Der ausgeglichene Weltmeister

  30.10.2017 Aktuell, Bildung, Wirtschaft, Bildung / Schule, Gesellschaft, Jugend, Region, Niederösch

Adrian Krähenbühl und die 37 anderen Schweizer Berufsweltmeisterschafts-Kandidaten weilten zwei Wochen in Abu Dhabi in den Vereinig­ten Arabischen Emiraten. Von Sonntag bis Mittwoch waren sie in einem «Pre Camp», das heisst in einem Hotel ausserhalb des Wettkampfgeländes zur Angewöhnung und zum Mentaltraining untergebracht. Im Anschluss reis­ten sie nach Abu Dhabi. Am Freitag erfolgte die Einrichtung für die Wettkämpfe, am Samstag die Eröffnungsfeier und am Sonntag, 15. Oktober 2017, «isch’s los gange – bis am Mittwuch het d Wäutmeischterschaft duret», so Adrian. Am Donnerstag stand die Abschlussfeier, am Freitag die Erkundung von Dubai und am Samstag, 21. Oktober 2017, der Rückflug ab Dubai nach Zürich auf dem Programm.

«D’REGION»: Lieber Adrian, nochmals ganz herzliche Gratulation zu deinem Weltmeistertitel! Nationalrat Gerhard Pfister (CVP) hat euch Medaillen-, Diplom- und Zertifikatsgewinner in seiner Ansprache in der Messehalle Zürich als Genies bezeichnet. Fühlst du dich als Genie?
Adrian: Nein, ich bin kein Genie und ich fühle mich auch nicht als Genie.

«D’REGION»: Was ist das Ausschlaggebende, dass du es als Landmaschinenmechaniker auf den 1. Rang
weltweit geschafft hast? Sind es deine Eltern, die Schule, die Lehrer, die Ausbildner, der Verband, die Freunde?
Adrian: Es ist vor allem das duale Bildungssystem. Wir Schweizer geniessen Theorie und Praxis. In anderen Ländern wird vielfach nur theoretisch oder nur praktisch ausgebildet. Mein Umfeld ist ebenfalls am Erfolg beteiligt.
Dass ich bei der Rückkehr in Zürich von meinen Angehörigen überrascht und am gleichen Abend in Niederösch zusätzlich einen grossen Empfang erleben durfte, hat mich ausserordentlich gefreut. Ich bedanke mich auf diesem Weg bei allen, die mich in irgendeiner Weise unterstützt haben, im Besonderen auch bei den Niederöschern und bei allen, die bei meiner Rückkehr in unserem Dorf mitgefeiert haben.
«D’REGION»: War es schon immer dein Wunsch, Landmaschinenmechaniker zu werden? Als Sohn eines Landwirts stand da Landwirt nicht auch auf deiner Wunschliste? Oder absolvierst du eventuell noch die Zweitausbildung zum Landwirt?
Adrian: Ich wollte seit jeher Landmaschinenmechaniker werden oder zumindest einen technischen Beruf erlernen. Als Landmaschinenmechaniker wird mir die Arbeit nie ausgehen. Wie die Zukunft in der Landwirtschaft aussieht, ist im Moment ziemlich vage. Aber irgendeinmal möchte ich mich tatsächlich noch zum Landwirten ausbilden.

«D’REGION»: Als du bei deinem Empfang in Niederösch vom Verbandsvertreter gefragt wurdest, was dir durch den Kopf gegangen sei, als er dich wortwörtlich in die Wüste schicken wollte, hast du geantwortet: «I gah. U ig ha uf gueti Erfahrige ghofft.» Welches sind nun deine privaten Erfahrungen aus der Wüste? Hast du sie überhaupt betreten?
Adrian: Für sämtliche 1300 Kandidaten der WorldSkills wurde ein Anlass in der Wüste organisiert mit Kamelreiten oder Wüstensafari und Abendessen. Ich habe mich für die Fahrt im Jeep über die Dünen entschieden.

«D’REGION»: Nun zum Thema Prüfung. Wie müssen wir Laien uns den Ablauf vorstellen?
Adrian: Wir Prüflinge hatten sieben Aufgaben à drei Stunden zu absolvieren, insgesamt 21 Stunden. Wir mussten bei den verschiedenen Maschinen (jede war in dreifacher Ausführung vor Ort) Fehler suchen, Einstellungen vornehmen, Daten aus dem Service-Tool herauslesen usw. An den ersten drei Prüfungstagen mussten sechs Posten erledigt werden. Am letzten Tag erfolgte ein Präzisionsmessen an den sechs vorangehenden Posten zu je 30 Minuten.

«D’REGION»: Konntest du in klimatisierten Räumlichkeiten arbeiten?
Adrian: Ja, mein Platz befand sich in einer klimatisierten Halle mit rund 20° C.

«D’REGION»: Du bist die Ruhe in Person. Warst du immer so ausgeglichen oder hast du dir diese Eigenschaft zugelegt?
Adrian: Ich war schon immer der ruhige Typ. Einmal habe ich mir aber auch sagen müssen: «La dii nid la stresse. Da hesch nüt dervo.» Seither bin ich noch viel ruhiger.

«D’REGION»: Deine Antwort auf die Frage des Verbandsbetreuers, was du aus den Mental-, Medien- und Teambildungsschulungen fürs weitere Leben mitnähmst, lautete: «Ds Beschte isch dr Usgang gsi.» Ist dem wirklich so?
Adrian: Für die Teambildung war es tatsächlich das Beste. In ungezwungener Atmosphäre lernten wir uns besser kennen.

«D’REGION»: Die Prüfung hat vier Tage gedauert. Wie schaltet man da zwischendurch ab? Oder steht man Tag und Nacht unter Adrenalin?
Adrian: Ich war mit einem Automechaniker im gleichen Zimmer. Dadurch konnten wir uns abends über unsere erledigten Prüfungsarbeiten austauschen. Die mentale Belastung
während der vier Tage war wirklich gross. Am Morgen beim Aufstehen fühlten wir uns nicht so erholt wie zu Hause.

«D’REGION»: Wie war es mit dem Essen? Habt ihr den eigenen Koch mitgenommen?
Adrian: Eine Köchin hatten wir ja mit dabei (die Kandidatin Evelyne Tanner). Manchmal liessen wir sie einfach zuerst vom Essen probieren… Im Ernst: Das Essen war international. Reis, Poulet, Rind waren o. pk.

«D’REGION»: Was bringt dir der Weltmeistertitel? Welche Türen öffnet er dir?
Adrian: Ich habe wertvolle Erfahrungen gemacht. Mein Bekanntheitsgrad ist grösser geworden. Aber ob das gut ist, kann ich noch nicht abschätzen.

«D’REGION»: Wo siehst du dich beruflich in zehn Jahren?
Adrian: Ich hoffe, dass ich noch als Landmaschinenmechaniker arbeiten werde und nebenbei vielleicht als Landwirt tätig bin.

«D’REGION»: Vielen Dank für deine Auskunftsbereitschaft. Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg.


Interview: Barbara Schwarzwald


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