtschafts­politische Vorlagen – wie die Ausgestaltung der institutionellen Beziehungen der Schweiz zur EU oder das Freihandelsabkommen mit China – werden vom Bundesrat erarbeitet und anschliessend von der APK vorberaten. Diese spielt für die Meinungsbildung in den beiden Kammern eine zentrale Rolle. Heisst die APK eine Vorlage mit einer satten Mehrheit gut, erhöhen sich die Chancen, dass das Parlament das Geschäft genehmigt.

«D’REGION»: Die Schweiz ist ja bekannt für ihre «Guten Dienste». Waren Sie in diesem Zusammenhang als Präsident der APK ebenfalls aktiv?
Aebi: In Bogotá, der Hauptstadt Kolumbiens, diskutierte ich im Oktober 2012 in der Schweizer Botschaft im Rahmen eines Gesprächskreises zur Friedensförderung mit einem Kommandanten der Farc-Guerilla und einem General des Militärs. Der jahrzehntelang andauernde Bürgerkrieg forderte bisher über 200 000 Menschenleben. Beeindruckend war, dass meine beiden Gesprächspartner bereit waren, einen Strich unter die blutige Vergangenheit zu ziehen. Am Ende des Gesprächs reichten wir uns die Hände. Leider gibt es Kräfte innerhalb des Militärs und der Guerilla, die nicht bereit sind, den Konflikt auf friedliche Weise zu beenden. Die momentan in Kuba stattfindenden Friedensverhandlungen kommen nur stockend voran.
    
«D’REGION»: Sie treten regelmäs­sig als Auktionator an Viehversteigerungen im In- und Ausland auf. Kommt Ihnen diese langjährige Rede- und Leitungserfahrung auch als Politiker zugute?
Aebi: Die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Menschen bei den vielseitigen Viehauktionen, die Absicht, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen und Lösungen für Probleme zu finden, schaffen Erfahrungswerte, die auch in der Politik von Nutzen sind. Allerdings unterscheidet sich die politische Rhetorik von der doch eher schnellen Sprache an den Auktionen; ich muss mir im Ratssaal also stets vergegenwärtigen, dass ich mich nicht an einer Auktion befinde ... (lacht)

«D’REGION»: Auf Ihrer Homepage bezeichnen Sie den landwirtschaftlichen Betrieb in Alchenstorf, den Sie gemeinsam mit ihrer Familie führen, als «prägende Grundlage» Ihres Lebens. Können Sie diese Aussage erläutern?
Aebi: Einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen ist mehr als ein Beruf: Es ist eine Aufgabe, welche die ganze Lebensführung bestimmt. Ich bin mit Tieren und der Natur aufgewachsen. Der Hof ist für mich eine Oase der Kraft, ein Ort, an dem ich mit meiner Frau Thea, den Lehrlingen und der Familie zusammen bin.  Die Arbeit als Landwirt und Viehzüchter lehrt einen auch eine gewisse Demut; nicht alles lässt sich beeinflussen und steuern.

«D’REGION»: Sie präsidierten das Organisationskomitee des ESAF 2013 in Burgdorf. Welche Bilanz ziehen Sie in der Rückschau vom «Fest aller Feste»?
Aebi: Eine ausschliesslich positive. Das «Eidgenössische» in unserer Region entwickelte sich zu einem riesigen Volksfest. Die Erinnerungen sind sehr emotional und bewegend. Alles klappte und funktionierte wunschgemäss. Wir hatten auch viel Glück, und dafür bin ich sehr dankbar: Das Wetter hätte nicht besser sein können, es ereigneten sich keine gravierenden Unfälle und der Schlussgang war voller Spannung und voll von grossen Gefühlen, sodass letztendlich zwei Sieger den Sägemehlring verliessen. Dass der neue König aus der Region stammt, stellte das i-Tüpfelchen eines unvergesslichen Fests dar.

«D’REGION»: Sie sind auch als Reise­veranstalter tätig. Auf dem Programm steht nächstens ein Ausflug nach Argentinien. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich als Reise­veranstalter zu betätigen?
Aebi: Ich präsidierte einst die Schweizerische Jungzüchtervereinigung und organisierte einen Ausflug nach Holland, der ein so grosser Erfolg wurde, dass wir zwei Cars benötig­ten und die Reise gleich ein zweites Mal anboten. Später, anlässlich von Viehauktionen im Ausland, meldeten sich immer wieder Personen, die mich begleiten wollten. Zuerst lediglich zwei bis drei, dann zwanzig, zuletzt gegen hundert. Aufgrund der grossen Nachfrage organisierten wir auch unabhängig von Auktionsterminen Reisen in fremde Länder. Auf diese Weise entstand die Aebi Reisen GmbH. Im letzten Jahr unternahmen wir fünf spannende Reisen zu den verschiedensten Destinationen – u.a. nach Argentinien, Kanada, Irland und ins benachbarte Ausland. Wir bemühen uns stets, den Teilnehmern etwas Spezielles zu bieten, mit Überraschungen und einer ganz speziellen Atmosphäre. Der Erfolg bestätigt uns, dass dieses Konzept richtig ist.

«D’REGION»: Was macht für Sie die Faszination des Reisens aus?
Aebi: Es ist spannend und faszinierend, andere Länder auf authentische Weise zu entdecken und kennenzulernen. Reisen erweitern den Horizont. Die gewonnenen Eindrücke prägen und verändern das eigene Leben oft nachhaltig. Auch die persönlichen Kontakte zu den Mitgliedern der Reisegruppen, die aus unterschiedlichsten Schichten und Berufen stammen und völlig verschiedene Erfahrungen mitbringen, schätze ich sehr.

«D’REGION»: Als Politiker, Landwirt, Reiseveranstalter, Auktionator und Familienvater bewältigen Sie ein enormes Arbeitspensum. Woher nehmen Sie die dafür nötige Energie?
Aebi: Man muss vernetzt denken, Synergien nutzen, ein gutes Zeitgefühl haben und sich an ein klares Zeitmanagement halten. Eine gute Gesundheit, viel Lebensfreude, körperliche und geis­tige Fitness sowie intakte persönliche und familiäre Verhältnisse bilden die Voraussetzungen, um die Aufgaben effizient in Angriff zu nehmen.

«D’REGION»:  Die Weihnachtszeit gilt als Zeit der Besinnung und der Wünsche. Wie lauten Ihre persönlichen Wünsche für die Zukunft?
Aebi: Gesundheit, Zufriedenheit in allen Lebensbereichen und hie und da einige besondere Glücksmomente.

Interview: Markus Hofer

 

 

Steckbrief:
Andreas Aebi
Geboren am: 26.11.1958
Wohnort: Alchenstorf
Beruf:  Landwirt/Auktionator/Reiseveranstalter
Politik: Nationalrat (SVP)
Zivilstand: mit Thea Aebi-Keller verheiratet
Kinder: Matthias, geb. 1986; Ann-Kathrin, geb. 1987; Raphael, geb. 1992
Militärischer Grad: Major
Hobbys: Walking, Reisen, Lesen, Natur, Ornithologie


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