Fusion zu «Landshut» deutlich abgelehnt

| Sa, 14. Mär. 2015

BÄTTERKINDEN, UTZENSTORF, WILER, ZIELEBACH: Nachdem drei der vier Gemeinden zur Fusion Nein sagen, ist die Vorlage überwältigend gescheitert. Mit einem so deutlichen Ergebnis haben weder Befürworter noch Gegner gerechnet. red

Entsprechend überschwänglich ist die Freude bei den Fusionsgegnern, während die Befürworter die erdrückende Deutlichkeit der Abstimmung in den vier Gemeinden zu deuten versuchen.

 

 

Zunehmende Schärfe
Noch im Mai 2014 hat sich die Bevölkerung der vier Gemeinden an der Urne für die Fortführung der Fusions­abklärungen und -verhandlungen ausgesprochen. Knapp in Utzenstorf – wo die Befürworter 65 Stimmen mehr als die Gegner generieren können – doch immerhin. Also arbeiten die Befürworter eifrig an den Rahmenbedingungen für die geplante Grossgemeinde «Landshut» mit total 8500 Einwohnern und sind zuversichtlich, dass sie ein Jahr später die Zustimmung des Souveräns finden.
Die Gegner formieren sich, bündeln ihren Widerstand und gelangen mit Flugblättern, persönlichen Gesprächen, Internet-Aktionen und Veranstaltungen an die Wählerschaft. Ihre Argumente sind vielfach emotionaler Natur, doch greifen diese viel mehr als ursprünglich erwartet. Daneben ist vielen Einwohnern nicht klar, warum mehrere Verwaltungszentren Synergien schaffen sollen. Und überhaupt: Bisher hat es geklappt in den Gemeinden, warum also Probleme herbeireden und die dann mühsam mit einem Zusammenschluss bereinigen, ist an der kürzlichen Podiumsdiskussion in Utzens­torf immer wieder zu hören gewesen.

 

 

Fahrzeug-Korso durch die Dörfer
Kaum sind die Abstimmungs-Ergebnisse der Gemeinden bekannt, formiert sich ein Fahrzeug-Korso mit jubelnden Menschen und hupenden Autos durch die vier Gemeinden. Und am Info-Point der Fusionsgegner wird laut gefeiert, immer mehr Menschen strömen hier zusammen.
Wesentlich ruhiger geht es im nebenliegenden Haus zu, wo die Fusionsbefürworter ihren Treffpunkt eingerichtet haben. Schon bald beginnen die Helfer, die grossen  Transparente mit den Ja-Parolen von den Schaufenstern abzunehmen.

 

 

Wuchtig verworfen
Während die Fusionsbefürworter darauf gehofft haben, dass die Wählerschaft die künftige Situation ihrer Gemeinden mit in späteren Jahren sich verschärfenden Problemen bei der Wahl berücksichtigt, argumentieren die Fusionsgegner mit dem Hier und Heute. Und das ist offensichtlich zufriedenstellend, überschaubar, in der Zusammenarbeit aller vier Gemeinden akzeptabel. So soll es bleiben.
Also verwirft Utzenstorf mit deutlichen 61 Prozent zu 39 Prozent die Vorlage (1289 Nein zu 825 Ja), gefolgt von Wiler mit 55 Prozent gegen 45 Prozent (220 Nein zu 177 Ja) und Zielebach mit 53 Prozent gegen 47 Prozent (83 Nein zu 74 Ja). Einzig Bätterkinden stimmt knapp zu, obgleich der dortigen Bevölkerung im Vorfeld wenig Angenehmes an den Kopf geworfen worden ist: «Die wollen doch ihre marode Infrastruktur auf Kosten der anderen sanieren.» Den Beteuerungen von Gemeinderatspräsident Beat Linder, es gäbe keine sanierungsbedürftigen Leichen in der Kanalisation und unter den Strassen, ist wenig Glauben am Podiumsgespräch geschenkt worden.

 

Kommunikation gescheitert
Am Sonntagnachmittag treffen sich die vier Gemeinderats- bzw. Gemeindepräsidenten in Bätterkinden und geben ihre Erklärungen zur gescheiterten Fusionsabstimmung bekannt. Übereinstimmend sprechen sie von «fehlendem Leidensdruck» und davon, dass auf Grund fehlender Mängel «kein Zwang zur Fusion besteht». Sie wiederholen, was seit Wochen – offensichtlich vergeblich – zu vermitteln versucht worden ist: «Der Mehrheit des Souveräns konnten die von der Arbeitsgruppe, den Behörden und Parteien erkannten und belegten Vorteile einer Fusion nicht ausreichend deutlich gemacht werden.»
Immer wieder fällt bei Gegnern und Befürwortern der Begriff Emotionen. Vor einem Jahr – also noch sehr weit weg und ohne direkte Konsequenzen – ringt sich die Bevölkerung aller vier Dörfer zum Kopfentscheid durch: Fortführung des Abklärungsprozesses. Dies im Wissen, dass es ein Jahr später dann eine definitive Abstimmung geben wird, bei der man bestätigen oder ablehnen kann. Die Zeit vergeht, das Gegner-Komitee «Gemeindefusion Nein danke» legt an Tempo zu. Die Fusion scheitert.

 

 

Deutlicher Entscheid wichtig
Gegner und Befürworter einer Fusion sind dankbar für den deutlichen Entscheid, der umgelegt auf alle vier Gemeinden eine Ablehnung von 56 Prozent Nein zu 44 Prozent Ja ergibt. Damit sind für die nächsten Jahre sämtliche Fusionsbemühungen definitiv vom Tisch, wie alle betonen.
Markus Schütte, Gemeindepräsident von Wiler, wäre ein umgekehrtes Resultat lieber gewesen, wie er erklärt. Auch er spricht vom damaligen Kopfentscheid, während jetzt mit dem Herzen bzw. dem Bauch entschieden worden ist: keine Heirat. Das gilt es zu akzeptieren. Erfreulich ist die hohe Stimmbeteiligung von 62, zweimal 64 und einmal 70 Prozent. Gemeinderatspräsident Jürg Hauswirth (Utzenstorf) muss die meisten Nein-Stimmen in seiner Gemeinde akzeptieren: Die Gegner haben effektiv gearbeitet. Gemeinderatspräsident Hans-Ulrich Käser (Zielebach) zeigt sich ebenso wie Amtskollege Schütte (Wiler) überrascht, dass von den 157 Stimmenden eine Mehrheit von 83 Personen ein Nein in die Urne gelegt haben. Eigentlich haben beide in ihren kleinen Gemeinden mit Zustimmung gerechnet. Das Nein sei zu akzeptieren. Gemeinderatspräsident Beat Linder kann als einziger mit einem (Zufalls-)Entscheid von mageren 33 Ja-Stimmen zur Fusion leben, was auch nichts bringt: «Das ist ein schwacher Trost.»
Immerhin ist der Tenor eindeutig: Der Entscheid ist klar, den gilt es umzusetzen. Alle werden künftig so gut wie bisher oder noch besser zusammenarbeiten und die bis heute zurückgestellten Projekte nun angehen. Da es sich um eine Viererfusion gehandelt hat, wäre diese beim Ausscheren von Utzenstorf sowieso gescheitert. Nun ist es noch klarer.

 

 

Jubelnde Gewinner
Schon während der Abstimmung zeichnet sich am Sonntagvormittag in Utzenstorf ab,  dass die Fusionsgegner einen überwältigenden Sieg verbuchen können. Andreas Toscan, Vorstands- und Gründungsmitglied der «IG Fusion Nein danke» ist sehr positiv überrascht von dem klaren Sieg. «61 Prozent Ablehnung der Fusion in Utzens­torf und 56 Prozent im Durchschnitt bei allen vier Gemeinden ist einfach gut.» Er sieht keinerlei Probleme für die Zukunft: «Wir werden uns weiterhin grüssen und gut zusammenarbeiten.» Das gleiche hätte auch bei Annahme der Fusion gegolten.
«Wir räumen jetzt unsere Gemeinde Utzenstorf auf, die eine Million Defizit im Jahr macht. Daran hätte auch eine Fusion nichts geändert.» Doch jetzt gelte es den Sieg zu feiern, weshalb sich viele Dutzend Fusionsgegner in Mischu’s Rock & Blues Restaurant zur fröhlichen Siegesparty treffen. «Trotzdem halten wir den Ball flach», verspricht Toscan.

 

 

Mit Schliessungen rechnen
Gemeinderat Stephan Sollberger (Utzens­torf, Ressort Planung/Umwelt) zeigt sich «hoch erfreut und zufrieden über das klare Abstimmungsergebnis, das ich in dieser Deutlichkeit nicht erwartet habe.» Er hat mit einem knappen Ergebnis gerechnet, doch jetzt ist der Wählerwillen klar ersichtlich. «Wir können den Auftrag des Souveräns nun umsetzen.» Er kommt auf angehäufte Pendenzen zu sprechen, die im Hinblick auf eine mögliche Fusion zurückgestellt worden sind: «All das wird nun schnell und effizient abgearbeitet.»
Als amtierender Gemeinderat hat Sollberger niemals an die Aufteilung künftiger Ressorts und Verwaltungssitze in den früheren vier Gemeinden geglaubt, sobald man zu «Landshut» fusioniert haben würde. «Bereits in den Abklärungen ist deutlich geworden, dass Wiler als Gemeindeverwaltungs-Standort sicher eingehen wird. Und es ist absehbar, dass später alles an einem Ort konzentriert werden muss.
Dort würden – wie alle Einwohner später erfahren müssten und weil es einfach nicht anders geht – künftig sämtliche Ressorts wie Bauwesen, Finanzen, Schule, Soziales usw. untergebracht. Nur so sind die Wege kurz und können Synergien genutzt werden.» Er bemängelt, dass «die Befürworter bei diesem Thema vage geblieben sind, da sie ihrer Wählerschaft die Vorlage sonst nicht hätten verkaufen können.» Im übrigen ist von den vorgesehenen Standorten – wenn es letztlich um Bätterkinden oder Utzenstorf geht – nur Utzenstorf ausbaufähig.

Gerti Binz

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