Markus Grimm als VR-Präsident des Casino Theaters bestätigt

  27.08.2015 Aktuell, Burgdorf, Gesellschaft, Politik

Relativ viel zerschlagenes Geschirr, ein angekratzter Ruf in der Öffentlichkeit, berechtigte Fragen nach Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit und schliesslich ein Sturm im Wasserglas: In etwa so könnte man die völlig überraschenden Vorkommnisse an der Burgermeindeversammlung vom 27. Mai 2015 zusammenfassen, an der Niklaus J. Lüthi massive Vorwürfe gegen die Brüder Markus Grimm (Präsident des Casino-Verwaltungsrates) und Andreas Grimm (Präsident der Burgergemeinde) erhoben hat. Einhellige Zustimmung findet Lüthi in der Frage der Casino-Revisionsgesellschaft wegen der familiären Verflechtung, die auch per sofort ihr Amt niedergelegt hat und an der Casino-Generalversammlung vom 27. August durch die Röthlisberger AG ersetzt wird. Auf Unmut stösst hingegen bei nicht wenigen Burgern der Umstand, dass «hier offensichtlich private – und wahrscheinlich weit zurückliegende – Fehden auf dem Buckel von Burgergemeinde und Casino Theater ausgetragen werden sollen» und mit einem Überraschungscoup der Rücktritt von Markus Grimm erzwungen wird.

Konsequenzen unbekannt
In den Tagen nach der denkwürdigen und erstmals seit Jahren – wenn nicht seit Jahrzehnten – derart emotional verlaufenen Burgerversammlung laufen die Telefonleitungen in Burgdorf heiss. Gegner von Grimms Abwahl sammeln Unterschriften für eine ausserordentliche Versammlung. Bei derzeit 390 Stimmberechtigten wären 40 Unterschriften für eine solche nötig gewesen, 62 Personen fordern sie jetzt. In der Einladung für den Anlass spricht sich der Burgerrat gegen ein Rückkommen aus, da er das Ergebnis vom 27. Mai zu respektieren vorschlägt. Vizepräsident Christoph Bürgi fasst die Chronik der Umbaupläne und -projekte für das Casino Theater seit 2007 nochmals zusammen und erinnert daran, dass lediglich die Sanierung des Theaters im Vordergrund stehe: «Niemand ist unersetzlich!» Er mahnt, den demokratisch zustande gekommenen Entscheid – der den Rücktritt von Markus Grimm zwingend vorsieht – zu respektieren und den rechtskräftig gefällten Beschluss nachträglich nicht infrage zu stellen. Doch es kommt anders.

Nachdem Regula Urbanek als Künstlerische Direktorin und als Vertreterin der Burger im Casino-Verwaltungsrat über die – für den gesamten Schweizer Theaterbetrieb – einmalige Steigerung der Besucherzahlen sowie einen Casino-Selbstfinanzierungsgrad von 60 und weitere Details informiert hat, lässt sie einen «unüberhörbaren Sprengsatz» hochgehen: «Der Verwaltungsrat in seiner jetzigen Zusammensetzung leistet nachweislich gute Arbeit. Sollte Markus Grimm abgewählt bleiben, tritt der sechsköpfige Verwaltungsrat in corpore zurück.» Anna Suter von Suter + Partner Architekten, welche die Umbau-Projektleitung innehat, erläutert weitere Details und weist vor allem auf die Probleme bei Lärm- und Brandschutz hin.

Überrumpelt
In der anschliessenden Diskussion zur Frage, ob gemäss dem Vorschlag des Burgerrates «aus demokratischen Überlegungen am Versammlungsbeschluss vom 27. Mai festzuhalten oder ein Rückkommen vorzuziehen» sei, fallen klare Worte. «Vielen von uns war das unbegründete Votum Lüthi gegen Grimm nicht nachvollziehbar, was gleichzeitig ein schlechtes Licht auf den Burgerrat geworfen hat», bemängelt ein Burger. «Wie soll man einen neuen Verwaltungsratspräsidenten – und dessen Entschädigung – aus dem Hut zaubern? Was wird aus einem führerlosen Verwaltungsrat?» Eine Burgerin erklärt, sie sei «überrumpelt worden und habe die Konsequenzen einer Abwahl nicht abschätzen können». Entsprechend solle man auf diesen Fehler zurückkommen und ihn korrigieren. Dem stimmen einige spontan zu, während andere die Absetzung angemessen finden.
Weiter ist die Rede von einem Dolch- beziehungsweise Todesstoss fürs Casino Theater, während von Lüthis angeführter «problematischer verwandtschaftlicher Verbandelung» nie Anzeichen bemerkt worden seien. Markus Grimm habe sich erfolgreich für die Belange des Casinos mit guten Ergebnissen eingesetzt, das solle man «wertschätzen».

Der Ton wird schärfer
Niklaus Lüthi weist nochmals auf die Risiken bezüglich der Verwandtschaft Markus und Andreas Grimm und deren Verwaltungsratsmandate hin. Ihm gehe es darum, «diese Verflechtung und Verfilzung zu lösen. Den Entscheid zur Absetzung von Markus Grimm als ‹Todesstoss› für das Casino zu benennen, ist falsch.» Doch was er in der vorhergegangenen Diskussion gehört habe (Rücktritt des Casino-Verwaltungsrates in corpore bei Abwahl von Markus Grimm), sei «noch viel verreckter». Er spricht von Erpressung und fragt sich, «ob das der richtige Verwaltungsrat fürs Casino ist».

Die Diskussion mit emotionalen Voten geht weiter, die «Erpressung» wird mehrmals gerügt und ein Rückkommen auf einen gefällten Burgerentscheid sollte aus Gründen der Glaubwürdigkeit und Rechtssicherheit vermieden werden. Andererseits votieren immer wieder Burger unter Hinweis auf die nicht nachvollziehbaren Vorwürfe gegen die Brüder Grimm auf ein Rückkommen. In einer geheimen Abstimmung sprechen sich von 109 Stimmberechtigten 67 für ein Zurückkommen aus, 41 votieren bei einer Enthaltung dagegen.

Bis jetzt gute Arbeit
Nochmals ergreift der Burgerrats-Vizepräsident Bürgi das Wort (Ratspräsident Andreas Grimm befindet sich im «Dauer-Ausstand»). Bürgi betont, dass in der nächsten Abstimmung nicht über die Person Markus Grimm abzustimmen sei, sondern über dessen Funktion als Verwaltungsratspräsident der Casino AG. Seit 1998 ist er Verwaltungsrat, Präsident seit 2013. «Er war Ratsmitglied, als die Kostenschätzung von 2007 als Grundlage für den ersten Kreditantrag an die Burgergemeinde im Jahr 2012 präsentiert worden ist. Er war informiert, aber nicht Hauptverantwortlicher.» Seinerzeit basierten die Kosten auf einer Grobkostenschätzung mit +/- 20 Prozent Spielraum, ab 2013 auf einer Kostenberechnung mit +/- 10 Prozent. Bürgi erinnert, dass von den sieben bis 2013 im Amt gebliebenen Verwaltungsräten fünf zurückgetreten und nur Markus Grimm und Vizepräsident Peter Urech (Vertreter der Stadt Burgdorf) im Amt verblieben sind. Bei den neuen Mitgliedern «ging es vor allem um die fachliche Kompetenz für diese grosse Aufgabe, was nach den erzielten Ergebnissen als geglückt bezeichnet werden darf. Markus Grimm und sein Team haben viele wichtige und richtige Entscheide getroffen.» Entsprechend empfiehlt der Burgerrat der Versammlung, die Klausel mit dem Rücktritt von Markus Grimm als Präsident und aus dem Verwaltungsrat der Casino Theater AG zu streichen, damit die maximal 4,5 Mio. Franken (inkl. die Krediterhöhung von 1,5 Mio. Franken) fliessen können. Inbegriffen ist auch der auf vier Jahre befristete jährliche Beitrag von max. 200 000 Franken an die Kosten des Theaterbetriebes.

Erleichterung und Gratulation
Da keine Wortmeldungen erfolgen, stimmt die Versammlung erneut geheim ab. Von nun 108 Anwesenden bestätigen 78 Markus Grimm als Verwaltungsratspräsidenten, 29 votieren mit Nein (bei einer Enthaltung). Nach dem deutlichen Ergebnis wendet sich der wieder als Casino-Verwaltungsratspräsident tätige Markus Grimm an die Anwesenden und dankt mit bewegten Worten «für das deutliche Vertrauen, das mir soeben ausgesprochen worden ist. Das gibt Mut, Kraft und Energie, das Projekt Casino zu Ende zu führen. Ihr könnt sicher sein, dass das Casino neu aufblüht, dass wir gute Lösungen mit der Stadt, der Region, dem Kanton und den Burgern finden werden beziehungsweise gefunden haben. Wir wollen euch künftig ein renoviertes Kulturinstitut bieten, dessen Ausstrahlung weit über die Grenzen von Burgdorf hinausgeht.»

Beim anschliessenden Apéro diskutieren die Burger – was offensichtlich von allen geschätzt wird – über die ursprünglichen Positionen hinweg die Auswirkungen des neuen Entscheides aufs Casino und den Zusammenhalt innerhalb der Burgergemeinde. Schliesslich geht Niklaus Lüthi zum «Sieger» des heutigen Abends und gratuliert Markus Grimm, worauf beide anstossen.

Gerti Binz


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