Was passiert mit dem «Papieri»-Areal?

| Mo, 03. Feb. 2020

UTZENSTORF: Gut besuchte Informationsveranstaltung der Migros Aare und Digitec Galaxus über zukünftige Pläne. Geprüft wird der Bau eines von Digitec Galaxus betriebenen Operations Centers, welches durch ein Sortierzentrum für Pakete der Schweizerischen Post ergänzt würde. zvg

Vergangenen Dienstag lud die Migros Aare und die Gemeinde Utzenstorf zum zweiten Infoanlass ein. Die Mehrzweckhalle in Utzenstorf wurde für 450 Personen bestuhlt, die dritte Halle musste kurzerhand geöffnet werden und weitere 100 Stühle wurden aufgestellt. Das Interesse war gross. Sicher auch wegen der auf dem Flugblatt erwähnten 400 Arbeitsplätze.
Beat Singer, Gemeinderatspräsident von Utzenstorf, begrüsste die Vertreter der Migros, von Digitec Galaxus, der Post und der umliegenden Gemeinden. Als Erstes hielt Jonas Lauter, Mitglied der Geschäftsleitung Papierfabrik Utzenstorf, einen kurzen Rück- und Überblick. Die Migros Aare hatte per 1. Februar 2018 das Areal der ehemaligen Papierfabrik Utzenstorf gekauft. Aktuell ist das Altpapiersortierwerk noch in Betrieb und zwei Gebäude sind anderweitig vermietet. Etwas weiter vom Fabrikgebäude entfernt befindet sich die Spielgruppe «Spatzenäscht» in der ehemaligen Fabrikantenvilla. Diese vier Gebäude bleiben vorläufig bestehen und erhalten.

Rückbau bis 2022
Der Rückbau der restlichen Gebäude und Anlagen ist im Gang, so ist die Kläranlage bereits Geschichte. Ziel ist es, das Gelände Ende 2022 leer (mit Ausnahme der erwähnten Gebäude) und von Altlasten befreit zu übergeben. Die Entlassung aus dem Altlas­tenkataster ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber weil die Migros nachhaltig bauen und planen will, wird das Gelände saniert. Ein Pluspunkt, welcher speziell erwähnt wurde: Die Papierfabrik hat sehr sauber gearbeitet, daher sind die Altlasten geringer als befürchtet respektive geringer als bei anderen vergleichbaren Arealen. Der gesamte Baugrund misst 320 000 m2, dies entspricht der Grösse von 80 Fussballfeldern. Bebaubar sind circa 125 000 m2, circa 30 Fussballfelder. Dieses bebaubare Areal wird in vier Bausektoren aufgeteilt, welche bis 2030 bebaut werden sollen. In der ersten Phase wird nun der Bausektor 1, mit einer Grösse von circa 50 000 m2 oder 13 Fussballfeldern, in Angriff genommen. Für diesen Sektor interessieren sich die Firma Digitec Galaxus (eine Tochterfirma der Migros) und die Post.

Eine Lagerhalle für Digitec und ein Paketzentrum für die Post
Florian Teuteberg, Geschäftsleiter (und Gründer) von Digitec Galaxus stellte seine Firma kurz vor. Er hat Digitec im Jahr 2001 zusammen mit zwei Partnern gegründet. Nach erfolgreichen elf  Jahren eröffneten die Digitec-Gründer 2012 das Online-Warenhaus Galaxus, in welchem (fast) alles erhältlich ist. Im Jahr 2015 hat die Migros die Mehrheit am Unternehmen übernommen. Seither wurde der Umsatz um 70 Prozent  erhöht, das Sortiment verzehnfacht, die Anzahl Mitarbeiter und Lieferungen fast verdreifacht. Digitec Galaxus ist in einem zukunftsträchtigen Segment tätig und erwartet in den nächsten vier Jahren nochmals eine Verdoppelung ihres Umsatzes, des Sortimentes, der Mitarbeitenden und der Lieferungen. Sie sind in der Schweiz die Nummer eins im Onlinehandel und können sich gegen auswärtige Anbieter wie Amazon und chinesische Firmen behaupten. Diese Marktstellung möchten sie beibehalten. Dafür ist jedoch ein grösseres Lager zwingend notwendig.
Stefan Luginbühl stellte als Mitglied der Geschäftsleitung von PostLogistics das Projekt der Post vor. Im Jahr 2019 hat die Post 148 Millionen Pakete ausgeliefert, wenn man die aneinanderstellt, würde die Schlange zwei Mal um die Welt reichen. Das weitere Wachstum ist bekannt und stellt die Post vor Herausforderungen. Das Paketzentrum in Härkingen ist 20-jährig und muss modernisiert werden. In der ganzen Schweiz entstehen weitere Zentren oder sind bereits in Betrieb. Da der Erfolg von Digitec Galaxus deutlich mit der Post verbunden ist, sind sie an einer weiteren, guten Zusammenarbeit interessiert. Ein Verteilzentrum neben dem neuen Logistikzentrum von Digitec Galaxus macht deshalb Sinn. Stefan Luginbühl stellte klar, dass in Utzenstorf nur die Paketsortierung geplant ist, die Zustellung würde nicht von hier aus erfolgen. Die beiden Firmen würden im Zweischicht-Betrieb von 6.00 bis 22.00 Uhr arbeiten. Es ist auch nur in dieser Zeit mit Verkehrsaufkommen zu rechnen.  

Die nächsten Schritte
Das weitere Vorgehen sieht so aus,  dass bis Ende Januar 2020 bei der Gemeinde Utzenstorf ein generelles Baugesuch eingereicht wird. Darin wird abgeklärt, ob die Nutzung, Lage und Erschliessung überhaupt möglich sind. Die Gebäude sind mit den Maximalmassen geplant, dies basierend auf dem aktuellen Baureglement und auch gemäss der aktuellen Raumplanungsrevision. Nach der Bewilligung erfolgt die Detailplanung, damit das ordentliche Baugesuch Ende 2020 eingereicht werden kann. Der vorgesehene Baubeginn ist für Sommer 2021 vorgesehen. Digitec Galaxus ist auf eine Inbetriebnahme bis Mitte 2024 angewiesen.
Als Knackpunkt erweist sich die verkehrstechnische Erschliessung. Die Planer haben dafür Arbeitsgruppen eingesetzt, in welchen Vertreter der umliegenden Gemeinden, Kanton und Bauherren Einsitz haben. Mit Massnahmen wie Temporeduktion und Flüsterbelag bei den Erschliessungsstrassen kann der zu erwartende Mehrverkehr von der bestehenden Infrastruktur «geschluckt» werden. Beim Bau der Sektoren 2 bis 4 ist dies nicht mehr der Fall, deshalb wird eine Neuerschliessung des Areals notwendig. Diese Fakten werden jedoch in der Planung bereits jetzt berücksichtigt. Ohne eine definitive Lösung betreffend Erschliessung können die Etappen 2 bis 4 nicht realisiert werden. Das Areal wird vom Kanton Bern voraussichtlich wieder als Arbeitsschwerpunkt in das Regionale Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept aufgenommen. Der Kanton sollte deshalb auch an einer raschen Lösung interessiert sein.
Bei der abschliessenden Fragerunde war weniger die Ansiedlung von Logistikunternehmen das Thema, sondern die Erschliessung generell, etwa Ausbau des ÖV, die Berücksichtigung Langsamverkehr und weitere Fragen. Die anwesenden Fachleute konnten auf die Fragen kompetent antworten.
Nach den vielen Informationen, Zahlen und Plänen war nach eineinhalb Stunden das von der Migros bereitgestellte Apéro genau das Richtige. Bei Blätterteiggebäck, Käse, Brot, Gemüsedip und Getränken diskutiert es sich einfach besser.

Alexandra Weber

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