Der Urnengang wirft bereits Schatten voraus

| Mi, 10. Feb. 2016

BURGDORF: Die Wahlen in Burgdorf vom kommenden November werfen schon heute gut sichtbare Schatten voraus. Seit Längerem wird eifrig über mögliche oder bereits offensichtliche Kandidaturen diskutiert. red

Burgdorfs Stadtpräsidentin Elisabeth
Zäch ist vor drei Jahren mit der Ankündigung zur Wiederwahl für eine zweite Legislatur von vier Jahren angetreten und hat gleichzeitig festgehalten, sie höre Ende 2016 definitiv auf. Das hat bezüglich ihrer Nachfolge quer durch alle Parteien Klarheit geschaffen, von links bis rechts konnte man damit beginnen nach einer geeigneten Person Ausschau zu halten. Im Bündnis Rot-Grün-Mitte (RGM) (SP, Grüne, EVP), das über eine Mehrheit im Gemeinderat verfügt, kristallisiert sich ziemlich schnell die Person von SP-Stadtrat Stefan Berger heraus, der allerdings monatelang konkrete Anfragen nach seiner Kandidatur mit einem vielsagenden Lächeln unbeantwortet lässt. Allerdings kann Berger ausserhalb von SP, Grüne, EVP und Mitte-Stadtratsmitgliedern sogar im bürgerlichen Lager mit Sympathie rechnen: Ein bürgerlicher Politiker erklärt noch im Herbst 2015, er werde Berger als Stapi auf die Liste setzen.

Aus Fehlern lernen
In Burgdorf bleibt auch nach all den Jahren unvergessen, unter welchen Umständen Ende 2008 die Wahlen für das Stadtpräsidium stattgefunden haben. Ein solches Szenario auf bürgerlicher Seite musste dieses Jahr unbedingt verhindert werden – und wurde es auch. «Damals bewarben sich eine ganze Reihe Kandidaten aus Exekutive und Legislative sowie aus der Wirtschaft um das Amt. Eine Findungskommission mit viel zu vielen Mitgliedern aus den bürgerlichen Parteien und weiteren Organisationen musste einen nach dem anderen ausmustern», erinnert sich einer, der dabei gewesen war. «Offiziell sollte die Reihenfolge der Ausgemusterten geheim bleiben, was natürlich eine Illusion und für die nicht Gekürten wenig erfreulich war. Schliesslich blieb ein – für die Öffentlichkeit eher überraschender – bürgerlicher Schlusskandidat übrig, der die Wahl gegen Elisabeth Zäch verlor. Sie hatte als erfolgreiche Unternehmerin und SP-Frau sehr viele prominente Bürgerliche in ihrem Unterstützungskomitee, die sich engagiert für sie eingesetzt haben.»

Peter Urech als bürgerlicher Kandidat
Jetzt haben sich die bürgerlichen Parteien FDP, SVP und BDP hinter verschlossenen Türen auf den noch amtierenden FDP-Gemeinderat Peter Urech (Ressort Finanzen) geeinigt. Die drei Parteien führen an, dass für die kommende Legislatur 2017 bis 2020 «eine grösstmögliche Kontinuität im Gemeinderat» angestrebt werden sollte. Dies, indem sie Urech auf den Stapi-Sessel hieven wollen. Da neben Elisabeth Zäch auch die Gemeinderäte Andrea Probst (Grüne) und Hugo Kummer (SVP) wegen Amtszeitbeschränkung aufhören und Martin Aeschlimann (EVP) wegen zu grossen Zeitaufwandes zurücktritt, ist im siebenköpfigen Gemeinderat bei nur zwei erneut antretenden Mitgliedern – Charlotte Gübeli, BDP, und Annette Wisler Albrecht, SP –, eine grosse Rochade absehbar.

Will Bewährtes weiterführen
Auch für Urech gilt nach zwölf Jahren die Amtszeitbeschränkung, was bei einem neuen Stapi fünf neue Mitglieder im Gemeinderat bedeuten würde. «Das wäre ein grosser Verlust an Know-how für dieses Gremium», halten die bürgerlichen Parteien fest. «Daher beabsichtigt Urech, als Stadtpräsident die erfreuliche Entwicklung von Burgdorf mit dem eingeschlagenen Weg konsequent weiterzuführen.» Er selber ist überzeugt, mit seiner «langjährigen und breiten Erfahrung im Gemeinderat die Kontinuität für Burgdorf sicherzustellen.» Er lege zudem grossen Wert auf eine Fortsetzung der guten Zusammenarbeit in der Stadtverwaltung, da er als Finanzverantwortlicher der Stadt mit allen Bereichen intensiv zusammengearbeitet habe.

SP wartet bis März
Anfang Februar darauf angesprochen, ob er für den Gemeinderat respektive fürs Stadtpräsidium kandidieren werde, gibt sich SP-Stadtrat Stefan Berger noch zugeknöpft: «Meine Partei entscheidet im März, mit wem sie ins Rennen steigen wird.» Auf die Frage nach seiner beruflichen Situation erklärt er: «Ich darf sagen, dass meine Firma sicher läuft.»

Der Gemeinderat lockt
Bisher hat RGM vier der sieben Sitze im Gemeinderat mit zwei Frauen und zwei Männern besetzt: das Stadtpräsidium und je einen Gemeinderatssitz für SP, Grüne und EVP. Für die SP hat sich die Bisherige Annette Wisler Albrecht schon vergangenes Jahr für eine Kandidatur entschieden. Die Grünen beabsichtigen laut «Gerüchteküche», ihren Stadtrat Theophil Bucher als Kandidaten und Nachfolger von Andrea Probst zu nominieren, bei der EVP scheint als Nachfolgerin für Aeschlimann die Stadträtin Beatrice Kuster bereitzustehen. Sowohl die Grünen als auch die EVP werden gemäss RGM-Absprache zusammen mit der SP erst Mitte März informieren, bis dahin bleiben sämtliche Namen reine Spekulation. Bei der Grünliberalen Partei (GLP) hat die Parteiversammlung entschieden, GLP-Grossrat Christoph Grimm – der von 2000 bis 2010 bereits dem Stadtrat angehört hat – zu portieren. Die SVP hebt die beiden Stadträte Bruno Rosser und Thomas Gerber aufs Schild, die BDP die bisherige Gemeinderätin Charlotte Gübeli und erneut Francesco Rappa. Von der FDP ist neben der Stapi-Kandidatur von Urech derzeit keine offizielle Nomination für den Gemeinderat bekannt. CVP-Stadtrat Urs Pfister hat Ende 2015 erklärt, er habe sich bezüglich einer eigenen Kandidatur oder der Unterstützung anderer noch nicht entschieden.

Wer will in den Stadtrat?
Bevor sich die Parteien zu allfälligen Namen für eine Neukandidatur oder Wiederwahl in den Stadtrat äussern, werden vorsorglich bereits hohe Ziele angekündigt. So beabsichtigen natürlich alle Parteien, ihre Sitze zu halten bzw. die Sitzzahl zu erhöhen. Hier sollte man abwarten, welche Namen schliesslich auf den Listen auftauchen, bevor wild spekuliert wird. In Burgdorf sind neben den Gemeindewahlen (Majorz) auch die Stadtratswahlen (Proporz) vielfach als Persönlichkeitswahlen zu werten, da die Emmestadt von der Grösse her doch immer noch recht übersichtlich ist und viele der kandidierenden Frauen und Männer in Burgdorf gut bekannt und vernetzt sind.

Gerti Binz

 

Wen wollen die Burgdorfer?

Im Vorfeld der Wahlen präsentieren die Parteien bisweilen Personen, die von Zustimmung bis Kopfschütteln ganz unter-schiedliche Reaktionen auslösen. In den vergangenen Jahrzehnten haben die Stimmberechtigten zwischendurch Männer und Frauen gewählt, welche von den Parteien als absolut chancenlos eingestuft worden waren. Andererseits wurden solche, die bereits als so gut wie gewählt galten, im Regen stehen gelassen. Ausschlaggebend ist immer das Wahlergebnis, und auf das müssen Wählerinnen und Wähler bis Ende November 2016 warten.

Aber schon heute staunen viele Stimmberechtigte über den Entscheid der GLP, statt des mit den lokalen Belangen bestens vertrauten GLP-Stadtrates Michael Ritter den Grossrat Christoph Grimm ins Rennen um einen Gemeinderatssitz zu schicken. «Als Zückerchen hat man Ritter dem Vernehmen nach in Aussicht gestellt, als erster Ersatz bei einem Austritt von Grimm aus dem Grossen Rat nach dessen allfälliger Wahl nachrutschen zu dürfen», heisst es bei anderen Parteien. Hier ist man froh, wenn Grimm statt Ritter kandidiert, weil ihm wegen seiner als eher «extrem» bezeichneten Positionierung (z.B. strikte Ablehnung der Umfahrung Emmental) weniger Zuspruch zugetraut wird.

Bis Mitte März Bedenkzeit
Offen ist hingegen die Nomination bei den Grünen; hier wird hinter vorgehaltener Hand gerätselt, warum angeblich Theophil Bucher statt der durch ihr Stadtratspräsidium 2014 bekannten Co-Präsidentin Christine Meier nominiert werden soll. «Alles falsch», bestätigen beide. Bis jetzt sei überhaupt nichts entschieden. Christine Meier hält fest, dass sie selber noch Verschiedenes überdenken müsse, bis sie bezüglich einer Kandidatur einen Entscheid fälle. «Zudem hat das erfolgreiche RGM-Wahlbündnis – aus Rot (SP), Grün und Mitte (EVP) – abgemacht, erst Mitte März mit den definitiven Kandidaturen an die Öffentlichkeit zu gehen.»

Ob und mit wem die EVP den Gemeinderatssitz von Martin Aeschlimann verteidigen will, ist wie bei den Grünen offen. Es darf von einer Kandidatur ausgegangen werden, da die Weiterführung des RGM-Wahlbündnisses betont wird. Und diese hat dem Bündnis 2012 vier der sieben Gemeinderatssitze und somit die Mehrheit eingebracht, auch wenn die Stadtpräsidentin bei einigen Sachgeschäften – wie bei der Umfahrungsstrasse – ausgeschert ist. Die Gerüchteküche kann also brodeln, wie sie will. Auf die Bürgerlichen wartet viel Überzeugungsarbeit, wenn sie den Stapi-Thron und mindestens drei Gemeinderatssessel besetzen wollen.

Erst die Wahlergebnisse werden zeigen, ob die Parteien mit ihren Personalentscheiden richtig lagen.

Gerti Binz

 

Neuen Kommentar schreiben

CAPTCHA
Diese Frage hat den Zweck zu testen, ob Sie ein menschlicher Benutzer sind und automatisiertem Spam vorzubeugen.

Kommende Events

Stellen

Immobilien

Diverses