Chronische Schmerzen – wie therapieren?

  14.03.2016 Aktuell, Burgdorf, Gesellschaft, Region

Referent ist Dr. med. Thomas Böhlen, Facharzt SSIPM (Swiss Society for International Pain Management) für interventionelle Schmerztherapie und Leiter Schmerz- Zentrum Emmental. Speziell ist, dass ein Patient mit chronischen Rückenschmerzen zu seiner Krankengeschichte befragt und Auskunft über den Verlauf nach einer Implantation geben wird. Im Anschluss an den Vortrag – dieser dauert rund eine Stunde – lädt das Spital Emmental zu einem kleinen Apéro ein, bei dem Referent Dr. med. Thomas Böhlen auch noch «bilateral» für Fragen zur Verfügung steht.

«D’REGION»: Was kann das Publikum bei Ihrem Vortrag zum Thema Schmerztherapie erwarten?
Dr. Böhlen: Ich werde Informationen über heutige Behandlungsmöglichkeiten bei chronischen Schmerzen vermitteln.

«D’REGION»: Angekündigt ist neben Ihrem Referat auch ein «persönlicher Bericht eines Patienten». Woran leidet dieser und wie wird er in den Anlass integriert?
Dr. Böhlen: Dieser Patient leidet unter chronischen Rückenschmerzen und hat sich der Implantation eines neuromodulativen Systems unterzogen. Beim Vortrag wird ein kurzes Interview zu der Krankengeschichte des Patienten und dem Verlauf nach der Implantation geführt.

«D’REGION»: Werden Ihnen Patien­ten mit komplexen Schmerzproblemen meist vom Hausarzt zugewiesen?
Dr. Böhlen: Ja.

«D’REGION»: Sind es meist Rücken- oder Schulterprobleme, die Schmerzen verursachen, welche Sie dann therapieren?
Dr. Böhlen: 50 Prozent sind Rückenpatienten. Die restlichen Fälle betreffen rheumatologische Beschwerden, Gelenkbeschwerden, Kopfschmerzen und so weiter.

«D’REGION»: Wie gehen Sie in der Regel vor – welche Abklärungen treffen Sie?
Dr. Böhlen: Nach einem ersten Interview mit dem Patien­ten folgen dann die Sichtung des vorhandenen Bildmaterials, die klinische Untersuchung und die Besprechung der therapeutischen Möglichkeiten.

«D’REGION»: Sie sind auch Leiter des Schmerz-Zentrums Emmental, das seit 2006 schmerztherapeutische Behandlungen anbietet und jährlich rund 200 Patienten betreut. Ist dieses ins Spital Emmental integriert und an gleicher Adresse zu finden?
Dr. Böhlen: Ja.

«D’REGION»: In welchen Fällen ist das Spital Emmental und in welchen das Schmerz-Zentrum Emmental zuständig?
Dr. Böhlen: Akute stationäre Schmerzpatienten werden durch den spitalinternen Schmerzdienst der Abteilung Anästhesie und andere Disziplinen betreut. Die ambulanten – und wenige stationäre – Patienten werden durch das Schmerz-Zentrum betreut.

«D’REGION»: Was geschieht beispielsweise mit einem an Rheuma leidenden Patienten?
Dr. Böhlen: Diese Frage ist nicht in wenigen Sätzen zu beantworten. Da vieles abhängig vom Beschwerdebild ist, bedarf es spezieller Abklärungen, bevor überhaupt eine Therapie eingeleitet werden kann.

«D’REGION»: Was kann sich der Laie unter Schmerztherapie vorstellen – und wie gross ist hier die Chance, schmerzfrei zu werden?
Dr. Böhlen: Das Ziel ist nicht das Erreichen einer Schmerzfreiheit, sondern die Verbesserung der Lebensqualität, Mobilität und die Reduktion der Schmerzen in einen erträglicheren Zustand.

«D’REGION»: Wie sieht es nach erfolgter Schmerztherapie mit der Nachhaltigkeit aus?
Dr. Böhlen: Das ist immer abhängig von der Ursache der Beschwerden und dem Ansprechen auf die Therapien durch den Patienten.

«D’REGION»: Ihr Vortrag findet unter Mitwirkung von Pharma-Sponsoren statt. Welche Rolle spielt Medikation bei der Schmerztherapie?
Dr. Böhlen: Der Einsatz der Medikamente ist das Grundprinzip bei der Behandlung von chronischen Schmerzen.

«D’REGION»: Wenn weder die Schmerztherapie noch Medikamente den erwünschten Erfolg bringen – ist dann eine Operation unvermeidlich?, Und wird diese von den für jenen Körperteil spezialisierten Chirurgen ausgeführt?
Dr. Böhlen: Das ist abhängig vom Beschwerdebild. Immer häufiger werden Neurostimulatoren implantiert zur Bekämpfung der chronischen Schmerzen. Dieser Eingriff wird durch das Schmerz-Zentrum Emmental im Spital durchgeführt.

«D’REGION»: Wenn jemand behauptet, durch richtige Ernährung schmerzfrei geworden zu sein – kann das stimmen?
Dr. Böhlen: Diese Möglichkeit besteht. Weil jeder Patient individuell reagiert, ist es nicht ausgeschlossen, dass es durch eine Ernährungsumstellung zu einer Beschwerdelinderung kommen kann.

«D’REGION»: Welchen Einfluss haben Bewegung, Ruhe und Schlaf sowie Licht und Luft?
Dr. Böhlen: Auch diese Faktoren haben in der Schmerztherapie eine essenzielle Bedeutung.

«D’REGION»: Wenden Sie auch Heilpflanzen-Therapien an – und wenn ja, mit welchen Erfahrungen?
Dr. Böhlen: Das ist abhängig vom Wunsch des Patienten, welche Therapie er bevorzugt. Es ist durchaus möglich, mit phythotherapeutischen Massnahmen dasselbe zu erreichen wie mit schulmedizinischen Massnahmen.

«D’REGION»: Werden vor einer Schmerztherapie vorzugsweise auch Röntgenbilder erstellt?
Dr. Böhlen: Das ist abhängig vom Beschwerdebild.

«D’REGION»: In welchen Situatio­nen setzen Sie Spritzen ein – und mit welchen Erfolgsquoten?
Dr. Böhlen: Etwa 40 bis 50 Prozent der Fälle können mit Spritzen behandelt werden – mit gutem und nachhaltigem Erfolg.

Zur Person
Dr. med. Thomas Böhlen wurde am 8. Juli 1956 geboren. Zur Schule ging er in Langenthal. Danach folgte ein Medizinstudium in Bern – primär eine orthopädische und traumatologische Ausbildung während sieben Jahren. Es folgte eine Anästhesie-, IPS- und Schmerzausbildung an der Uni Bern (IPS steht für Interaktives Proseminar). Dr. med. Thomas Böhlen ist seit März 2006 am Spital Emmental tätig und seither mit dem Aufbau des Schmerz- Zentrums Emmental beschäftigt. Er ist verheiratet und in Boll wohnhaft. Zur Familie zählen zwei Jungs im Alter von 15 und 13 Jahren.

Hans Mathys


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