«Palliative Care» im Emmental

| Mo, 03. Sep. 2018
Matthias Moser, Patrik Walther, Lorenz Sommer, Cornelia Steinmann, Sedat Yildirim und Anton Schmid

Burgdorf: Der Verein «gesund i. E.» lud zur Hauptversammlung und einem öffentlichen Informationsanlass ein. Das Ziel war es, die Bevölkerung über Themen rund um die Betreuung schwerkranker Menschen am Lebensende zu informieren und zu sensibilisieren. hkb

 

Vergangene Woche lud der Verein «gesund i. E.» zur Hauptversammlung und einem öffentlichen Informationsanlass ein. Das Thema «Palliative Care im Emmental» wurde in Partnerschaft mit dem Spital Emmental, der Spitex Region Emmental und Vertretern der Hausärzte und der Langzeitpflege angegangen und von Matthias Moser moderiert. Das Ziel war es, die Bevölkerung über die Themen rund um die Betreuung schwerkranker Menschen am Lebensende zu informieren und zu sensibilisieren. Eine Übersicht gab Anton Schmid, CEO Spital Emmental.
Unter «Palliative Care» versteht man die Betreuung von Menschen mit unheilbaren, lebensbedrohlichen und / oder chronisch fortschreitenden Krankheiten. Der Schwerpunkt liegt klar in der Vorbeugung von Leiden und Komplikationen und der Verbesserung der Lebensqualität. Sie orientiert sich an den Bedürfnissen, Symp­tomen und Problemstellungen der betroffenen Patienten/-innen und deren Angehörigen.
Dr. med. Lorenz Sommer, Hausarzt in Signau, sprach über seine Erfahrungen. Die Mehrheit der Patienten/-innen, die er seit Jahren betreue, leiden an behandelbaren Krankheiten. Er sei oft die erste Person, die von einer plötzlich lebensbedrohlichen Krankheit erfahre und die Diagnose mitteile. Dies sei der Anfang eines langen Prozesses. Bei unheilbaren Erkrankungen versuche er, die Weichen zu stellen und koordiniere die Vernetzung. Neben dem Ziel, körperliches Wohlbefinden möglichst zu erhalten, seien auch psychische und spirituelle Aspekte zu berücksichtigen. Die Bedürfnisse der Angehörigen und deren Unterstützung sei einer der zentralen Punkte. Und schlussendlich gehöre zur «Palliative Care» eine lebensbejahende Einstellung, das Akzeptieren, dass der
Tod zum Leben gehöre wie die Geburt.

Patientenverfügung und Vorsorgeauftrag
Zur Vermittlung der eigenen Werthaltungen und als Entlastung für Angehörige dienen eine Patientenverfügung und ein Vorsorgeauftrag.
Eine Patientenverfügung drückt den Willen und die Wünsche eines
Menschen im Hinblick auf medizinische Behandlung, Betreuung, Sterben und Tod aus und ist rechtsverbindlich. Verschiedene Vorlagen, die kürzeste umfasst eine, die längste siebenundzwanzig Seiten, sind erhältlich.
Der Vorsorgeauftrag bestimmt, wer im Falle einer Urteilsunfähigkeit durch Unfall oder Krankheit die eigenen Interessen vertreten und wahrnehmen soll. Beide Dokumente entlasten die Angehörigen, Ärzte und das Pflegepersonal in Akutsituationen. Nicht jedem Menschen, ob gesund oder krank, fällt es leicht, sich beim Ausfüllen der Formulare mit der eigenen Endlichkeit zu befassen.

Über zwei Drittel aller Menschen möchten zu Hause sterben
Dies ergab eine Umfrage im Jahr 2009. Die Realität zeigt, dass tatsächlich nur ungefähr einem Fünftel aller Menschen dieser Wunsch in Erfüllung geht. Die andern sterben in Heimen oder Spitälern, Tendenz deutlich steigend. Im Spital Emmental in Burgdorf stehen zwei Betten im Jahr 2018 und vier Betten ab 2019 für «spezialisierte stationäre Palliative Care» zur Verfügung.
Cornelia Steinmann, Geschäftsleiterin Spitex Region Emmental, erläuterte die Krankengeschichte einer Patientin, die zu Hause sterben wollte. Mit vier Spitexeinsätzen pro Tag, motivierten Angehörigen und regelmässigen Besuchen durch den betreuenden Arzt war die Situation auf tiefem Niveau stabil. In einer Notfallsituation gerieten die Angehörigen jedoch so stark unter Druck, dass sie die Betroffene ins Spital brachten, wo sie am folgenden Tag starb. Dieses Beispiel zeige die Wichtigkeit konkreter Notfallpläne für unvorhersehbare Situationen.
Anhand eines ähnlichen Beispiels verdeutlichte Dr. med. Sedat Yildirim, Leitender Arzt Palliativmedizin Spital Emmental, an einer anderen Problemsituation, wie mit frühzeitiger Planung der Umgang mit einer Notfallsituation hätte verbessert werden können.
Als Vertreter der Langzeitpflege sprach Patrik Walther, Geschäftsführer Alterszentrum Sumiswald AG, über Menschen, die den Herausforderungen des Alltags in der eigenen Wohnung auch mit Unterstützung der betreuenden Systeme nicht mehr gewachsen waren und seither im Alterszentrum lebten. Sie stünden nun in einer Lebenssitua­tion, in welcher eine Heilung nicht mehr möglich, aber der unmittelbar bevorstehende Tod nicht zwingend sei. Die Schwerpunkte liegen auch hier in den Grundsätzen der «Palliative Care»: Schmerzlinderung, Symptombekämpfung und damit Verbesserung des Wohlbefindens, die Pflege eines Netzwerkes mit Angehörigen, Ärzten, Seelsorgenden und Freiwilligen und eine vorausschauende Planung der jeweiligen Situation.
Beim anschliessenden Apéro konnten die Gäste im Gespräch mit den Referenten/-innen persönliche Fragen klären.

Helen Käser

www.gesund-ie.ch.

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