Frauenpower am Restaurant-Herd

  16.10.2018 Bildung, Burgdorf, Bildung / Schule, Jugend, Region

Was ist denn überhaupt gutes Essen? Das ist die erste Frage, die man sich als Juror eines Gastro-Lehrlingswettbewerbes stellen muss. Zwischen «gern haben» und «gut sein» besteht ein grosser Unterschied. Gemüse mit Biss ja, aber zwischen roh und Altersheim gibt es noch viel Interpretationsmöglichkeit. Auch gilt es zu berücksichtigen, dass nicht die Kochnationalmannschaft kocht, sondern Lernende im dritten Lehrjahr am Herd stehen. So sitzen wir drei Juroren – zwei Gastroprofis und ein Journalist – im Hinterzimmer der Küche des Berufsschulhaues in Burgdorf und warten auf den ersten Gang. Jeden Abend gilt es vier Menüs mit vier Gängen zu degustieren. Zwölf Lernende – zehn zukünftige Köchinnen mit Fähigkeitszeugnis EFZ, zwei mit Attest EBA – stellen sich der Jury. Sie wurden ausgewählt, am Final mitzumachen. Die Hürde war in diesem Jahr tiefer, denn eingegeben hatten nur 20, in früheren Jahren waren es über 40. Das hat nicht mit geringerem Interesse am Wettbewerb zu tun, auch die Zahl der angehenden Köche in der Berufsschule ist stark gesunken. Wirkt sich das auf die Qualität auf dem Teller aus? Die Frage kann mit einem klaren Nein beantwortet werden.

Ehemalige Gewinner
Bewertet wird aber nicht nur der Geschmack auf dem Teller, sondern auch die Arbeitsweise. Genau wie an der Lehrabschlussprüfung, heute Qualifikationsverfahren (QV) genannt. Hygiene, Wirtschaftlichkeit, Zeitmanagement und vieles anderes bewerten die beiden Juroren vorne an den Töpfen, während wir uns hinten über das Gekochte hermachen. Zehn Teller pro Gang müssen die Köchinnen herstellen. Acht gehen an die Tische draussen, wo Ausbildner und Eltern die Gäste sind. Dort läuft auch der Wettbewerb der angehenden Restaurationsfachleute. Der Burgdorfer Wettbewerb ist gerade im Bereich Service ein Sprungbrett für die Jungen. Am besten lässt sich dies an Stefanie Freiburghaus zeigen, die den Wettbewerb vor einigen Jahren gewonnen hatte und jetzt Verantwortliche für die Restauration ist.

Zeitnot und Zwetschgenkuchen
Nun geht es los mit dem ersten Gang. Bevor Gabel und Messer das Ei und den Speck zerteilen, gilt es auf dem Bewertungsbogen die ersten Fragen zu beantworten. Pünktlich waren alle. Das gibt Punkte. Kreativität und Anrichten geben noch mehr Punkte. Schliesslich geht es auch um den Geschmack. Man ist sich schnell einig: dort ein wenig zu viel Salz, hier zu wenig, Raffinesse auf dem einen Teller, Traditionelles auf dem anderen. Der zweite Gang ist ein Fischgericht. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen zum ersten Mal. Sauce, Stärkebeilage und ein passendes Gemüse. Wann eine Linse perfekt gekocht ist, stellt sich schnell einmal heraus. Beim Hauptgericht geht es ans Huhn. Knifflig, weil zwischen roh und trocken nur sehr wenig Platz ist. Die Köchinnen erfüllen diese Aufgabe mit Bravour. Am einen Tag kommen die Teilnehmerinnen kollektiv in Zeitnot, was sich auf dem Teller auswirkt. Hier und da passieren Fehler, und ab und zu zieht es uns die Mundwinkel zusammen. Beim Dessert sind wir wieder im Himmel. Glaces vom Feinsten, Feingebäck aus Nuss ebenfalls, Kuchen mit Raffinesse. Die beiden Frauen der Küchenangestellten rechtfertigen ihre Teilnahme insbesondere beim Zwetschgenkuchen. Den Boden schaffen sie perfekt wie keine andere. Dass Küchenangestellte erstmals in diesem Rahmen mitmachen, entstand unter anderem aus der Initiative von Peter Flick der Gastroformation, der selber Küchenangestellte ausbildet.

Hoher Besuch
Zwischendurch gibt’s Besuch. Reto Walther, Geschäftsführer des Schweizer Kochverbandes, probiert und diskutiert mit. Es gibt viel Lob für die organisierende Gastroformation Burgdorf mit der Präsidentin Sabine Rothenbühler. Er beglückwünscht die Organisatoren für dieses Engagement. Froh sind auch die Teilnehmerinnen, denn sie haben einen Erstklasstest für das Qualifikationsverfahren hinter sich. Die Jury lobt bei der Besprechung in erster Linie und gibt Tipps, worauf die Jungen dann bei der Prüfung achten sollen. Vorerst aber sind die Teilnehmenden vor allem froh, den Wettbewerb geschafft zu haben. Wer gewonnen hat, wird an der Rangverkündigung am 23. Oktober 2018 in Koppigen klar werden. Beat Waldmeier


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