Auch in der Region sind sechs Poststellen betroffen

  29.05.2017 Aktuell, Oberburg, Fraubrunnen, Region, Lützelflüh, Koppigen, Hindelbank, Bätterkinden

Vor einer Woche hat die Post an einer Pressekonferenz in Bern über die Zukunft verschiedener Poststellen im Kanton Bern informiert. Thomas Baur, Leiter Poststellen & Verkauf, hat dabei die Liste derjenigen Postfilialen präsentiert, deren Weiterbetrieb für die Zukunft infrage gestellt wird. Von insgesamt 168 sind rund 76 Poststellen im Kanton Bern von einer möglichen Schliessung bedroht. Davon betroffen sind auch sechs Gemeinden aus dem Einzugsgebiet der «D’REGION»: Bätterkinden, Fraubrunnen, Hindelbank, Koppigen, Lützelflüh und Oberburg.

Nicht mehr nur die kleinsten Gemeinden betroffen
Während früher vor allem die kleinen Gemeinden um die Existenz ihrer Postfilialen bangen mussten, sind mittlerweile auch die mittleren Gemeinden im Gespräch. Gründe für die Notwendigkeit solcher Umstrukturierungen sieht Thomas Baur vor allem darin, dass immer weniger Menschen die Dienstleistungen der Post in Anspruch nehmen. So werden beispielsweise Zahlungsaufträge kaum mehr über die Poststellen abgewickelt, sondern mit Hilfe von E-Banking ausgeführt. Aufgrund der rückläufigen Frequenzen muss sich die Post, laut Thomas Baur, auch in den mittleren Gemeinden «an die neuen Bedürfnisse anpassen».
In der Bevölkerung sowie in den Gemeindebehörden der betroffenen Gemeinden stösst diese Entwicklung grösstenteils auf Unverständnis. «Längst nicht alle Menschen in unserer Gemeinde bezahlen ihre Rechnungen mit E-Banking», so Urs Schär, Gemeinderatspräsident von Fraubrunnen. Gerade für Fraubrunnen ist die gefährdete Poststelle eine bittere Pille, hat doch die Gemeinde durch die Fusion vor drei Jahren knapp 5000 Einwohner. «Das Dorf Fraubrunnen hat in unserer grossflächigen Gemeinde eine wichtige Zentrumsfunktion. Die meis­ten Geschäfte liegen dort. Nimmt man uns nun die Poststelle weg, verliert das Dorf massiv an Qualität», so Schär.

Wenn das Dorflädeli gleichzeitig die Post ist
Ersatzlose Schliessungen sollen aber klar vermieden werden, betont Thomas Baur. Stattdessen liege der Fokus vor allem in der Gewinnung von Partnerfilialen. Die eigenständige Postfiliale wird dabei zwar geschlossen, dafür übernehmen aber ortsansässige Unternehmen wie beispielsweise der Dorfladen, die Apotheke oder die Gemeindeverwaltung die bisherigen Aufgaben der Post. Mit wenigen Abstrichen bietet eine solche Agentur das gleiche Angebot wie eine normale Poststelle. Verzichten müssten die Kunden einzig auf das Vornehmen von Einzahlungen mit Bargeld. Auch Zahlungsbefehle können bei der Agentur nicht abgeholt werden sowie auch keine Expressbriefe ins Ausland verschickt werden. Laut dem Sprecher der Post bietet die Umwandlung in eine Agentur aber auch viele Vorteile. So können die Kunden / -innen beispielsweise von einem breiten Postangebot sowie von attraktiven Öffnungszeiten profitieren.
Thomas Baur ist zuversichtlich, in allen betroffenen Gemeinden solche Partnerfilialen finden zu können. Beat Linder, Gemeindepräsident von Bätterkinden, begegnet diesem Argument jedoch mit Skepsis. Eine solche Partneragentur kann er sich für seine Gemeinde nicht vorstellen: «Wir haben in Bätterkinden kaum Läden, welche die Funktionen einer Post übernehmen könnten. Eine Schliessung der Poststelle wäre für uns folgenschwer. Auch viele Personen aus der Region Bucheggberg besuchen unsere Poststelle in Bätterkinden.» Während für Beat Linder eine Postagentur also kaum in Frage kommt, sieht Peter Kindler, Gemeindeverwalter der Gemeinde Koppigen, der Zusammenarbeit mit einer Partnerfiliale zuversichtlich entgegen. «Es lässt sich nicht leugnen, dass die Bevölkerung die Dienstleistungen der Post weniger in Anspruch nimmt als früher. Da es sich also um einen wirtschaftlichen Entscheid handelt, kann ich den Schritt der Post nachvollziehen. Wir haben in Koppigen genügend Betriebe, die sich für eine Agentur eignen würden. Es ist für uns also oberstes Ziel, eine solche Agentur zu bekommen.»

Im Gespräch mit den Gemeinden
Um schwerwiegende Folgen für die Kunden / -innen vermeiden zu können, will die Post mit einer «sorgfältigen Einzelfallprüfung» den Entscheid über die Zukunft der 76 betroffenen Poststellen angehen. Die Phase der aktuell angekündigten Transformationen im Kanton Bern soll dabei bis zum Jahr 2020 abgeschlossen werden. «Wir haben unser Vorgehen in der Kommunikation grundlegend verändert», betont Baur. Statt über die Köpfe der 76 Gemeinden hinweg zu entscheiden, soll gemeinsam und im direkten Dialog mit den betroffenen Gemeinden eine Lösung gefunden werden.
Rita Sampogna-Soltermann, Gemeinderatspräsidentin von Oberburg, kann diese Kommunikationsstrategie der Post nicht bestätigen. «Seit letzten Januar laufen nun die Verhandlungen zwischen Oberburg und der Post. Bereits drei Gespräche sowie eine Infoveranstaltung für die Bevölkerung wurden durchgeführt. Leider handelte es sich dabei aber kaum um eine Zusammenarbeit. Die Post hat uns viel eher das Gefühl vermittelt, dass die Umwandlung in eine Agentur eine längst beschlossene Sache ist. Das bedauern wir sehr.» Verstehen kann Sampogna-Soltermann den Entscheid der Post nicht: «Unsere Poststelle hat eigentlich rund um die Uhr Kundschaft. Ständig gehen Menschen ein und aus. Dass die Filiale wirtschaftlich nicht rentabel sein soll, ist für mich nicht ersichtlich.» Fairnesshalber muss Sampogna-Soltermann aber zugeben, keine offiziellen Zahlen gesehen zu haben.
Durch die bereits laufenden Verhandlungen mit Oberburg wurde auch die Gemeindebehörde von Lützelflüh mit Befürchtungen konfrontiert, dass eine Umstrukturierung ihrer Postfiliale in Zukunft ein Thema sein wird. Andreas Meister, Gemeindepräsident von Lützelflüh, zeigt sich aber optimistisch: «Falls es wirklich zu einer Umwandlung in eine Partneragentur kommen würde, liesse sich bestimmt eine Lösung finden, die für alle funktioniert. Im Moment können wir nur abwarten. Da kann noch viel passieren und ich bin guten Mutes, dass wir unsere Post in ihrer aktuellen Form behalten können.» Ebenfalls zuversichtlich zeigt sich Daniel Wenger, Gemeinderatspräsident von Hindelbank. Als Mitarbeiter bei der Post hat er die Möglichkeit, die neusten Entwicklungen aus zwei verschiedenen Perspektiven beurteilen zu können. «Auf der einen Seite sehe ich, dass mit einer Schliessung respektive Umstrukturierung unserer Poststelle Hindelbank an Identität verlieren würde. Auf der anderen Seite sind die neuen Modelle der Post sehr fortschrittlich. Je nach Lösung können die Kunden nämlich sogar von Vorteilen profitieren. Ich glaube nicht, dass der ‹Normalverbraucher› bei einer Umwandlung in eine Partneragentur einen Serviceverlust erfahren würde.»
Welche Gemeinden am Ende der laufenden Verhandlungen definitiv eine Umstrukturierung ihrer Postfilialen akzeptieren müssen und wer seine Post in der bisherigen Form behalten kann, wird sich erst im Verlauf der kommenden drei Jahre zeigen
können.
Es gibt aber auch gute Nachrichten: Hat die Post doch im gleichen Zug, in welchem sie die Öffentlichkeit über die 76 gefährdeten Filialen in Kenntnis setzte, auch den Weiterbetrieb von 92 anderen Poststellen im Kanton Bern bis ins Jahr 2020 garantiert.

Kathrin Röthlisberger


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