Die Entwicklung einer gemeinsamen Identität als erstes Ziel

  12.03.2014 Aktuell, Fraubrunnen, Politik

Am 1. Januar 2014 hat die fusionierte Gemeinde Fraubrunnen offiziell ihre Arbeit aufgenommen. Während der Gemeinderat schon im Sommer 2013 gewählt wurde, fand die Wahl des Gemeinderatspräsidenten im November 2013 statt. «D’REGION» hat sich mit Urs Schär, dem ersten Präsidenten des Gemeinderats der fusionierten Gemeinde Fraubrunnen, über die aktuelle Situation der Gemeinde und ihre weiteren Pläne unterhalten.

«D’REGION»: Am 1. Januar 2014 nahm die fusionierte Gemeinde Fraubrunnen offiziell ihre Arbeit auf. Welches Fazit können Sie nach den ersten zwei Monaten ziehen? Wie verlief der Start?
Nach zwei Monaten können wir sagen, dass wir den Start gut gemeis­tert haben. Mit den Tagesgeschäften konnten wir problemlos beginnen, gleichzeitig müssen wir aber auch viel Neues bewältigen. Der Umzug aller Gemeindeverwaltungen hat viel Arbeit gebracht und auch viel Zeit gekos­tet. Der logistische Aufwand war sehr gross, aber auch alles wieder einzuordnen und zu beschriften war ein gutes Stück Arbeit. Alle Mitarbeitenden waren gefordert und haben die Arbeit tipptopp erledigt.

Ich habe das Gefühl, dass wir einen guten Start erwischt haben. Zwar haben wir noch eine Liste mit Dingen, die noch zu erledigen sind, aber es läuft schon viel. Die ersten vier Jahre wird uns die Fusion sicher noch beschäftigen.

«D’REGION»: Der elfköpfige Gemeinderat wurde bereits im Sommer 2013 gewählt, Ihre Wahl zum Gemeinderatspräsidenten fiel in den November 2013. Wie verläuft die Zusammenarbeit in der neuen Gemeinde?
Da der Gemeinderat ja schon im Sommer gewählt wurde, hatten wir schon einige Sitzungen im letzten Jahr. So hatten wir die Möglichkeit, uns schon kennenzulernen. Zudem kannten sich verschiedene Gemeinderäte schon aus der Arbeitsgruppe, welche die Fusion vorbereitet hat. Man kannte sich im Gemeinderat grösstenteils also schon.

Die Zusammenarbeit läuft gut. Natürlich haben wir nicht immer dieselbe Meinung, da ja auch verschiedene Parteien vertreten sind. Aber es ist wichtig, dass wir einander unterstützen, um das Ganze auf die Beine zu stellen.
Teilweise musste man die Gemeinderäte und die Kommissionen schon fast bremsen, um das Personal nicht zu überfordern. Im Moment bewegen sich die Mitarbeiter am oberen Limit, weil viel Arbeit von den alten Gemeinden noch erledigt werden muss. Dazu kommt parallel alles Neue hinzu. Hier muss man die Arbeitszeiten im Auge behalten. In der Verwaltung arbeiten aber auch super Leute, die tatkräftig mithelfen, wir können uns gar nicht beklagen. Nicht nur die Gemeinderäte, sondern auch die Mitarbeiter der Verwaltung haben einen grossen Effort geleistet, damit alles so gut geklappt hat.

«D’REGION»: Haben Sie auch schon Rückmeldungen aus der Bevölkerung erhalten? Wie ist die Stimmung betreffend die neue Situation?
Sowohl im Gemeinderat als auch in der Verwaltung hatten wir bisher keine negativen Rückmeldungen. Am Fusionsapéro vom 1. Januar 2014 waren ja sehr viele Leute anwesend. Auch die erste Gemeindeversammlung ging schon über die Bühne und war sehr gut besucht. Deshalb haben wir schon den Eindruck, dass die Leute am weiteren Verlauf interessiert sind. Dementsprechend wollen wir auch nach jeder Sitzung darüber informieren, was gerade am Tun und was geplant ist.
Die Leute haben auch viel Verständnis für unsere Situation. Noch ist nicht alles komplett organisiert und bis ins letzte Detail geregelt.

«D’REGION»: Woran wird zurzeit vor allem gearbeitet?
Momentan müssen die alten Gemeinden noch abgeschlossen werden. Zudem werden die neuen Arbeitsabläufe optimiert und die Teambildung in der Verwaltung steht im Fokus. Durch die Gemeindefusion arbeiten nun Leute zusammen, die sich vorher noch nicht kannten, ein Faktor, den man auch berücksichtigen muss. Ich bin aber optimistisch, dass dies gut ablaufen wird.

«D’REGION»: Welche Herausforderungen erwarten den Gemeinderat und die Gemeinde?
Auf die Gemeinde kommen ganz viele Herausforderungen zu. Vonseiten der Bevölkerung werden auch etliche Anliegen vorgetragen.
Ich habe das Gefühl, wir sollten in den ersten Jahren den Zusammenhalt fördern und eine gemeinsame Identität entwickeln. Zwar möchte ich nicht, dass die einzelnen Dörfer ihren Charakter verlieren, aber wir müssen ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln, da wir politisch gesehen nun als Fraubrunnen wahrgenommen werden. Das ist zwar schnell gesagt, aber schwierig umzusetzen. So etwas braucht viel Zeit und muss sich selber bilden.

«D’REGION»: Gibt es schon weitere Pläne oder Projekte für die Zukunft der Gemeinde?
Als Nächstes kommt eine Konsolidierungsphase, in der sich alles festigen und einpendeln soll. Danach geht der Gemeinderat in eine zweitägige Klausur, in der er ein neues Leitbild erarbeiten wird. Ein solches besteht zwar schon, aber nur von der Einzelgemeinde. Es ist nicht auf die fusionierte Gemeinde Fraubrunnen übertragbar.
Auch grössere Bauvorhaben, vor allem in Fraubrunnen, sind schon in der Planung. An drei Standorten werden grössere Überbauungen erfolgen, deren Bedeutung man nicht unterschätzen darf.

«D’REGION»: Während es vorher sieben Gemeindeverwaltungen gab, ist die Verwaltung nun auf drei Standorte konzentriert. Werden dadurch die Dienstleistungen eingeschränkt?
Nein, es werden sicher nicht weniger Dienstleistungen als vorher angeboten. Im Gegenteil, die neuen Öffnungszeiten sorgen für eine Verbesserung.

Da vier Gemeinden nun keine Verwaltung mehr im Dorf haben, müssen sich die Einwohner auf einen weiteren Weg einstellen. Da aber viele Formulare auch im Internet vorhanden sind und heruntergeladen werden können, ist das halb so schlimm. Ein Besuch auf der Gemeinde ist oft gar nicht mehr nötig und die besseren Öffnungszeiten machen den weiteren Weg wett.

Wir haben die Verwaltung auf drei Standorte und nicht nur auf einen konzentriert, da an einem Standort nicht genügend Platz vorhanden gewesen wäre. So konnten wird die eigenen Liegenschaften verwenden und mussten keine zumieten.

«D’REGION»: Welche Vorteile brachte die Fusion? Kommen diese schon zum Tragen?
Ein erster grosser Vorteil ist das Budget. Neu müssen wir nur noch ein Budget anstelle von vierzehn Budgets erstellen. Vorher mussten wir für acht Gemeinden und sechs Verbände ein Budget erstellen. Zwar hat das neue Budget einen grösseren Umfang, es vereinfacht aber auch vieles.

Zudem hat sich die Behörde verkleinert: Vorher waren 450 Behördenmitglieder tätig, jetzt sind es für die gleiche Personenzahl nur noch hundert. Ausserdem bieten wir nun in allen ehemaligen Gemeinden dieselben Dienstleistungen an. Einheitlichkeit und auch Gleichberechtigung haben also zugenommen.

Die ganz grossen Vorteile werden sich jedoch erst nach einiger Zeit zeigen, so etwas lässt sich erst auf die Dauer beurteilen. Allerdings müssen wir auf der Verwaltung auch aufpassen, dass wir die Ansprüche durch die Professionalisierung und Spezialisierung nicht in die Höhe treiben. Die Gemeinde ist nun zwar grösser, aber immer noch keine Riesengemeinde.

«D’REGION»: Sie wurden im vergangenen Jahr zum ersten Gemeinderatspräsidenten der fusionierten Gemeinde Fraubrunnen gewählt. Aus welchen Gründen haben Sie sich zur Wahl gestellt?
Zunächst wurde ich ja in den neuen Gemeinderat gewählt. Danach fanden erste Gespräche betreffend Ressortverteilung und Präsidium statt. Zu dieser Zeit war ich mir noch nicht sicher, ob ich für das Gemeindepräsidium kandidieren sollte. Deshalb habe ich zunächst Gespräche mit meiner Familie, Kollegen und der Partei geführt. Als wir uns im Gemeinderat auf eine Dreierkandidatur einigen konnten, war ich mit der Situation zufrieden. Eine fusionierte, grosse Gemeinde ohne Wahl des Gemeinderatspräsidenten wäre meiner Meinung nach nicht ideal gewesen. So konnte die Bevölkerung immerhin aus drei Kandidaten auswählen.

Der Entschluss, für das Gemeindepräsidium zu kandidieren, ist aber erst nach einem langen Prozess gereift und stand nicht schon von Beginn an fest.

«D’REGION»: Sie verfügen über zehnjährige Erfahrung im Gemeinderat von Zauggenried und haben zudem am Projekt G8 mitgearbeitet. Diese Erfahrung war und ist sicherlich wertvoll bei der Arbeit in der neuen Gemeinde. Wie haben Sie selbst die Entstehung der neuen Gemeinde erlebt?
Die Erfahrung hat mir die Entscheidung zur Kandidatur sicher erleichtert. Durch meine zehn Jahre als Gemeinderatspräsident von Zauggenried kenne ich den Ablauf des Gemeindealltags schon gut, der auch in einer grösseren Gemeinde etwa derselbe bleibt.

Ausserdem habe ich von Anfang an im Fusionsprozess mitgearbeitet. Teilweise war ich auch an zwei Projekten betei­ligt: einerseits in Zauggenried und Kernenried, andererseits in Zauggenried und Fraubrunnen. Dabei durfte ich viel lernen, was mich auch ermutigte, mich der Wahl zum Gemeinderatspräsidium zu stellen.

Die Entstehung der Gemeinde war ein sehr interessanter Prozess und auch eine Gelegenheit, etwas Neues aktiv mitzugestalten. Dadurch, dass wir momentan noch elf Mitglieder im Gemeinderat sind, werden die Sitzungen auch nicht gerade kürzer. Aber das wird sich auch mit der Zeit ändern.

«D’REGION»: Nach vier Jahren wird der Gemeinderat ja auf sieben Mitglieder verkleinert...
Momentan hat jedes Dorf noch seinen oder seine Gemeinderäte, die von den Einwohnern ihres Dorfes gewählt worden sind. So hat man sichergestellt, dass von jedem Dorf jemand dabei ist. Das finde ich enorm wichtig, weil so für jedes Dorf ein «Experte» vorhanden ist, der über spezifische Angelegenheiten seines Dorfes Bescheid weiss. Das finde ich eine gute Sache. Zudem sind auch in den Kommissionen Leute aus den verschiedenen Dörfern vertreten.

Die Reduktion auf sieben Gemeinderäte ist aber schon beschlossen, dann hat mindestens eine Gemeinde keinen Gemeinderat aus dem eigenen Dorf mehr. Allerdings kann man auch sagen, dass keine der acht Gemeinden die anderen «im Sack hat». Auch Fraubrunnen dominiert die neue Gemeinde nicht.

«D’REGION»: Was erhoffen Sie sich für die Gemeinde Fraubrunnen?
Ich hoffe, dass wir eine Gemeinde mit einer guten Zukunft hinkriegen, die ein attraktiver Wohn-, Einkaufs- und Arbeitsort mit massvoller baulicher Entwicklung bleibt. Wir müssen darauf achten, dass wir in allen Dörfern bauen, damit sie als Wohnorte für die Bevölkerung attraktiv bleiben.

Ausserdem soll die Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr so gut bleiben wie jetzt oder sogar noch verbessert werden. Zudem müssen wir die finanzielle Situation im Auge behalten: Es gilt, Wünsche und Möglichkeiten zu vereinbaren. So können wir als grössere Gemeinde gestärkt in die Zukunft gehen.
Am 3.5.2014 findet das Fusionsfest statt. Drei plus fünf ergibt acht, deshalb wurde dieses Datum gewählt. Das wird dann für eine Weile das letzte grössere Fest sein, danach müssen wir wieder an die Arbeit!

Interview: Jasmin Welte

 


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