«Biodiversität verändert das Stadtbild»

| Di, 21. Mai. 2019

BURGDORF: Im Gespräch mit Alain Spart, Leiter Stadtgrün Burgdorf, über Artenvielfalt und was jeder dafür tun kann. Am Festival der Natur vom Samstag, 25. Mai 2019,  können sich Interessierte in Burgdorf über «Gjät und Unkraut» informieren. zvg

Am 22. Mai 2019 ist der «Internationale Tag zur Erhaltung der Artenvielfalt 2019». Passend dazu finden vom Mittwoch, 22. Mai, bis Sonntag, 26. Mai 2019, in der ganzen Schweiz dutzende Veranstaltungen zum soge­nannten Festival der Natur statt. Während in den vorherigen Jahren das Festival der Natur in Burgdorf mit den Vereinen WWF, Natur- und Vogelschutz Burgdorf und Umgebung, Bioterra und Pro Natura Unteremmental stattgefunden hat, nimmt dieses Jahr zum ersten Mal auch die Bauverwaltung der Stadt Burgdorf teil. Am Samstag, 25. Mai 2019, kann von 10.00 bis 12.30 Uhr allerlei Spannendes zum Thema «Gjät und Unkraut» erlebt und gelernt werden. Die Zeitung «D’REGION» sprach mit Alain Spart, Leiter Stadtgrün Burgdorf, darüber, wie sich die Stadt Burgdorf für Biodiversität einsetzt, was für Folgen dies hat und was man als Privatperson beitragen kann.

«D’REGION»: Wie gross sind eigentlich die Grünanlagen in Burgdorf und wie wird auf diesen Flächen mit Unkraut und «Gjät» umgegangen?
Alain Spart: Es gibt Unterschiede zwischen begrünten Freiflächen, wo wir Massnahmen zur Unkrautbekämpfung einsetzen dürfen, und solchen, wo wir fast nichts unternehmen. Die Park- und Spielrasen umfassen rund 46 000 m². Bei Flächen, auf denen Sport betrieben wird, verwenden wir wenn notwendig punktuelle Behandlung mit Selektivherbiziden. Die grösste Fläche macht aber eindeutig das Wiesengras mit rund 127 000 m² aus. Bei solchen Flächen findet generell keine Unkrautbekämpfung statt, ausser mechanischen Einsätzen (Handarbeit) gegen einzelne unerwünschte Pflanzen. Bei Problempflanzen können in Ausnahmefällen Herbizide eingesetzt werden. An den Ufern, von welchen wir glücklicherweise um die 40 000 Laufmeter haben, dürfen gar keine Herbizide eingesetzt werden und Unkraut wird von Hand entfernt. So wollen wir, dass sich Artenvielfalt möglichst gut entfalten kann. Alles wird bei der Kompogas Utzenstorf entsorgt, mit Ausnahme von Neophyten, welche in der Verbrennungsanlage landen.

«D’REGION»: Mit welchen für Massnahmen setzt sich die Stadt Burgdorf für Biodiversität und Artenvielfalt ein?
Alain Spart: Wir legen einen sehr grossen Wert auf die Artenvielfalt und die ökologische Aufwertung unserer Grünanlagen. So wollen wir besonders einheimische Standortpflanzen fördern. Bei Umgestaltungen in Grünanlagen wie beispielsweise einer Grabaufhebung auf dem Friedhof werden Blumenwiesen angelegt, damit eine Artenvielfalt erreicht wird. Bisher konnten wir fast 15 Prozent unserer totalen Wiesenfläche in biodiverse Ökofläche umwandeln. Es ist eine Balance zwischen der Frage, wie man die Natur möglichst belassen kann, wie sie ist, und nötigen Eingriffen wie etwa das Zurückschneiden von Wiesengras im Strassenbegleitgrün wegen Sichteinschränkungen im Strassenverkehr. Wo es möglich ist, wollen wir auch neue Lebensräume für verschiedene Tierarten schaffen. Wichtig zu wissen ist, dass sich das Stadtbild ändert, wenn Biodiversität gefördert wird und Grünflächen anders aussehen. Wir benötigen auch die Akzeptanz der Burgdorferinnen und Burgdorfer für diese Massnahmen.

«D’REGION»: Was gilt es im eigenen Garten besonders zu beachten und wie sollte man als Privatperson mit Unkraut umgehen?
Alain Spart: Wichtig sollte es sein, selber einen Beitrag zur Artenvielfalt zu leisten, auch wenn es nur wenig ist. Bereits mit einer Topfpflanze kann man einen kleinen Beitrag leisten. Auch sollte man im Umgang mit Herbiziden stets überlegen, ob der Einsatz wirklich notwendig ist und was es für Alternativen gibt. So sollte man etwa nicht vergessen, dass Unkraut und «Gjät»  Wildpflanzen sind, welche sehr schön blühen können.

«D’REGION»: Welche Fehler werden im heimischen Garten besonders oft gemacht?
Alain Spart: Oft werden Unkrautvertilger benutzt, welche gar nicht nötig oder im schlimmsten Fall nicht erlaubt sind. Auch ist es auf bestimmten Flächen wie etwa Strassen und Kiesflächen verboten, Herbizide einzusetzen. Dies gilt auch für Flächen auf privatem Grund. Auch bei der Anwendung gibt es verschiedene Fehlerquellen, etwa dass man zu viel verwendet. Beim Kompostieren sollte man ebenfalls aufpassen, dass man keine Neophyten kompostiert, da sie dann wieder grossflächig ausgetragen werden. Auch Speisereste, die etwa mit Öl oder Salz belastet sind, gehören nicht in den eigenen Kompost.

«D’REGION»: Wie kann man selbst einen Beitrag zur Artenvielfalt und Biodiversität leisten? Und warum wäre es wichtig, etwas zu tun?
Alain Spart: Man muss nicht alles umstellen, wenn man dazu beitragen will. Auch kleine Taten bewegen schon etwas. So kann man sich etwa überlegen, woher die Lebensmittel kommen, die man kaufen möchte oder zum Beispiel Bioprodukte kaufen. Es ist eine Balance zwischen Verzicht auf etwas, dass man vielleicht gerne möchte, und höherer Lebensqualität, welche wir durch eine schönere Umwelt und besseres Klima erhalten. Ich möchte erreichen, dass wir alle und unsere Nachkommen sich auf eine Artenvielfalt freuen können.

«D’REGION»: Für wen eignet sich das Festival der Natur in Burgdorf besonders?
Alain Spart: Das Festival eignet sich für alle Menschen, welche interessiert sind und sich genauer informieren möchten. So gibt es Informationen über Unkraut und was man damit alles machen kann, etwa auch Verwendungen als Esswaren oder Stärkungsmittel für andere Pflanzen. Wir hoffen natürlich, so die Menschen auf dieses Thema sensibilisieren zu können.

David Kocher

 

 

Festival der Natur in Burgdorf
«Gjät und Unkraut» ist das Thema in der Stadt Burgdorf, das die Bauverwaltung zusammen mit vier Umweltorganisationen der Bevölkerung vorstellt. Ein Stationenweg von der Schützenmatte bis in die obere Altstadt zeigt verschiedene Aspekte. Es können einzelne Stationen oder der ganze Weg kostenlos besucht werden.

10.00 Uhr: Treffpunkt: Schützenmatte, beim Damm hinter der Sporthalle. Die Stadt Burgdorf und die Bekämpfung des Unkrauts.
10.30 Uhr: WWF und Pro Natura stellen einen vergessenen Kiesplatz vor und das Leben, das sich dort abspielt.
11.00 Uhr: Beim alten Markt zeigt der Natur- und Vogelschutz, dass sich im Privatgarten ein Nebeneinander von «Wildnis» und gepflegter Ordnung gut ergänzen.
11.30 Uhr: Am Kronenplatz demonstriert Bioterra, wie aus Unkraut wertvolle Hausmittel zur Stärkung von Garten- und Balkonpflanzen entstehen: Rezepte und Tricks, praktische Anleitung.
Ab 12.00 Uhr: Apéro in den Marktlauben. Es werden Häppchen aus einheimischen Wildpflanzen angeboten.

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