Akademiemeeting zum Thema Agilität

  16.01.2017 Aktuell, Wirtschaft, Burgdorf, Gesellschaft, Region

Als Referenten kamen unter anderem der seit 1. Januar 2017 im Amt stehende CEO der ESA Burgdorf, Giorgio Feitknecht, der Unternehmensberater Reinhold Thalhofer und der Rollstuhlsportler Heinz Frei zu Wort. Rund 150 Garagisten und Gäste aus der ganzen Schweiz liessen sich diesen Anlass nicht entgehen und waren der Einladung in die Markthalle Burgdorf gefolgt. Markus Bigler begrüsste die «Grossfamilie ‹le GARAGE› und die ‹le GARAGE›-Freunde» und führte durch den ganztägigen Anlass. «Wir haben das Tagesthema ‹Agilität› gewählt, weil es in Zukunft für Unternehmer und ihre Unternehmen noch wichtiger wird», so Giorgio Feitknecht. «Agile Unternehmen sind solche, die den permanenten Wandel akzeptieren und bewältigen und ihn zum eigenen Vorteil nutzen können», lautete seine Definition. Die Bereitschaft zu akzeptieren, dass in einem wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Umfeld der Wandel von der Digitalisierung, der Vernetzung und der rasanten technologischen Entwicklung geprägt und vorangetrieben wird, sei ein erster Schritt, der im Sinne der Agilität zu machen sei. Die Digitalisierung der Arbeitsprozesse sei keine Modeerscheinung, sondern ein sogenannter Megatrend. Als solcher nehme er langfristig und nachhaltig Einfluss auf die Gesellschaft. Auch das Angebot und die Nachfrage von Waren und Dienstleistungen würden dadurch stark verändert.

Internetplattform garagino.ch
«Wir von der ESA sind seit Jahren bestrebt, im Interesse unserer Mitinhaber und Partner agil zu sein», liess Feitknecht verlauten. Dank Agilität hat sich die ESA vom historischen Reifengrosshändler hin zum professionellen Komplettanbieter entwickelt, der vom Schmiermittel über Werkzeuge bis hin zu Waschanlagen so ziemlich alles offeriert. Der CEO erwähnte auch den ESA-Shop, dessen Auftragsanteil auf über 60 Prozent angestiegen ist. Betreffend Reifengeschäft hat sich die ESA entschieden, die Internetplattform garagino.ch ins Leben zu rufen. Aktuell sind bereits über 800 Garagisten dort angemeldet.
Reinhold Thalhofer gründete vor fast 20 Jahren die ADVISER GmbH in Bayern und hat selber vier Garagen auf- und ausgebaut. Er referierte in Burgdorf zum Thema «Agil mit dem technischen Fortschritt umgehen und die Chancen nutzen». «Wir werden in der Schweiz einen massiven Verdrängungswettbewerb erfahren», prophezeite er. Der Fahrzeugbestand beträgt in der Schweiz 4,5 Millionen, in Deutschland das Zehnfache. Betriebsstätten gibt es in Deutschland 38 000, entsprechend müsste es in der Schweiz 3800 geben. «Es sind aber 8000», hielt er fest. Können diese 8000 überleben? «Niemals!», so Thalhofer.

Mehrmarkenprofis
«Ist Ihr Geschäftsmodell zukunftsfähig?», fragte Thalhofer die Anwesenden. In Deutschland seien in den letzten Jahren 16 000 Kfz-Betriebe geschlossen worden. Thalhofer zählte als grosse Herausforderungen ebenfalls die Digitalisierung, die Fahrzeugvernetzung, das veränderte Verbraucherverhalten sowie neue Werkstatt- und Automobiltechniken auf. «Der Markenhersteller wird Sie nicht schützen können.» Deshalb gelte es, sich am Kunden zu orientieren. Persönliche Beziehungen, Vertrauen und räumliche Nähe seien entscheidend. Ob das eigene Geschäftsmodell eine tragende Vision oder bloss eine Illusion sei, müsse jeder Einzelne errechnen. «Sie betreuen nur die Hälfte der Fahrzeuge pro Betrieb wie wir in Deutschland, aber Sie erreichen (noch) die doppelte Wertschöpfung. Ich konnte es nicht fassen, als ich die Zahlen das erste Mal sah», hielt er fest. Anhand einer Statistik zeigte Thalhofer auf, dass 55 Prozent der in Betrieb stehenden Fahrzeuge älter als acht Jahre sind. «Das ist Ihre Chance! Das ist Verschleiss. Die Lösung für Sie heisst markenübergreifende Kompetenz. Mehrmarkenprofis sind zukunftsfähig.»

Eigenverantwortung und Disziplin
Heinz Frei gehört zu den erfolgreichsten Schweizer Sportlern aller Zeiten und mit 58 Jahren immer noch zur Weltelite. Er hat bisher unter anderem 15 Goldmedaillen gewonnen, 14 Weltmeistertitel erlangt und 112 Marathons bestritten. Seit 1984 nimmt er an den Paralympics teil. Bis zu seinem 20. Lebensjahr war Frei «wunderbar funktionierend von Kopf bis Fuss» unterwegs, hatte gerade die Lehre als Vermessungszeichner abgeschlossen und stand eine Woche vor RS-Beginn. Am 9. Juli 1978 wollte er mit Freunden an einer Sportstafette teilnehmen. Er war für den Berg­lauf bestimmt. Als leidenschaftlicher Sportler besichtig­te er vor Rennbeginn die Strecke, rutschte auf der nassen Alpweide aus und stürzte mehrere Meter tief in ein Waldloch. Dabei erlitt er eine sofortige Querschnittlähmung wegen Bruch der Wirbelsäule. Vom ersten selbstständigen Kleideranziehen bis hin zum Marathonweltrekord über die Strecke von 42,195 km in einer Zeit von 1.20.40 bei einer Durchschnittgeschwindigkeit von 32 km/h in der Kategorie «Rennrollstuhl» liess Frei die Anwesenden Einblick nehmen in sein agiles Leben mit grosser Eigenverantwortung und Disziplin.

Barbara Schwarzwald


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote