Professioneller Umgang mit den Medien

| Mi, 19. Jun. 2019

SUMISWALD: Vier Fachleute informieren am Emmentaler Wirtschaftszmorge der Regionalkonferenz Emmental rund 90 Anwesende über erfolgversprechenden Umgang mit unterschiedlichen Medien. zvg

Heute hat sich bis in den kleinsten KMU-Betrieb herumgesprochen, dass Werbung und öffentliche Auftritte für den Erfolg eines Unternehmens – gleich welcher Grösse – von eminenter Bedeutung sind. Entsprechend gross ist die Teilnehmerzahl von rund 90 Personen aus den 40 Gemeinden des Verwaltungskreises Emmental, die sich im Landgasthof Bären in Sumiswald zum Emmentaler Wirtschaftszmorge der Regionalkonferenz eingefunden haben.

Auf Augenhöhe kommunizieren
Beatrice Brenner, stellvertretende Direktorin im Medien-Ausbildungs-Zentrum Luzern (MAZ), spricht vom «grossen Kulturwandel in der Unternehmenskommunikation, die sich im Umbruch befindet». Sie plädiert für «weg von der Einwegkommunikation zum Dialog und zu Inhalten mit Mehrwert». Sie empfiehlt «neue Organisationsformen wie eine Zusammenfassung von Werbefachleuten und angegliederten Sparten in einem Unternehmen. Marketing und Kommunikation müssen gut vernetzt sein, wenn sie erfolgreich agieren sollen.» Das bedinge ein Themenmanagement über alle Kanäle sowie eine Erfolgskontrolle. Feedback und Kritik sind wichtig, daraus könne man lernen und sich weiterentwickeln.
Beatrice Brenner rät, mit den Medien auf Augenhöhe zu kommunizieren: «Tragen Sie die relevanten Informationen für die Journalisten zusammen und bereiten Sie die Präsentation gut vor. Die Themenauswahl ist wichtig, sorgen Sie möglichst für ein besonderes ‹Highlight› in der Story. Ein Abspulen der Firmengeschichte genügt selten. Begegnen Sie den Journalisten auf Augenhöhe, bauen Sie wenn möglich ein Vertrauensverhältnis auf.»
Sie gibt noch ein gut verständliches Beispiel von «Storytelling»: Ein Bettler sitzt neben seinem Plakat «Ich bin blind» und wartet vergeblich auf Spenden. Eine junge Frau schreibt dazu: «Es ist so ein schöner Tag und ich sehe nichts. Ich bin blind.» Ein Geldregen folgt.

«Wir wollen nichts Böses»
Simon Keller, Leiter der (Radio-) Redaktion «neo1», warnt eingangs vor den immer wiederkehrenden «Don’ts» in Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Dazu gehören Medienmitteilungen mit unerreichbaren Kontakten für Nachfragen und die Ungleichbehandlung von Medien bis zur gänzlich fehlenden Information. Er bemängelt die Medienkonferenz zu Unzeiten wie kurz vor dem Nachrichtenblock. «Berichtet nicht nur über Positives, sondern informiert über alles und erklärt besondere Umstände. Die Hörer beziehungsweise Leser danken es euch», mahnt er.
Zu den gewünschten «Dos» zählt Keller eine proaktive Kommunikation und einen Rundum-Service mit Text, Bildern und Ton, wobei gleich noch die Medienverantwortlichen definiert werden sollten. «Keine Angst – wir wollen nichts Böses», beteuert er gegenüber dem Publikum und ermuntert, bei Mitteilungen und Pressekonferenzen «nur die Wahrheit zu sagen». Sonst werden Journalisten hellhörig und fangen an zu graben.
Wer bei heiklen Dingen eine Anfrage mit «kein Kommentar» beantwortet, hat bereits ein negatives Statement abgegeben. Diese zwei Worte werden zur Meldung und mehrheitlich als Vertuschung oder Schlimmeres gewertet. Eine Auskunft verweigern schraubt die Negativspirale nochmals höher. «Sogar eine Interview mit einer negativen Meldung ist im weitesten Sinne auch Werbung, sprich Public Relations», hält Keller fest. «Wenn eine gute Erklärung nachgeschoben wird, umso besser.»

Imagepflege genügt nicht
Auf die Kommunikation von Emmentaler Unternehmen aus der Sicht der Berner Zeitung kommt Chantal Desbiolles, Mitglied der BZ-Redaktionsleitung, zu sprechen. International tätige Unternehmen und traditionelle KMU verfügen im Emmental über 8000 produktive Arbeitsstätten, wobei die wirtschaftliche Ausrichtung den Fokus der Kommunikation bestimme. «Diese ist meist Chefsache, wobei die Imagepflege oftmals mit dem journalistischen Anspruch beziehungsweise dem des Lesers kollidiert.» Bei zugestellten Informationen muss die Redaktion bisweilen die Problematik Werbung versus unlauteren Wettbewerb beachten.
Zudem ist offensichtlich, dass Unternehmen vielfach unkritisch dargestellt werden und sie Zeitpunkt und Inhalt der Kommunikation bestimmen wollen. «Um das zu erreichen, werden scheinbar gute Journalisten mit News belohnt», das heisst, sie schreiben wunschgemäss mehr oder weniger Positives. Als Ärgernis nennt auch sie nicht erreichbare Auskunftspersonen, fehlende oder falsche Angaben sowie Unklarheiten, die mehrmaliges Nachfragen oder Streichungen nach sich ziehen. «Gar nicht gern haben wir Chefs, die ihre Leute nicht reden lassen.» Fehlerkultur sollten vermieden werden und klare Absprachen und Aussagen üblich sein.

Modern, menschlich, mittendrin
Markus Hächler, Leiter Kommunikation im Spital Emmental, zeigt anhand von Praxisbeispielen, wie im Gesundheitswesen und in anderen Branchen sinnvoll mit den Medien und der Öffentlichkeit umzugehen ist. Am Anfang stehen Analysen, wenn Änderungen nötig werden. «Keine Spitalregion im Kanton weist so viele Abwanderungen von Patienten auf wie Burgdorf, also müssen wir mit dem Geschirr «chlefelen», um auf unsere hervorragende Versorgung, die kompetenten Fachärzte, das gute Umfeld und anderes in unserem Spital aufmerksam zu machen. ‹Modern, menschlich, mittendrin› lautet das Motto. Daneben setzen wir uns für unsere Mitarbeitenden ein mit geregelten Arbeitszeiten und gutem Arbeitsklima, entsprechendem Lohn, Kita usw.» Die Fachärzte halten öffentliche Vorträge, Informationen an die Presse erfolgen im Spitalbereich: «Der Stallgeruch ist wichtig.»
Die Geschäftsführerin der Regionalkonferenz Emmental Karen Wiedmer moderiert abschliessend ein Gespräch mit den vier Rednern, an dem sich die Anwesenden beteiligen.

Gerti Binz

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