Das Schloss im Winterschlaf?

| Di, 17. Jan. 2017

JEGENSTORF: Auch wenn die Fensterläden im Erdgeschoss fest verschlossen sind: Das ehrwürdige Schloss Jegenstorf ist auch im Winter nicht verwaist. Die Schlosswarte Monika und Stefan Frischknechts leben hier und haben auch in der Winterzeit einiges zu tun. red

Der Trubel im und um das Schloss ist vorbei. Die grossen Events und Feste im Schlosspark sind Geschichte. Gerne erinnern wir uns an das Jubiläumsfest der Region-Bern-Solothurn-Bahn, an die Aufführungen des Schlosstheaters, an Filme im Open-Air-Kino, an die vielen grösseren und kleineren öffentlichen und privaten Feste und Anlässe rund um das Schloss Jegenstorf. Nun liegt die ganze Parkanlage unter einer weissen Decke. Die Ruhe wird nur ab und zu vom nahe einfahrenden Zug der RBS unterbrochen oder durch das nervöse Gezeter einer Amsel im Unterholz des Parks.

Liegt das ganze Schloss nun im Dornröschenschlaf? Nein! Im alten Gemäuer lebt und arbeitet das Schlosswart-Ehepaar Stefan und Monika Frischknecht mit seinen zwei Töchtern. Im März 2015 ist die Familie in die überraschend komfortable und gemütliche Schlosswohnung eingezogen. Nach den hektischen Monaten während der Öffnungszeit des Schlossmuseums und den sommerlichen Festivitäten können Frischknechts die anstehenden Arbeiten im und rund ums Schloss etwas ruhiger planen und in Angriff nehmen. Langeweile ist in dieser Zeit aber bestimmt kein Thema. Das Ehepaar ergänzt sich in der Aufgabe als Schlosswarte auf ideale Weise. Monika kann ihre Erfahrungen aus dem Büro für die vielfältigen administrativen Pflichten einbringen. Viele Reservations- und Ausstellungsanfragen müssen beantwortet und eingeplant werden. Der Belegungsplan für Gross­anlässe in der Orangerie, im Bergfried (oberster Raum im Schloss) und im Schlosskeller beginnt sich schon in den Wintermonaten zu füllen. Die wechselnden Ausstellungen im Schlossmuseum bedürfen ebenso einer sorgfältigen Planung und Organisa­tion.

Keine Scheu vor gröberen Arbeiten hat der gelernte Landschaftsgärtner Stefan Frischknecht. Von dieser Sorte Aufgaben und Pflichten hat es zu Winterzeiten auf dem Schlossareal mehr als genug. Der herbstliche «Segen», das Laub der wunderschönen und riesigen, zum Teil 250-jährigen Platanen, muss angehäuft und entsorgt werden. Ein Bauernbetrieb aus dem Dorf verwertet die Blätter als natürlichen Humuszusatz auf den Äckern. Das Dürrholz wird regelmässig mithilfe von Baumpflegern entfernt und später gehäckselt. Herabfallende Äste der hohen Bäume wären eine ernsthafte Gefahr für die Parkbesucher. Im Herbst sind die Früchte der Obstbäume im Schloss­park zu ernten. Stefan bringt die Äpfel nach Winterthur in eine Mosterei und holt sie nachher als köstlichen «Apfelschaumwein Schloss Jegenstorf» zurück. Kälteempfindliche Pflanzen müssen nun in der Orangerie eingelagert und regelmässig auf Schädlingsbefall kontrolliert werden.

Das Wasser in Leitungen im Aussenbereich wird wegen Frostgefahr unterbrochen. Eine leidige Zeiterscheinung sind die vielen achtlos weggeworfenen Abfälle auf dem ganzen Areal. Für die Beseitigung des Mülls ist auch in der Winterzeit etliche Zeit aufzubringen.

Das winterliche Klima und die Feuchtigkeit im mehrheitlich ungeheizten Schloss ertragen viele Ausstellungsgegenstände schlecht. Das Klima in den Ausstellungsräumen muss permanent unter Kontrolle gehalten werden. In einigen Räumen wurde der Luft mit der Entfeuchtungsanlage in zwei Tagen bis zu zehn Liter Wasser entzogen. Die empfindlichen  Bilder werden Ende Saison sorgfältig verpackt und ins Staatsarchiv zur sicheren Aufbewahrung überführt.

Frischknechts sind auch für die Alarmanlage zuständig. Bei anfallenden Reparaturen am internen Stromnetz, der Wasserversorgung oder bei anderen Defekten muss die Überwachungsanlage regulär ausgeschaltet werden um einen Fehlalarm zu vermeiden.

Und dann gibt es noch die vielen, vielen täglichen Detailarbeiten zu erledigen. Malen, schrauben, sichern, prüfen, zügeln, schaufeln, putzen, telefonieren, informieren, erklären usw. – eben Schlosswartarbeiten!

Frühlingsputz vor der Eröffnung
Vor der offiziellen Eröffnung Mitte Mai ist der radikale Frühlingsputz eine grosse Herausforderung. Alles muss sorgfältig entstaubt und zum Glänzen gebracht werden. Der Boden, die Scheiben und natürlich alle Ausstellungsstücke. Die zur Schau gestellten Objekte sind nun richtig platziert für das neu aktualisierte Schlossmuseum.

Frischknechts lieben ihre Arbeit sehr, aber der Montag ist für sie ein «heiliger Tag». Nach Möglichkeit sind sie nicht in Jegenstorf anzutreffen. Denn die tägliche Präsenz am Telefon, per E-Mail oder auf dem Areal verlangt nach einer kurzen Auszeit! Den wohlverdienten Ausgleich holt sich Monika in der Malerei und Stefan freut sich schon auf die neue Fussballsaison mit den Senioren des FC Grafenried. Ab dem 10. Mai sind Frischknechts und das herausgeputzte Schloss Jegenstorf wieder parat für ihre Besucher.

Henry Oehrli

www.schloss-jegenstorf.ch.

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