Matura-Projekt für das Wohl der Gesellschaft

| Sa, 25. Jul. 2015

BURGDORF: Am 5. September 2015  eröffnet die Gymnasiastin Natalie Stalder aus Sumiswald in Burgdorf ein Repair Café. Im Rahmen ihrer Matura-Arbeit will sie sich für ein nachhaltiges Projekt engagieren und ergänzt damit das schweizweit bestehende Angebot von Repair Cafés. red

Für die Gymnasiastin war von Anfang an klar, dass sie die Zeit, welche sie für die Matura-Arbeit aufwenden würde, in ein nachhaltiges Projekt stecken wollte. «Wir diskutieren zu Hause viele verschiedene Themen; das ist jeweils spannend. Doch die Idee eines Repair Cafés hat mich sofort fasziniert», sagt die junge Frau im Gespräch mit dem «Unter-Emmentaler». Sie bemühe sich selbst, ihre Geräte möglichst lange zu verwenden. «Nach zwei Jahren ein neues Handy zu kaufen, nur weil das Abonnement erneuert werden kann, wäre für mich kein Thema.» In Bern durfte sie einen halben Tag lang im Repair Café mitarbeiten: «Dies gefiel mir ausgezeichnet.»

Auf der Suche nach Freiwilligen
Natalie Stalder, die das Gymnasium Burgdorf in Richtung Pädagogik, Psychologie und Philosophie besucht, entschied sich, ihre Matura-Arbeit einem solchen Projekt zu widmen. Im Gebäude des Jugendsozialwerks HEKS KICK an der Kirchbergstrasse 21, unmittelbar hinter dem Bahnhof, fand sie einen Raum, der ihr für den Zweck gratis zur Verfügung gestellt wird. «Das Haus ist zu Fuss in zwei Minuten vom Bahnhof erreichbar, also sehr zentral, genau so, wie ich es mir vorgestellt habe», strahlt sie.

Nun ist die Maturandin auf der Suche nach Freiwilligen. Einerseits nach Besuchern, die ihre Geräte, Textilien, Spielsachen usw. mithilfe von ehrenamtlichen Profis reparieren möchten; gratis, wohlverstanden. Andererseits aber auch eben solche Profis, Kenner oder Könner, welche ihre Zeit jeweils an einem Samstag im Monat zur Verfügung stellen und beim Reparieren behilflich sind. An diesen ehrenamtlichen Treffen können die Besucher ihre defekten Produkte von zu Hause mitbringen und mit Hilfe oder auch alleine reparieren. Die vorhandenen Werkzeuge dürfen sie kostenlos nutzen, und gängige Ersatzteile können vor Ort gekauft werden, zum Beispiel zum Reparieren von Kleidern, Möbeln, elektrischen Geräten, Fahrrädern, Spielzeug und vielem mehr. Allerdings ohne Reparaturgarantie, denn Haftung kann aufgrund des ehrenamtlichen Charakters der Repair Cafés nicht übernommen werden. Das Umfeld gibt dem Repair Café den Namen: In einer gemütlichen Ecke werden Kaffee, Getränke und Kuchen angeboten. Hier lässt es sich einen Moment «verschnaufen», Repariertipps austauschen oder auch neue Bekanntschaften schliessen.

Nutzungsdauer erhöhen
In der Schweiz gibt es bisher rund 20 Repair Cafés, die allesamt gut funktio­nieren. So wurde im Februar dieses Jahres in Köniz eine zweite solche Einrichtung im Raum Bern eröffnet.  
Zahlreiche Produkte wandern tagtäglich in den Müll. Auch Gegenstände, an denen nicht viel kaputt ist und die nach einer einfachen Reparatur problemlos wieder verwendet werden könnten. Einerseits ist das Reparieren bei vielen Menschen der heutigen Wegwerfgesellschaft aus der Mode gekommen oder es fehlt das notwendige Wissen, um die Produkte selbst zu reparieren. Auch gibt es Produkte, die verschweisst sind und sich für eine Reparatur nicht öffnen lassen. Im Gegenzug aber finden sich zahlreiche Menschen mit grossem handwerklichem Geschick.

Ein Repair Café, wie sie europaweit in mehreren Ländern verbreitet sind, versucht, diese beiden Interessengruppen zusammenzubringen und so die Lebens- und Nutzungsdauer von Gebrauchsartikeln, Kleidern oder Spielsachen zu erhöhen. Die Stiftung für Konsumentenschutz Schweiz arbeitet eng mit den Repair Cafés der Schweiz zusammen, berät Initianten bei der Gründung einer solchen Institution und unterstützt sie – da die Projekte ehrenamtlich geführt sind – mit Werbematerial.

Die nächsten Schritte, welche Natalie Stalder abgesehen von der Dokumentation ihrer Matura-Arbeit unternimmt, sind nun die Suche nach freiwilligen Mitwirkenden und die Organisation der Eröffnung und der ersten monatlichen Veranstaltungen im Repair Café Burgdorf. Die Gymnasiastin möchte Menschen dazu motivieren, sich beim Reparieren ihrer defekten Gegenstände helfen zu lassen und die Ambiance im Repair Café zu geniessen. Gleichzeitig hofft sie, Leute mit handwerklichem Geschick zu finden, die ihre Fertigkeiten in den Bereichen Holz, Metall, Stoff, Nadel und Faden, Lötkolben oder Elektronik gerne anwenden und die gerne defekte Gegenstände (z.B. Computer, Stühle, Haushaltsgeräte, Kleider oder Spielzeug) flicken oder reparieren helfen. Und die damit etwas Gutes für die Umwelt und die Gesellschaft tun. Es ist ihr Ziel, dass das Repair Café in Burgdorf dereinst autonom funktioniert oder dass sich die Stadt sogar daran beteiligt. Im Moment aber hat sie alle Hände voll zu tun, das Projekt in Gang zu bringen und ihre Matura-Arbeit dazu zu verfassen.

Liselotte Jost-Zürcher

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