Der Faszination Gold restlos erlegen

  22.07.2016 Aktuell, Burgdorf, Gesellschaft

Fünf Tage (und Nächte) war die Burgdorfer «Schütz» das Mekka für «Goldgräber». Burgdorf war nämlich Gast­geber der Europameisterschaft «EM GOLD 2016». Etwa 200 Frauen und Männer aus 15 Nationen stellten sich den Herausforderungen. Bei OK-Präsident Christoph Kipfer liefen die Fäden des Grossanlasses zusammen. «Sport, Spass und Spannung sind geboten,
damit es für alle Teilnehmer zum einmaligen Erlebnis wird», sagte er in seiner Laudatio für freiwillige Helfer und Sponsoren.

Dass Burgdorf, vor der herrlichen Kulisse des Schlosses, Austragungsort dieser EM war, freute ihn besonders: Das Schloss Burgdorf beherbergt bekanntlich das Schweizerische Goldmuseum. Und General Johann A. Sutter, durch den 1848 der Goldrausch in Kalifornien ausgelöst wurde, lebte vor seiner Immigration in die USA in Burgdorf.

Sylvia Mosimann

 

Text aus der D\'REGION:

2016 kommt Burgdorf die Ehre zu, die Europameisterschaft im Goldwaschen auf der «Schütz» auszutragen. Ausnahmsweise dürfen aus entfernten Ländern Zugereiste ihre Zelte oder Wohnwagen am Rand des Geländes aufstellen. Überall herrscht Ordnung, auch nach der Siegerehrung am Sonntagnachmittag ist keine Ähnlichkeit mit der ehemaligen Farm des Burgdorfer Auswanderers Johann August Sutter festzustellen. Auf dessen Land «Neu-Helvetien» wird im Januar 1848 das erste Gold gefunden, worauf Zehntausende Goldsucher im Zug des einsetzenden kalifornischen Goldrausches auf seinen Ländereien jeden Stein umdrehen und Felder und Höfe verwüsten. Hilflos muss Sutter den Untergang seines Lebenswerkes erdulden.

Eigentlich ganz einfach
Ganz anders in Burgdorf, wo weder mit Gier noch Tricks, sondern mit enormem Einsatz und Disziplin nach Gold gesucht wird. Teilnehmende aus 15 Nationen sind angemeldet, jede Person hat 25 Franken Startgeld bezahlt. Nach anfänglich kühler und regnerischer Witterung hat Petrus ein Einsehen; ab Freitag scheint die Sonne auf die engagierten Goldwäscherinnen und Goldwäscher. Während die Oberbekleidung immer sommerlicher wird, stehen alle entweder mit Fischer- beziehungsweise Gummistiefeln oder barfuss in ihren rechteckigen Wasserbecken. Vor ihnen steht ein Eimer mit Sand und Kies und darin hat die Jury für alle die gleiche Anzahl Goldflitter versenkt. Niemand kennt die Zahl, also weiss auch keine und keiner, wann wirklich alle zirka einen Millimeter grossen Goldflitter herausgespült worden sind. Pro nicht gefundenen Flitter gibt’s drei Strafminuten. Gewinner ist der mit den meisten Flittern in der kürzesten Zeit. Je nach Durchgang werden zwischen fünf und zwölf Flitter im Sand / Kies versteckt.

Nach dem Signal «Take your place – ready – go!» greifen alle ihre Waschpfanne, schütten einen Teil des Eimer­inhalts hinein, tauchen alles ins Wasser und beginnen mit kreisenden Bewegungen, das leichtere Material über den Pfannenrand zu schwemmen. Wer alles richtig macht, findet schliesslich am Pfannenboden die verführerisch glänzenden Goldflitter. Die Jury stellt die benötigte Zeit für den Waschvorgang und die Anzahl gefundener Flitter fest und notiert alles; der Teilnehmende unterzeichnet anschliessend sein Bewertungsblatt.

Mitmachen und gewinnen
Bei Gesprächen mit verschiedenen Teilnehmern fällt immer wieder auf, dass alle übereinstimmend die kollegiale Stimmung unter den Teilnehmenden und die sich seit Jahren entwickelten Freundschaften über Landesgrenzen erwähnen. «Es ist einfach schön, die Goldwäscher immer wieder zu treffen, sich auszutauschen, zusammen zu waschen und vielleicht sogar zu siegen, gemeinsam zu feiern und die Abende zusammen zu verbringen.» Dafür biete Burgdorf mit dem wunderbaren Ambiente eine einmalige Kulisse.
Der Truber Christoph Kipfer amtet als Präsident des Organisationskomitees Europameisterschaft im Goldwaschen 2016.

Gleichzeitig ist er Präsident der Schweizerischen Goldwäschervereinigung. Er selber wäscht auch und nimmt gegen Schluss noch an einem Wettbewerb teil: «Ich bin vor ungefähr 25 Jahren in Kalifornien dazu gekommen. In der Gegend von General Sutter habe ich Goldwäschern zugesehen, schliesslich selber eine Pfanne gekauft und es zwei Tage lang vergeblich versucht. Dann hat sich ein Profi meiner erbarmt und es hat mich gepackt.» Heute interessiert ihn vor allem, «wie Menschen auf Gold reagieren». Zusammen mit seinem Helferteam steht er fünf Tage von morgens bis abends im Einsatz und kann schliesslich sagen: «Der Anlass ist absolut gelungen, keine negativen Vorkommnisse, keine Pannen, keine Beschwerden, folglich eine rundherum zufriedenstellende Europameisterschaft unter idealen Bedingungen.»

Vom Goldfieber gepackt
Der mit unzähligen Pins geschmückte Hut weist Tadeusz Wasilewicz als besondere Persönlichkeit aus, was auch zutrifft. Der Pole gewinnt 2000 (als erster und bisher einziger Pole) die Weltmeisterschaft im Einzel. Der 58-Jährige wäscht seit 23 Jahren und hat an zahlreichen Welt- und Europameisterschaften sowie Wettkämpfen in der ganzen Welt teilgenommen. Seine Vitrinen zu Hause sind voller Medaillen und Pokale. Heute kommt er zusammen mit seiner Ehefrau und acht anderen Polen vor allem wegen der Kollegen und der Geselligkeit, wobei gewinnen trotzdem sein Ziel ist. Sie haben bereits in Österreich an einem Wettbewerb teilgenommen, bevor sie nach Burgdorf gefahren sind. «Diese Stadt finden wir wunderbar.»

Der 14-jährige Robin Hartmann aus Deutschland darf sich als erfolgreichster Teilnehmer der Europameisterschaft 2016 feiern lassen. Vier Medaillen und ein Pokal sind die Ausbeute des Jugendlichen, dessen Eltern und der Bruder ebenfalls mehrere Medaillen erringen können. Robins Ausbeute: Junior Gold, 5-Personen-Team Silber, 3-Personen-Team Bronze, Nationen-Team Gold und bei den Profimännern Rang 3. Nachdem die Eltern seit Jahrzehnten erfolgreich Gold waschen, fängt er vor ca. fünf Jahren auch an. Offensichtlich hat er die Schüssel im Griff, wovon zu Hause zahlreiche Medaillen und Pokale zeugen. Robin hat in Zukunft noch viel vor.

Die Europameisterschaft wird durch ein attraktives Rahmenprogramm mit zahlreichen Anlässen ergänzt.

Gerti Binz

Gesamte Rangliste unter www.emgold2016.ch.


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