Vom Rhein-Matrosen zum Badmeister

| Mo, 30. Jul. 2018

KIRCHBERG: Badmeister Hans Eggimann kann auf eine 30-jährige Tätigkeit in der Badi Kirchberg zurückblicken. Dass er lieber auf und am Wasser als im Wasser ist, verrät er nur nebenbei. ra  

Es ist Freitagmorgen. Kurz vor acht Uhr. Alles ist noch ruhig in der Badi Kirchberg. Die Liegeflächen sind unbesetzt und trotz des Hitzesommers 2018 erstaunlich grün. Beim genauen Hinschauen sind sechs Badetaschen auf den Sitzbänken zwischen dem 50-Meter-Becken und dem Kinderschwimmbecken deponiert. Sechs Schwimmerinnen und Schwimmer ziehen einsam und fast lautlos ihre Längen. Dienstags und freitags öffnet die Badi Kirchberg ihre Türen in den Monaten Juni, Juli und August bereits um 6.30 Uhr, damit Frühaufsteher vor Arbeitsantritt ihre Kilometer crawlen können. An den übrigen Wochentagen können sich die Besucher ab 9.00 Uhr in der Badi tummeln. Der Chef und ich haben uns um 8.00 Uhr zum Gespräch verabredet. Und auf Hans Eggimann ist Verlass. Laut einer Badi-Besucherin, die ihr Pflichtprogramm bereits hinter sich hat und dem Ausgang zustrebt, ist «Badi-Hausi» kurz vor dem vereinbarten Termin noch am Rasenmähen. Es gibt viel zu mähen in der Badi Kirchberg. 20 000 m2 misst die Rasenfläche – so gross wie nirgends in den umliegenden Freibädern.

Angenehmer Chef
Hans Eggimann wirkt entspannt. Schliesslich hat er auch zwei Freitage hinter sich. Seit gut zehn Jahren stehen ihm wöchentlich zwei Freitage zu, während es vorher zweimal ein halber Tag pro Woche war. Bei dem gegenwärtig idealen Badewetter werden die Arbeitstage lang. Bis Ende der Sommerferien hat die Badi Kirchberg bis 21.00 Uhr geöffnet. Hans steht selbstverständlich ein Team von Helferinnen und Helfern zur Seite. Sein Stellvertreter ist Rainer Suhr. Pedro und Slavisa werden unter «Badeaufsicht» geführt und vier Damen teilen sich die Stunden an der Kasse. Eggimann ist ein angenehmer Chef. «Tüet nech iirichte», lautet seine jeweilige Vorgabe an die Kassierinnen betreffend Kassenteilzeiteinsatz. Das klappe eigentlich sehr gut. Hans hat sogenannte Jahressollstunden zu leisten. Bei schlechtem Wetter und während des Winters kann, muss oder darf er Überstunden kompensieren.  

Am Wasser und auf dem Wasser
Auf die Frage, ob er einmal Spitzenschwimmer gewesen sei, lacht Hans. Er sei eigentlich gar nicht gerne im Wasser. Viel lieber halte er sich auf dem Wasser oder am Wasser auf. Dass er bereits als kleiner Junge Matrose werden will, ist kaum zu glauben. Auf der Lüderen, in Heimisbach, Rüegsau, Grünenmatt und Schelten aufgewachsen, liegt dieser Berufswunsch keineswegs auf der Hand. Doch für Hans hat es nie etwas anderes gegeben. Und der Jüngling darf seinen Traumberuf realisieren. Hans absolviert die dreijährige Lehre zum Rhein-Matrosen. Während 14 Wochen weilt er auf einem Schulschiff in Basel. Im Anschluss ist er zwei Jahre und sieben Monate auf Fahrt und am Schluss wieder vier Wochen auf dem Schulschiff. Nach Beendigung der Lehre ist Eggimann noch während zwei Jahren als Rhein-Matrose tätig.
 
An Land
Seine erste Festanstellung als Hilfsbadmeister erhält Hans in Aeschi b. Spiez, während er vorher während zwei Jahren einen Abstecher in eine ganz andere Berufsgattung macht. Er war in seiner alten Heimat in der Giesserei Hegi beschäftigt. Dass er nach Aeschi b. Spiez gewählt worden sei, verdanke er seinem Lebensretter-Brevet, das er im Zuge seiner Ausbildung erlangt habe, lässt er wissen. Im jungen Alter von 25 Jahren wird Eggimann dann als Badmeister in Kirchberg angestellt. Der Zufall will es, dass während des Interviewtermins vergangenen Freitagmorgen ein Gemeinderat, der Hans Eggimann vor 30 Jahren gewählt hat, in der Badi auftaucht. Dieser Besucher gehört zu den fitten Senioren. Er lässt wissen, dass er bei schönem Wetter jeweils am Vormittag zwei Kilometer schwimme. Am Nachmittag würden es zusätzlich nochmals «ein paar Hundert Meter» sein.   
Töfffahren und Hornussen
Hans Eggimann ist 55-jährig, braungebrannt, grossgewachsen und durchtrainiert. Letzteres verneint er bescheiden. Für regelmässigen Sport reiche die Zeit während des Sommers nie. Früher sei er zur Arbeit gejoggt, mit den Inlineskates gefahren, gewalkt usw. Er habe die sportlichen Aktivitäten im Alltag eingebunden. Seit einiger Zeit wohnt Hans in Lyssach und fährt häufig mit seiner BMW, «ere 12er GS», an den Arbeitsplatz. Die Maschine ist vor dem Badi-Eingang parkiert. Ein Prunkstück! Ja, Töfffahren sei ein leidenschaftliches Hobby von ihm. Auch das Hornussen mit der Mannschaft von Zauggenried-Kernenried, zwar lediglich in der 4. Liga und nicht in erster Linie wegen des Sports, sondern für die Kameradschaftspflege sowie zur Freude und zum Spass.

Von lebhaft zu einsam
Was macht ein Badmeister im Winter? Liegt er irgendwo am Strand? Nicht ganz abwegig. Ja, nach der Badesaison in Kirchberg den Sommer verlängern, das gehöre zu seinen Ferien. Die Menschen, der Trubel um ihn herum, sie fehlten ihm in den Wintermonaten in Kirchberg ein bisschen, lässt Hans verlauten. Zwar sei der Wechsel von lebhaft zu ruhig am Saisonende «zum Herunterfahren» jeweils ganz gut. Ziemlich schnell sei dann der Moment da, in welchem er die anstehenden Herbst- und Winterarbeiten in der Badi alleine ausführe. Das Werkhof-Team steht ihm bei grösseren Aufgaben zwar zur Seite und für Abwechslung sorgen auch die regelmässigen WKs, die Wiederholungskurse des Badmeisterverbandes, die zum Pflichtprogramm gehören.

Badeordnung als Arbeitsinstrument
«Die Badeordnung ist unser Arbeitsinstrument», ist von Hans zu erfahren. Bei den sicherheitsrelevanten Vorgaben seien er und sein Team sehr streng. Gott sei Dank sei während seiner 30-jährigen Badmeistertätigkeit in Kirchberg nie jemand ertrunken. «Beinahe ertrunken», das sei leider schon vorgekommen. In diesem nachdenklichen Moment taucht Marjonna Suhr, Ehefrau von Vizebadmeister Rainer Suhr, in der Badi auf. Sie bietet freitags von 9.00 bis 10.15 Uhr Yoga für jedermann in der Badi Kirchberg an. Ihre aufgestellte Art vertreibt jegliche Art von Gedanken wie Burkini tragende Badende oder allfällig rückläufige Badegästezahlen augenblicklich.    

Barbara Schwarzwald

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