Am Anfang steht ein rechteckiger Stein

  22.07.2016 Bildung, Foto, Wirtschaft, Burgdorf, Gesellschaft, Region

Auf der Gebrüder-Schnell-Terrasse versammelten sich an einem Montag 14 Individuen aus verschiedenen Regionen mit einem Ziel: während des 13. Bildhauer-Workshops ein Kunstwerk aus Stein zu schaffen. Das Zusammentreffen organisierte Regula Zbinden, die den vom Burgdorfer Schmuckdesigner und Bildhauer Kurt Neukomm initiierten Kurs bereits zum dritten Mal in Folge durchführte. Die Kursleiterinnen, Franziska Maria Beck und Franziska Sinniger der F + F Bildhaueratelier GmbH in Safnern, «die beiden Franziskas», wie Teilnehmenden die beiden Kursleiterinnen liebevoll nannten, standen jederzeit beratend zur Seite, nie aufdringlich, und liessen den Teilnehmenden die nötige künstlerische Freiheit.

14 individuelle Skulpturen
Kaspar Bernhard, einer der Workshop-Teilnehmenden, führte am Samstag­abend durch die Vernissage und stellte die 14 Skulpturen und ihre Geschichten vor. Denn in den Skulpturen steckt viel der persönlichen Biografie der Bildhauerinnen und Bildhauer. Die Arbeit an den Skulpturen selbst beginnt am ersten Tag des Workshops, an dem alle Teilnehmenden einen rechteckigen Sandstein erhalten. Die Skulpturentwürfe entstehen jedoch, ob bewusst oder unbewusst, schon viel früher in den Köpfen der Teilnehmenden. So sagen die Endwerke viel über die Künstler aus. Dieses Jahr verbindet ein Thema alle Figuren wie ein roter Faden: der Wunsch nach Geborgenheit und Ausgeglichenheit. So beispielsweise die Mutter-Tochter-Kreation «Änneli und Vreneli», zwei für sich selbst stehende Figuren, die sich jedoch durch eine Delle in der grösseren Figur schön aneinanderschmiegen können. Oder das hintereinander stehende Paar – sie angelehnt an seine Schulter –, das sich in dieser Position Halt gibt. Andere Kreationen zeigen die Tiefgründigkeit der menschlichen Persönlichkeit auf, so die Kreation «Yin Yang» des Künstlers aus Kernenried. Die Skulptur zeigt auf, dass unsere Welt von Dualitäten lebt, dass die Grenze zwischen Schwarz und Weiss durch Zwischenschattierungen geprägt ist, welche wir Menschen in uns tragen. Oder die grosse Frauen­figur, deren Gesicht von oben herab auf uns schaut, die über allem zu stehen scheint.

Vorlagen, Vorstellungen und Zufall
Die Abbildung des Mount Kenya entstand mithilfe einer Fotografie, das Relief wurde mit viel feiner Handarbeit in den Stein gemeisselt und zeigt eindrücklich die Kraft der Natur. So auch die Figur der Teilnehmerin aus Lichtenstein, die feine Schrägen in den Stein einarbeitete, wodurch Wellen entstanden, die einen Kopf auf dem Wasser tragen und diesem Halt geben. Das Thema Wasser lässt sich auch in Olivias Kunstwerk aus Speckstein finden, das bei genauem Betrachten drei und nicht zwei Fische zeigt. Die Skulptur «Coupe Pierre Surprise» vereint einzelne in unterschiedliche Formen gebrachte Steine zu einem spannenden Gesamtkunstwerk und bildet fast ein wenig das Gegenstück zu der perfekt symmetrischen Würfel­skulptur, die ihren Ausstellungsplatz im Fensterrahmen des «Schmidechäuer» findet. Der beim Eingang positionierte Hund drückt einen sehnlichen Wunsch des Erschaffers aus, während das auf einem Berg stehende Herz oder Ruths Katze ein persönliches Ereignis oder eine persönliche Erinnerung aus dem sozialen Umfeld des jeweiligen Schöpfers ausdrücken. Das keltisch inspirierte Werk fasziniert mit dem im Zentrum stehenden Kreuz, genauso wie die sich aus dem Stein kämpfende Frauenfigur. Eine Besichtigung dieser spannenden Werke lohnt sich auf jeden Fall. Neugierige können die 14 individuellen Kreationen noch bis am kommenden Freitag, dem 22. Juli 2016, jeweils von 14.00 bis 18.00 Uhr im «Schmidechäuer» in Burgdorf besichtigen und sich inspirieren lassen. Denn auch im nächs­ten Jahr ist ein Bildhauer-Workshop geplant.

mwb


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