Diskussionen in der Stadtratssitzung

  27.05.2014 Aktuell, Burgdorf, Politik

 

Rechts und Mitte gegen links, so präsentiert sich die Ausgangslage für den im Dezember 2013 von BDP, CVP, EDU, FDP, GLP und SVP eingereich-ten Auftrag an den Gemeinderat, Informationen und Abklärungen zur nachhaltigen Entwicklung der Stadt Burgdorf zu liefern. Wie wichtig die nachfolgenden Entscheidungen für die verschiedenen Direktionen der Stadt sind, zeigt die Präsenz zahlreicher Kadermitglieder auf der Zuschauertribüne.

 

Engagierter Widerstand

Nachdem verschiedene Abänderungs- und Ergänzungsanträge gestellt, zurückgezogen und verworfen worden sind, hat der Stadtrat schliesslich über folgende Voten zu diskutieren und abzustimmen: 1. «Der Gemeinderat zeigt dem Stadtrat jeweils mit dem Budgetantrag die Investitionstätigkeit der nächsten Jahre auf», was einstimmig durchgewinkt worden ist.

Bedeutend mehr zu diskutieren gibt Punkt zwei: «Es sind bei mindestens drei externen Beratungsfirmen Offerten für die Überprüfung der Verwaltung hinsichtlich optimierter Abläufe und Organisation, für Analyse, Beratung und Umsetzung (inkl. New Public Management NPM) einzuholen und dem Stadtrat bis Oktober 2014 vorzulegen.»

Als Begründung führen die Antragsteller an, dass «mit Hilfe von neutralen Spezialisten unter anderem aufgezeigt werden kann, wo die Stadt Burgdorf den Hebel ansetzen muss, um eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen». Durch dieses Vorgehen würde der Gemeinderat in seinen Bestrebungen zugunsten der Stadt konstruktiv und professionell unterstützt. Letzterer kann sich für die Vorlage überhaupt nicht begeistern; «eine externe Organisationsüberprüfung ergäbe keinen Sinn». Gemeinderat Peter Urech (Ressort Finanzen) erklärt namens seiner Kollegen, diese «betrachten das vorgeschlagene Vorgehen als nicht zielführend» und weist auf die hohen Kosten hin. Der Gemeinderat empfiehlt Ablehnung.

 

«Analysen sind immer hilfreich»

Ganz anders sehen es im Lauf der engagierten Diskussion die Vertreter von Mitte/rechts. Rolf Ingold (BDP) spricht von einem «einfachen Auftrag, durchaus üblich in der Wirtschaft. Externe Ideen holen und die Aufwandkosten für einen solchen Auftrag schätzen lassen bringt schon viel», betont er. Das Einholen einer Offerte beinhalte «keine Verpflichtung für die Durchführung der Analyse, brächte aber bereits dank vorheriger Abklärungen einer Beraterfirma vor Ort einen Strauss von Ideen». Parteikollege Andreas Rössler doppelt nach: «Ein systematisches Vorgehen hilft bei der Suche nach Sparpotenzial, wobei natürlich kein ‹Totsparen› gefragt ist.» Unternehmer Hermann Dür (FDP) lässt seine gleichnamige Firma im Zuge des Qualitätsmanagements jedes Jahr überprüfen, geschadet habe es noch nie.

Verschiedene SP-Mitglieder widersprechen dezidiert, es ist von Misstrauen gegenüber dem Gemeinderat die Rede, der bisher schon erfolgreichen Anwendung von NPM, von unnötigen Kosten für die bestellten drei Offerten sowie den entstehenden Kosten in den verschiedenen Verwaltungsbereichen, wo dann, statt zu arbeiten, Unterlagen zusammengetragen müssen. Stefan Berger (SP) fordert eine Aufschlüsselung der hochgerechneten Unkosten für die Bereitstellung von Prüfungsunterlagen durchs städtische Personal.

Das erste Mal seit Jahren fliegen die verbalen Pfeile zwischen links und rechts, trotzdem bleibt der Ton anständig. Stadtratspräsidentin Christine Meier kommt gar nicht mehr dazu, jeweils das Wort zu erteilen; die Votanten gehen zur sofortigen Replik über.

 

«Überhaupt keine Angst»

Stadtpräsidentin Elisabeth Zäch hält mehrfach fest, dass «der Gemeinderat überhaupt keine Angst vor einer externen Analyse hat. Die Verwaltung steht sehr gut da, sämtliches Personal hat seine Arbeit bisher sehr gut gemacht.» Das sei kein Zufall, sondern letztlich das Ergebnis der tiefgreifenden NPM-Reformen von 2006 bis heute. «Das Personal ist permanent damit befasst, seine Aufgaben, Prozesse und Organisationen zu überprüfen und zu optimieren. Das strategische Denken in Politik und Verwaltung sowie das Kostenbewusstsein wurden gefördert.» Die Stadtpräsidentin weist darauf hin, dass solche Überprüfungen in die abschliessende Kompetenz des Gemeinderates fallen.

Michael Ritter (GLP) mahnt, dass es ein Eigengoal würde, wenn man sich vor jedem politischen Vorstoss erst fragen müsse, welche Kosten dabei anfallen. Er stellt Stimmenthaltung der zwei GPL-Räte für die Schlussabstimmung in Aussicht, das Gleiche gilt für die drei Vertreter der Grünen. Nach weitergehenden Diskussionen überweist der Stadtrat unter bürgerlicher Führung gegen den geschlossenen Widerstand der Linken den Auftrag mit zwanzig Ja zu neun Nein bei sieben Enthaltungen.

 

Ausgeglichenes Budget

Neben dem vorgenannten Traktandum erläutert der Gemeinderat unter «Haushaltsgleichgewicht 2020» seine Finanzstrategie mit dem ausführlich dargelegten Warnsystem «Ampelsteuerung», wovon die Stadtratsmitglieder Kenntnis nehmen. Auch beim folgenden Auftrag prallen die unterschiedlichen Meinungen von links und rechts frontal aufeinander, als der von BDP, CVP, EDU, FDP und SVP eingereichte Antrag betreffend die städtischen Finanzen emotional diskutiert wird. Unterstützt von der SP empfiehlt der Gemeinderat die Ablehnung des folgenden Auftrages: «...ist dem Stadtrat mit dem Voranschlag 2016 ein ausgeglichenes Budget zur Genehmigung vorzulegen. Dieser ausgeglichene Voranschlag ist möglichst ohne Leistungsabbau der städtischen Dienstleistungen, ohne Steuererhöhungen und ohne Kündigungen von städtischem Personal zu erreichen.» Auch hier siegt Mitte/rechts: Mit 22 Ja zu 14 Nein wird der Auftrag überwiesen.

 

Liegenschaftssteuer bleibt tief

Nicht durchsetzen kann sich die SP-Grüne-Fraktion mit dem Anliegen, einerseits die Liegenschaftssteuer von heute einem Promille auf 1,3 Promille zu erhöhen und andererseits bei den Spezialfinanzierungen (Feuerwehr/Abwasseranlagen/Kehricht und Parkplätze) die Gebühren zu senken. Der Antrag wird mit 22 Nein zu 14 Ja abgelehnt, gleich wie bei den zwei vorhergehenden Versuchen. Andernfalls wäre Burgdorf recht nah an den im Kanton Bern geltenden Höchstsatz von 1,5 Promille gerückt. Für 2014/15 ernennt der Stadtrat die Firma BDO AG Burgdorf einstimmig zur Revisions-gesellschaft für die Prüfung der Jahresrechnungen 2014 und 2015.

Gerti Binz

 


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