Passion Eiger

  21.01.2020 Aktuell, Foto, Burgdorf, Sport

Der passionierte Kletterer Roger Schäli hat die weltbekannte Nordwand in den vergangenen Jahren über fünfzig Mal durchstiegen. Zusammen mit erfahrenen Seilpartnern gelangen ihm die ersten freien Begehungen der drei Eiger-Direttissimas «Harlin, Japaner und Ghilini-Piola». Organisiert wurde der Vortragsabend von vergangenem Mittwoch von Sandra Carrer, der Besitzerin der Hundeschule Sacane-Sport.

Schälis Hobby wird sein Beruf
Als Entlebucher wuchs Roger Schäli in Sörenberg auf und machte eine Lehre als Zimmermann. Sport gehörte schon in Kinderjahren zu seinem Leben. Im Winter fuhr er Ski, im Sommer kletterte er in den Bergen. Mit vierzehn Jahren bekam er den ersten Klettergurt geschenkt und bereits im Alter von einundzwanzig Jahren arbeitete er als Bergführer. Seine grosse Leidenschaft, das Klettern, hat ihn zu den weltbes­ten Allroundern in der alpinen Szene gemacht. Er klettert sowohl in Felsen wie auch in Eis. Dabei ist nicht der Gipfel das Ziel, sondern bereits der Weg dorthin.
Sein grosser Respekt vor der Leistung der Bergpioniere spornt ihn an, mit wenigen technischen Hilfsmitteln zu klettern und dabei möglichst geringe Spuren zu hinterlassen, was dem «Tradklettern» entspricht. Der am meisten verbreitete Stil ist jedoch das «Rotpunkt-Klettern». Diese Methode bezeichnet das freie Durchsteigen einer dem Kletterer bekannten Route. Zur Fortbewegung sind nur Hände und Füsse und keine künstlichen Hilfsmittel erlaubt. Der Sportkletterer darf dabei die Sicherungskette nicht belas­ten. Der Durchstieg der Route gilt als erfolgreich, wenn dieser ohne Sturz, Ausruhen im Seil und Hochziehen an Haken gelingt und in einem Zug erfolgt.

Wetter, Temperatur, Trainingsstand und Seilpartner beeinflussen das Gelingen
Schäli hatte das ehrgeizige Ziel, gemeinsam mit Stephan Siegrist und Thomas Huber die 1991 von Jeff Lowe eröffnete «Metanoia» an der Eigernordwand als erste Seilschaft zu wiederholen. Nachdem das schlechte Wetter sie bei ihrem ersten Versuch zu einem Rückzug gezwungen hatte, gelang ihnen am 29. und 30. Dezember 2016 die erste Wiederholung dieser legendären Route.  
Dasselbe erlebte er bei der sogenannten Japanerroute, einer Direttissima, die 1960 eingerichtet worden war. Die Schlussetappe misslang ihm und er versuchte es immer wieder. Diese Route habe ihn nicht nur technisch gefordert, sondern er sei persönlich an ihr gewachsen. Sechs Jahre nach dem ersten Versuch gelang ihm die erste komplette freie Begehung.
Mitte August 2019 erlebte Schäli einen weiteren Erfolg: Er durchstieg die schwierige Kletterroute «La vida es silbar» am Eiger im Rotpunkt-Stil. Die 900 Meter lange Route im Schwierigkeitsgrad 7c+ beschäftigte ihn drei Jahre, ehe er sie mit seinem belgischen Kameraden Sean Villanueva in einem Tag schaffte. Sie verläuft vom Stollenloch der Jungfraubahn über die Rote Fluh und den Tschechenpfeiler.

Der Körper stellte sich dem Sportkletterer in den Weg
Während mehrerer Monate plagten Schäli Schmerzen im Gesässmuskel. Es wurde ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert. Schäli entschied sich gemeinsam mit Ärzten und Betreuern gegen eine Operation. Mit intensiver Physiotherapie verschwanden die Schmerzen. Nach einer Pause entschied er sich, ganz ohne ehrgeizige Ziele, auf der griechischen Insel Kalymnos zu klettern. Ideale Wetterbedingungen und die Nähe zum Meer brachten ihm Abenteuerlust und Ehrgeiz zurück. Er stellte sich erneut der Eigernordwand, indem er mit «Odyssee» die Erstbesteigung bis dato anspruchsvollsten Freikletter-Route schaffte.
Durchschnittlich zweimal jährlich macht Schäli bei Expeditionen mit, auch in entlegene Winkel der Erde. Unbekanntes Terrain, Routen, die noch niemand vor ihm gegangen ist und neue Seilfreundschaften spornen ihn an, das scheinbar Unmögliche zu erreichen. Schäli betrachtet es als Privileg, dass er seine Leidenschaft als Beruf leben kann.

Helen Käser


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