Die Schaukäserei braucht Herzblut und Geld

  27.06.2016 Aktuell, Wirtschaft, Gesellschaft, Region

Auch wenn die Verantwortlichen der Schaukäserei während der Generalversammlung mehrmals betonten, auf ein gelungenes Jubiläumsjahr zurückblicken zu können, so kann am Schluss dennoch niemand richtig zufrieden sein. Das Ergebnis wird wegen dem Verkauf des Löwens an die Gemeinde Affoltern deutlich aufgebessert, insbesondere deshalb kann ein Ertrag von knapp über 10 000 Franken ausgewiesen werden. Daneben stehen vor allem viele Minus-Zahlen: Im Export ist ein 10-Prozent-Minus entstanden, welches gerade noch von der Zunahme im schweizerischen Markt aufgefangen werden konnte, daneben stehen Umsatzrückgänge in der Produktion von drei Prozent, in der Gastronomie von vier Prozent sowie ein Rückgang von vier Prozent der Besucherzahlen wegen rückläufigen Anmeldungen von Firmen.
Lediglich mit einem grossen Kraftakt und Einsparung von Personalaufwänden konnte ein noch schlechteres Ergebnis verhindert werden. Dass zudem rund zwei Millionen Verlustvortrag die Rechnung belastet, lässt bei den Zahlen der Unternehmung keine Freude entstehen. Die Rechnung, die im Vergleich zu Vorjahren trotz Frankenschock dennoch deutlich besser ausfällt, wurde ohne Diskussion und Fragen genehmigt, lediglich eine von insgesamt 176 Stimmen votierte dagegen.

Andere sollen es zu Ende bringen
Diese ganze Geschichte handelt von alten Lasten. Und sie führt zu neuen, weiteren Lasten. Vor drei Jahren trat Markus Aebi als neuer Verwaltungsratspräsident an; weil er bei der Erreichung der Ziele kaum (finanzielle) Unterstützung fand, ist er an der diesjährigen Versammlung bereits wieder zurückgetreten. Der frische Wind, den Aebi in seiner kurzen Zeit zweifellos entfachte, muss damit zwar nicht verschwinden, er droht aber dennoch zu verflachen. «Damals, als wir teilweise nicht einmal alle Rechnungen zahlen konnten, habe ich davon gesprochen, die Unternehmung in schwarze Zahlen zu führen. Dafür habe ich in diesen drei Jahren zahlreiche Verhandlungen geführt, eine Sanierung war aber trotzdem nicht möglich», konstatierte Aebi. Er sei nicht einer, der schnell aufgebe. Und dennoch sei sein Einsatz nun kürzer als geplant, sagte er und wies nach der Versammlung gegenüber dem «Unter-Emmentaler» darauf hin, dass nun andere mit dieser Verantwortung entscheidende Schritte einleiten müssten, damit der Vorwärts­trend bestehen könne. Angesprochen hat er damit auch die Firma Emmi, die nach der Pension von Hugo Frehner neu mit Josef Wyss im Verwaltungsrat vertreten ist, sowie die Sortenorganisation Emmental Switzerland, die die Schaukäserei als Schaufenster für ihren Käse ansehen und entsprechend investieren müsste.
In einem sind sich Aebi und zwei Wortmeldungen zufolge auch diverse Aktionäre nämlich einig: Mit diesem Rucksack an Altlasten wird es schwierig, erfolgreich in die Zukunft zu gehen. Oder frei nach Albert Einstein: Eine Unternehmung ist wie ein Fahrrad. Ohne zu treten verliert man das Gleichgewicht. Und mit einem schweren Rucksack wird es spätestens, wenn die Zeiten (noch) rauer werden und die Strecke auf einen Berg führt, noch schwieriger.

Kein Gegenwert für Marketing
Das Problem liegt laut Aebis Jahresbericht indes auf der Hand. Die Schaukäserei macht zwar Werbung für den Emmentaler und somit auch für Schweizer Milchprodukte, erhält dafür aber keine finanzielle Entschädigung. Eine stärkere Beteiligung mit einem Kostenverteilschlüssel unter der SMP (Schweizer Milchproduzenten), der Emmi und der Sortenorganisation Emmental Switzerland wäre deshalb laut Aebi nur logisch, konnte am Verhandlungstisch aber trotz mehreren Anläufen nicht erreicht werden. «Dieser Rücktritt hat nichts mit Frust zu tun. Die Schaukäserei liegt mir sehr am Herzen und ich hoffe und bin auch überzeugt, dass damit die richtigen Schritte folgen können», so Aebi weiter. Dennoch gab er zu, dass er aufgrund seines Scheiterns doch auch enttäuscht sei.
Alleine das Ablegen des Rucksacks – das heisst die erfolgreiche Sanierung durch Investitionen von aussen – genügt wahrscheinlich aber nicht, um in der Schaukäserei eine nachhaltige Verbesserung zu erreichen. Um den Betrieb finanziell erfolgreich zu gestalten, braucht es zugleich Investitionen, um dem fordernden Publikum gerecht zu werden. Helfen würde beispielsweise ein Wintergarten, benötigt wird zudem eine neue Schnitzelheizung. Dass es der Schaukäserei im laufenden Jahr zwar schon wieder etwas besser geht, dürfte nicht genügen. Denn letztlich bleibt weiterhin ein Verlustvortrag, der die Unternehmung ohne fremde Hilfe nicht abbauen kann.

Viele Gespräche, viele Absagen
Ab sofort wird nun ein alter Bekannter in der Verantwortung stehen. Kurt Nüesch, der vor drei Jahren von Markus Aebi abgelöst wurde, übernimmt das Präsidentenmandat erneut. Nüesch präsidierte den VR bereits zwischen 2003 und 2013, bevor er wegen beruflicher Herausforderungen (Direktor von der SMP) zurücktrat. Dank seiner anstehenden Pensionierung hat er wiederum Zeit, seine «Herzensangelegenheit» zu präsidieren, zudem bewegte ihn seine persönliche Sorge um die Zukunft der Schaukäserei dazu. «Ich habe Gespräche geführt und zahlreiche Personen für diese Stelle angefragt», sagte Nüesch, der ursprünglich keine Rückkehr plante. «Je mehr Absagen ich erhielt, desto mehr wurde von meinen Kollegen der Vorschlag laut, dass ich selbst zurückkehren soll.» Wie zuvor Josef Wyss wurde danach auch Kurt Nüesch gewählt, wobei Nüesch neben Applaus auch eine Gegenstimme erhielt. «Ich bin zuversichtlich, dass wir etwas verändern können, weil ich viele positive Rückmeldungen erhalten habe und wir weiterhin ein optimales Schaufenster sind. Wenn wir aber attraktiv bleiben wollen, dann ist es unbestritten, dass wir Geld für Investitionen brauchen», sagte auch der neue VR-Präsident. Die Zuversicht für den nächsten Schritt vorwärts bei den gleichgebliebenen Problemen sei bei seinem erneuten Amtsantritt aber zweifellos vorhanden.

Potenzial wäre vorhanden
Zuversichtlich darf Kurt Nüesch durchaus sein. Während der Generalversammlung wurde oft betont, dass das operative Geschäft gut läuft und das Vertrauen in die Schaukäserei nach schwierigen Jahren zurückgekehrt ist. Mit dem im 2015 eröffneten «Emmentaler-Spielplatz», der unter anderem von der Gemeinde finanziert wurde, und einer verbesserten Zusammenarbeit mit Partnern wie Tourismus Schweiz sind Grundlagen vorhanden, dass aus der Schaukäserei doch noch eine Erfolgsgeschichte werden kann. Dazu passend sagte Geschäftsführer Frank Jantschik zum Schluss der Rechnungspräsentation: «Die Schaukäserei hat Potenzial. Es ist alles vorhanden, was es für den Erfolg braucht.» Dazu gehöre ein Angebot, das dem Zeitgeist entspricht – wie beispielsweise die Möglichkeit zum Selber-Käse-Herstellen – und ganz viel Herzblut. Dieses wünschen sich viele Aktionäre auch vermehrt von den teilweise finanzkräftigen Firmen, die im Verwaltungsrat vertreten sind.

Leroy Ryser


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