Präimplantationsdiagnostik (PID) im Fokus

  23.05.2015 Aktuell, Bildung, Wirtschaft, Burgdorf, Hasle bei Burgdorf, Gesellschaft, Politik

Die Wahlen vom kommenden Herbst rücken näher. Es gilt, Werbung in eigener Sache zu machen. So lassen sich auch Nationalräte nicht ungern zu Podiumsdiskussionen einladen, wie dies in Hasle-Rüegsau am Montag vor einer Woche der Fall war. Im Zentrum der Diskussion stand die Abstimmungsvorlage zur Präimplantationsdiagnostik (PID) vom 14. Juni 2015. Die PID ist ein medizinisches Verfahren, mit dem Embryonen bei einer künstlichen Befruchtung (In-vitro-Fertilisation) genetisch untersucht werden (Chromosomen-Screening), bevor sie in die Gebärmutter eingesetzt werden.

Verfassungsartikeländerung
«Es dürfen nur so viele menschliche Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau zu Embryonen entwickelt werden, als ihr sofort eingepflanzt werden können», so lautet der bisherige Artikel 119 der Bundesverfassung. Der neue Verfassungsartikel 119 hat den Wortlaut: «… als für das Fortpflanzungsverfahren notwendig sind». Das heisst also, dass so viele Embryonen entwickelt werden könnten, wie es die vorgesehene Behandlung erfordert. Bei einem Nein zum geänderten Verfassungsartikel am 14. Juni 2015 blieben sowohl der geltende Artikel 119 BV als auch das geltende Fortpflanzungsmedizingesetz unverändert in Kraft. Das würde bedeuten, dass die PID verboten bleibt.

Ethische Argumente
Nach einem Impulsreferat von Daniela Ritzenthaler-Spielmann, Dialog Ethik, mit näheren Erläuterungen zur PID stellten sich die Nationalrätinnen Marianne Streiff, EVP, und Christa Markwalder, FDP, sowie die Nationalräte Matthias Aebischer, SP, und Erich von Siebenthal, SVP, den Fragen von Simon Keller, stellvertretendem Redaktionsleiter neo1. Markwalder und Aebischer als Befürworter der PID machten es sich keineswegs einfach. Lange Diskussionen seien ihrem Entscheid vorausgegangen. Markwalder fügte an, dass sie selten eine so abwägende, seriöse Debatte wie über die PID erlebt habe. Die Verfassungsartikeländerung und die daraus folgende Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes ermöglichten eine massvollere Anwendung der In-vitro-Fertilisation. Was man neu in vitro testen dürfte, könne man ja heute bereits pränatal untersuchen. Von Siebenthal und Streiff als Gegner der PID  führten an, dass durch das Chromosomen-Screening zwischen wertem und unwertem Leben entschieden werde. Sie befürchten mit einem Ja zur PID einen Dammbruch, das heisst, dass weiteren technischen Eingriffen in der Medizin Tür und Tor geöffnet würden (Eizellenspende, Leihmutterschaft usw.).

Bauchentscheid
Bei einer Annahme der Verfassungsartikeländerung durch Volk und Stände am 14. Juni 2015 würde die daraus folgende Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes im Bundesblatt veröffentlicht und die 100-tägige Referendumsfrist begänne. Käme kein Referendum zustande, würde die PID möglicherweise bereits im Laufe des Jahres 2016 zulässig sein. Die PID wäre aber nur für Paare zugelassen, die Träger von schweren Erbkrankheiten sind, und für Paare, die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen. Pro Zyklus dürften zwölf statt nur drei Embryonen erzeugt werden und es könnte ein einzelner Embryo ausgewählt und übertragen werden, was Mehrlingsschwangerschaften entgegenwirkte. Überschüssige Embryonen könnten der Forschung zur Verfügung gestellt werden. – Moderator Simon Keller sprach einigen Zuhörern im Kalchofen in Hasle-Rüegsau aus dem Herzen, als er sagte, wahrscheinlich werde sein Entscheid am 14. Juni 2015 für oder gegen die PID ein Bauchentscheid sein.

Barbara Schwarzwald


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