Vom Abwasser zur Wärme

  07.06.2016 Aktuell, Gesellschaft, Hindelbank

Die interessierten Besucher/innen wurden herzlich empfangen und gastfreundlich bewirtet. Und sie wurden durch sämtliche Bereiche der ARA und der Wärmezentrale geführt. Verschiedene Angestellte erklärten die Anlagen mit viel Wissen und Fachkompetenz.

Die ARA ist ausgerichtet auf eine Bevölkerungszahl von ungefähr 45 000 Einwohner/innen und reinigt aktuell das Abwasser von 32 000 Personen aus vierzehn Gemeinden. Täglich fliessen 12 Millionen Liter Abwasser in die Anlage und nach der Reinigung zurück in die Urtenen. Im Betrieb arbeiten vier Personen. Sie garantieren einen Pickettdienst an 365 Tagen im Jahr, während 24 Stunden am Tag.

Die Reinigung erfolgt in verschiedenen Schritten. Beim mechanischen Prozess werden zuerst Feststoffe aus dem Wasser gesiebt, was wöchentlich zwei bis drei Tonnen Abfall erzeugt. Danach wird im Sandfangbecken der Sand abgesaugt und gewaschen, jährlich ungefähr 15 Tonnen. In der letzten mechanischen Station trennt man feste von flüssigen Bestandteilen. Der  Schlamm wird zur weiteren Schlammbehandlung abgepumpt.

Biologische Reinigung
Unter der biologischen Reinigung versteht man einen Abbau der organischen Stoffe durch Kleinstlebewesen wie Bakterien und Pilze. Durch die Zugabe von Eisen wird aus dem Rohabwasser Phosphat ausgefällt. Durch Beimischung von Sauerstoff werden weitere Giftstoffe abgebaut. Schlussendlich gelangt das Wasser ins Nachklärbecken, wo die Biomasse abgetrennt wird und das gereinigte Wasser zurück in die Urtenen fliesst. Mikroverunreinigungen, die durch Medikamente und Hormone entstehen, können in dieser ARA noch nicht ausgeschieden werden. Fachleute kontrollieren das Wasser vor und nach der Reinigung regelmässig im Labor.

Der abgepumpte Schlamm wird eingedickt und in Faultürmen auf 38 Grad erwärmt. Bei dieser optimalen Temperatur können Methan erzeugende Bakterien unter Ausschluss von Sauerstoff die organischen Stoffe im Schlamm abbauen und Gas freisetzen. Dieses steigt in den Faultürmen auf und wird im Gasspeicher zwischengelagert. Dieser runde Gasspeicher, der von Weitem sichtbar ist, gleicht Schwankungen in der Gasproduktion aus. Er garantiert zudem eine gleichmässige Gasversorgung des Blockheizwerkes. In diesem produziert ein Gasmotor 192 kW Strom, womit 60 Prozent des Strombedarfs der ARA gedeckt werden können.

Die Abwärme des Motors wird ins Wärmeverbundnetz der Localnet AG, die am selben Standort lokalisiert ist, eingespeist. Vor der Rückführung des gereinigten Wassers in den Bach entzieht man ihm mittels Wärmetauscher Energie. Dabei erhitzt eine Wärmepumpe das Wasser des Fernwärmenetzes auf 65 Grad. Hierzu braucht die Localnet nur gerade 25 Prozent Fremd­energie in Form von elektrischem Strom, die restlichen 75 Prozent werden dem Abwasser entnommen. Diese moderne Fernheizzentrale steht in einem alten, ungenutzten ARA-Klärbecken. Sie bedient die Gemeinden Hindelbank und Je­genstorf mit Heiss­wasser für Boiler und Heizungen. Bei hohem Energiebedarf im Winter wird dem System mittels zwei grossen Gasheizkesseln zusätzliche Energie zugeführt. Der Transport des 65 Grad heissen Wassers erfolgt über ein Rohrsystem an die Bestimmungsorte, wobei der Wärmeverlust lediglich drei Grad beträgt. Jährlich können so bis zu 350 000 Liter Heizöl und somit nahezu 1000 Tonnen CO2 eingespart werden. Aktuell produziert die Fernheizzentrale 4000 bis 5000 kW. Die Betreiber hoffen, dass sie bei zunehmender Nachfrage diese umweltschonende Energieerzeugung auf die geplanten 7000 bis 8000 kW steigern können.

Helen Käser


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