Zufrieden trotz 104 Millionen Franken Schulden

  04.06.2019 Aktuell, Foto, Wirtschaft, Burgdorf, Politik

Gemeinderätin Beatrice Kuster, Ressort Finanzen, lobt die «Budgetdisziplin der Burgdorfer Abteilungsdirektionen, deren Verantwortliche sich mit nicht nötigen Investitionswünschen zurückhalten. Bisweilen muss ich aber abwinken.» Ihr grösstes Anliegen sei «eine stabile Finanzlage der Stadt, wofür ich stur wie ein Maulesel kämpfen werde». Sie weist auf die trotz der über 100 Millionen Franken Schulden nötigen Inves-
titionen hin, um die jetzt vorhandene Strahlkraft von Burgdorf auch künftig zu erhalten.

2018 weniger Investitionen
Peter Hofer, Leiter der Finanzdirektion, kommt als Erstes ebenfalls auf die Inves-
titionen zu sprechen: «Sie sind 2018 bescheidener ausgefallen als budgetiert; wir konnten nur circa die Hälfte der vorgesehenen Projekte realisieren. Dabei ist unser Ziel, rund die Hälfte dieser Vorhaben mit eigenen Mitteln zu finanzieren.» Nicht ausgeführt worden sind der Busbahnhof wegen hängiger Einsprachen und das Friedhofprojekt wegen der Kreditstreichung durch den Stadtrat. Auch die Schulraumstrategie und Sanierungen der Verwaltungsgebäude haben sich 2018 als noch nicht realisierbar erwiesen, weshalb im 2018 von den ursprünglich vorgesehenen 14,6 Millionen Franken Gesamtinvestitionen lediglich 7,1 Millionen Franken ausgegeben worden sind. «Das nicht ausgegebene Geld parkieren wir zweckgebunden in den entsprechenden Fonds», führt Hofer aus. «Hier liegen inzwischen 5,8 Millionen Franken.» Aufgrund der nicht planmässig durchgeführten Investitionen beläuft sich 2018 der Selbstfinanzierungsgrad der getätigten Investitionen auf 66,8 Prozent (im Budget mit 38,4 Prozent angegeben). Er weist darauf hin, dass mitunter kurzfristig Arbeiten, speziell im Tiefbau, anfallen können. «Wenn eine Strasse von Investoren aufgemacht werden muss, ist es nicht selten sinnvoll, zeitgleich zusätzliche Tiefbauarbeiten auszuführen. Dann braucht es Geld, das wir aus dem entsprechenden Fonds behändigen können.»

Alles im Griff
Hofer erläutert den Jahresabschluss 2018 (gemäss den seit 2016 geltenden «Kompass»-Richtlinien), der einen Gewinn von 1,813 Millionen Franken ausweist und damit fast drei Millionen Franken über dem Budget 2018 liegt. «Die Schulden von 104 Millionen Franken sind gut verteilt und stellen kein Klumpenrisiko dar», führt er aus. «Die Zinsbelastung von durchschnittlich 1,38 Prozent pro Jahr beträgt momentan rund 1,5 Millionen Franken», was weder für den Gemeinderat noch für ihn als Leiter der Finanzdirektion ein Problem darstelle. Anhand einer Grafik zeigt er auf, dass seit 2001 der durchschnittliche Fremdkapitalzins von damals circa 4,5 Prozent pro Jahr kontinuierlich sinkt und seit 2015 unter zwei Prozent liegt.
Im Vergleich zur Rechnung 2017 habe sich das operative Ergebnis um 1,3 Millionen Franken verschlechtert, was im Zusammenhang mit dem ausserordentlichen Steuerertrag bei den juristischen Personen gesehen werden muss. Weiter sei der betriebliche Aufwand gestiegen (Lehrerlöhne, Sozialhilfeleistungen). «Trotzdem konnten wir unser Ziel, ein positives operatives Ergebnis, erneut erreichen. Und zwar wie folgt: Wenn die Veränderung durch Aufwertung und zusätzlichen Aufwand beim Finanzvermögen im Ergebnis der Finanzierung (1,44 Millionen Franken) eliminiert wird, verbleibt weiterhin ein positives operatives Ergebnis von 370 000 Franken.»

Punktlandung betreffend Budget
Hofer weist drauf hin, dass die Verantwortlichen bedeutend besser die Steuer-
einnahmen von natürlichen Personen kalkulieren können als diejenigen von juristischen: «Wenn in einer Gemeinde ein grosses Unternehmen (juristische Person) mit hoher Steuerkraft plötzlich wegzieht oder den Betrieb reduziert, kann das durchaus Probleme geben. Die Steuererträge der natürlichen Personen haben erfreulich angezogen, nicht zuletzt wegen des Bevölkerungswachstums in Burgdorf.» Insgesamt hat die Stadt 2018 stolze 41,8 Millionen Franken Steuern eingenommen, knapp weniger als die budgetierten 41,9 Millionen Franken. Die Localnet AG trägt mit 2,5 Millionen Franken in die Stadtkasse zum guten Ergebnis bei, die Entgelte betragen weitere 17,24 Millionen Franken, verschiedene Erträge (105 Millionen Franken), Entnahmen aus Fonds und Spezialfonds (250 Millionen Franken) sowie der Transferertrag (28,541 Millionen Franken) und interne Verrechnungen (9,621 Millionen Franken) tragen zum betrieblichen Ertrag von über 100 Millionen Franken bei.
«Der betriebliche Ertrag von 100,074 Millionen Franken entspricht ziemlich genau der im Budget genannten Summe von 100,064 Millionen Franken», so Hofer. Die Erfolgsrechnung weist einen betrieblichen Aufwand von 102,767 Franken aus und fällt 1,418 Millionen Franken besser aus als budgetiert. Das Ergebnis des Gesamthaushalts vor der Gewinnverteilung beläuft sich auf 4,2 Millionen Franken.

93,435 Millionen Franken Burgdorfer Eigenkapital
Wenn man in der Statistik die Budgets und Rechnungsergebnisse gemäss HRM2 (Harmonisiertes Rechnungsmodell) seit 2010 vergleicht, fällt die recht hohe Übereinstimmung bei der Darstellung der operativen Ergebnisse auf. So zeigt die Grafik, laut Hofer, dass «bis 2015 das effektiv erzielte Ergebnis immer leicht besser war als das Jahresbudget. 2016 war es umgekehrt, ab 2017 kommen erneut die positiveren Zahlen zum Tragen.»
Das Eigenkapital der Einwohnergemeinde Burgdorf beträgt per 31. Dezember 2018 immerhin 93,435 Millionen Franken, der Bilanzüberschuss 5,925 Millionen Franken. «Die Nettoverschuldung pro Einwohner betrug Ende 2018 1254 Franken (budgetiert sind 1534 Franken)», fährt Hofer fort. «Eine Nettoverschuldung ab 2000 Franken pro Einwohner gilt gemäss Kantonsvorgabe als hohe Verschuldung. Davon nicht betroffen sind über 300 Gemeinden im Kanton Bern, die alle ein Nettovermögen ausweisen. Aber diese haben auch keine so grossen Aufgaben zu stemmen wie Burgdorf mit sportlichen, kulturellen und sonstigen für die Allgemeinheit wichtigen Aufgaben und Liegenschaften (Casino, Markthalle, Eissportzentrum, Schulen und Turnhallen usw.). Alles in allem sind wir mit dem Ergebnis des Jahresabschlusses 2018 wirklich zufrieden.»

Gerti Binz

 


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