«Alzheimer: über Wahrheiten und Mythen»

  06.02.2016 Aktuell, Kirchberg, Bildung, Bildung / Schule, Gesellschaft, Region, Vereine, Lyssach, Alchenflüh, Ersigen, Rüdtligen-Alchenflüh

Das Bürger/in-Forum Kirchberg, bestehend aus einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter von Kirchberg und Umgebung, hatte den praktizierenden und leitenden Arzt a. i. Luca Rampa von der Interdisziplinären Memory Clinic IDMC, Inselspital Bern, Murtenstrasse 21, für einen Vortrag zum Thema «Alzheimer: über Wahrheiten und Mythen» gewinnen können.

Demenz
«Demenz» ist ein Überbegriff für zahlreiche chronisch-fortschreitende Gehirnerkrankungen, die sich durch eine Störung von mehreren Hirnleis­tungsbereichen, also nicht ausschliesslich des Erinnerungsvermögens, äussern und progressiv zum Verlust der Selbstständigkeit führen. Laut Luca Rampa leben momentan 113 000 Menschen mit Demenz in der Schweiz, davon rund die Hälfte zu Hause. Bei einer Demenz wird zwischen leicht, mittelgradig und schwer unterschieden, das heisst, die Einteilung erfolgt nach dem Schweregrad der kognitiven Defizite. Verhaltensauffälligkeiten sind der häufigste Grund für einen Eintritt in ein Alterspflegeheim. Zwei Drittel der Bewohner/innen in diesen Einrichtungen sind dement. Mehr als 27 000 Neuerkrankungen an Demenz erfolgen jährlich.

Alzheimer
Alois Alzheimer (1864 – 1915) war ein deutscher Psychiater und Neuropathologe. Er umschrieb 1907 als Erster eine Demenzerkrankung («Über eine eigenartige Erkrankung der Hirnrinde»), die in der Folge als «Alzheimersche Krankheit» bezeichnet wurde. Eine der frühesten Einteilungen psychischer Auffälligkeiten ist um 400 v. Chr. vom griechischen Philosophen Platon verfasst worden. Der römische Philosoph Cicero (106 – 43 v. Chr.) war sich sicher, dass ein aktives intellektuelles Leben die Hinfälligkeit hinausschieben oder sogar verhindern könne. – Von den mehr als hundert Demenzformen ist Alzheimer mit 55 Prozent die am häufigsten vorkommende, gefolgt von der vaskulären Demenz (Durchblutungsstörungen im Gehirn).

Behandelbare Ursachen
Zehn Prozent aller Demenzerkrankungen haben behandelbare Ursachen wie Tumoren, Herzerkrankungen, Blutarmut, Schilddrüsen-, Nieren- oder Lebererkrankungen, Alkohol, Hirnschlag oder Epilepsie. – Anhand von zwei Fallbeispielen erläuterte Luca Rampa die unterschiedliche Krankheitswahrnehmung von Patient und Angehörigen. Eine möglichst frühe Demenzdiagnostik in der Hausarztpraxis mit dem Patienten und Angehörigen, eine körperliche Untersuchung, Blutentnahme, Screening-Test und MRI sind erste Schritte zu einer Diagnose. Ziel der Untersuchung ist es, Gefahren wie Selbstgefährdung (Stürze, falsche Medikamenteneinnahme), Fremdgefährdung (Autofahren, aggressives Verhalten) und limitierende Faktoren (Weglauftendenz, Pflegeaufwand, motorische Unruhe, Tag-Nacht-Umkehr) zu erkennen.

Struktur geben, aber Raum lassen
Eine Abklärung bei neurodegene­r­a­tiven Prozessen in einer Memory Clinic oder einer ähnlichen Institution ist für eine Differenzialdiagnostik sinnvoll. Die Suche nach Biomarkern, Verhaltensauffälligkeiten (psychiatrisch), Verhaltensanalysen, Analyse von komplexen Betreuungs- und Behandlungssystemen, Fahrtauglichkeitsabklärung und komplexe Fragestellungen stehen dabei im Zentrum. – Alzheimer ist eine Krankheit, die (noch) nicht behandel- und heilbar ist. Laut Luca Rampa sind im Moment vier Medikamente auf dem Markt. Psychosoziale Interventionen sind deshalb umso wichtiger: die Lebensqualität des Patienten als Messinstrument benutzen, ein Helfersystem aktiv einbeziehen, die Bedürfnisse des Patienten wahrnehmen, ihn stets aufklären, dabei das Kommunikationsverhalten anpassen, und limitierende Faktoren erkennen. – Die zahlreichen Fragen aus dem Publikum zeigten das grosse Interesse an Alzheimer auf. Als präventive Massnahmen – nicht nur bei Alzheimer – empfiehlt Luca Rampa Bewegung («Gehen Sie tanzen!»), soziale Aktivitäten, gesunde, mediterrane Ernährung und geistige Fitness.

Barbara Schwarzwald 


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