Unihockey-Legende Matthias Hofbauer macht Schluss

  01.04.2020 Aktuell, Foto, Sport, Ersigen, Unihockey, Wiler

Matthias Hofbauers Leistungsnachweis ist mehr als beachtlich: einmal Champions-Cup-Sieger (2005), dreimal Cupsieger, zehnmal Schweizermeister, 565 NLA-Spiele (Debüt September 1997 gegen Giants Kloten, erstes Tor in Spiel 3 gegen Hornets Bülach), 1073 Skorerpunkte (511 Tore / 562 Assists), Rekordinternationaler: 194 Länderspiele (268 Punkte), 1. April 1999 Debüt, WM-Rekordskorer: 97 Punkte in 57 WM-Spielen, bei zehn WM-Teilnahmen (Topskorer 2004 und 2010).
Es sind Werte, die man kaum einordnen kann, die surreal erscheinen. Und hätte so ein verdienstvoller und erfolgreicher Spieler nicht einen besseren Abschied als dieses abrupte Ende verdient? «Es mag jetzt vielleicht komisch klingen, aber ich habe nie damit spekuliert, an einem Super-Event die Karriere zu beenden. Es war nun halt in Chur bei einem Geisterspiel, das passt schon.» Vielmehr habe er noch Mühe, das alles einzuordnen, was durch das Coronavirus ausgelöst worden sei. «Im privaten Bereich und geschäftlich ist vieles aus den Fugen geraten und sportlich wurden wir einer super Chance beraubt, etwas Grosses zu erreichen mit dem Team. Da ist schon eine gewisse Leere vorhanden, wenn man weiss, was man in den Play-offs für eine mentale und physische Bereitschaft aufbaut.» So beschäftigt Hofbauer aktuell das Saisonende fast mehr als das Karriereende: «Darauf konnte ich mich ja lang genug vorbereiten, hatte ich ja schon im Vorjahr damit geliebäugelt. Ich konnte es mir dann aber noch nicht vorstellen ohne Unihockey, vor allem ohne Spiele an den Weekends. Ich verspüre denn auch nicht Wehmut, sondern Dankbarkeit, dass ich den Zeitpunkt meines Rücktrittes selber bestimmen konnte. Nicht wie beispielsweise bei meinem Bruder Christoph, der von einem auf den anderen Tag wegen einer Verletzung aufhören musste.» Vor allem die letzten Jahre hätten noch zahlreiche Highlights gebracht, mit dem ersten Sieg über Schweden in der Heimhalle in Kirchberg, der Superfinalteilnahme im Vorjahr, der letzten WM in Prag oder diesen Januar erst mit dem Erreichen des Champions-Cup-Finals. «Und ich bin auch froh, dass ich in meiner letzten Saison eine Rolle im Team einnehmen konnte und nicht einfach noch ein Jahr drangehängt habe.» Matthias Hofbauer: auf dem Feld ehrgeizig und zielstrebig, daneben besonnen und bescheiden. Er war auch in dieser Saison ein Leader, trug phasenweise sogar noch das Topskorershirt.

Ein Leader mit Leidenschaft und Passion fürs Spiel
Topskorer und Leaderfigur, das war er in seiner Karriere von Beginn weg, jahrelang Captain bei seinem Stammverein und in der Nati. Im zarten Alter von 16 Jahren debütierte «Mäthu» in der NLA-Equipe, beim damaligen Aufsteiger und «No Name» Wiler-Ersigen. Den ersten Treffer erzielte er im dritten Spiel in der Militärhalle Bülach gegen die Hornets Bülach. Über 500 weitere sollten folgen und Matthias Hofbauer wurde zum Inbegriff für den SV Wiler-Ersigen und den Schweizer Unihockeysport. Der Bätterkinder (mittlerweile in Zielebach wohnhaft) aus dem Zaelgli-Buebe-Quartier war es auch, der als erster Unihockeyspieler als Studiogast im Schweizer Fernsehen auftrat und als bisher einziger Unihockeyspieler zum Superzehnkampf eingeladen wurde. Natürlich erzielte er auch den ersten Treffer bei der erstmaligen Austragung des Superfinals. Das war 2015, 18 Jahre nach seinem ersten NLA-Spiel, und alles andere als selbstverständlich. Dass er sich so lange an der Spitze halten konnte, bedingte nämlich, dass er seinen Spielstil während seiner Karriere ungefähr dreimal adaptieren musste. «Sonst wäre ich weg vom Fenster gewesen. Vom Grundsatz her versuchte ich aber, immer möglichst einfach und effizient zu spielen.» Und natürlich mit Leidenschaft. «Wäre es nur um die Spiele gegangen, ich hätte noch lange weitergemacht, denn ich spiele noch so gerne Unihockey wie am ersten Tag als Junior.» Andererseits spüre er doch auch eine gewisse Müdigkeit. So sei es ihm immer schwerer gefallen, sich gut auf die Trainings vorzubereiten, «die einem bei Wiler halt immer viel abverlangen. Da war es schon nicht leicht, am Abend immer bereit zu sein.» Was ihm denn am meisten fehlen werde in der Zeit nach der Karriere: «Der Groove
in der Garderobe, als Team etwas Grosses zu erreichen, den man beim SVWE immer gespürt hat. Dazu das Adrenalin und die Anspannung vor wichtigen Spielen und dann die ausgelassene Stimmung, wenn diese Spiele auch gewonnen werden konnten. Das sind schon extreme, unbeschreibliche Gefühlsschwankungen.»

Botschaft an Wiler-Familie
Geholfen hat Hofbauer sicherlich auch der Umstand, dass er fast nie verletzt war. «Einerseits habe ich sicherlich eine gute Grundvoraussetzung mitgebracht, dann habe ich aber auch in jungen Jahren immer trainiert, auch wenn ich mit Kollegen in den Ferien war. Und mit zunehmendem Alter musste ich sowieso mehr inves­tieren als andere.» Nun fällt diese Last weg und Matthias Hofbauer kann sich anderen Dingen widmen. Die Familie und die berufliche Situation stehen da natürlich im Vordergrund, aber so richtig wissen, was er mit der freien Zeit machen werde, tue er noch nicht. Auch das Trainersein kann er sich mittlerweile vorstellen. Und zum Schluss möchte er noch eine Botschaft an die Wiler-­Familie loswerden. «Es ist in all den Jahren fast selbstverständlich gewesen, dass der SVWE einen Titel nach dem anderen holt. Dabei gab es ja auch die beiden Saisons, wo wir im Viertelfinal ausschieden. Da brauchte es enorme Anstrengungen, dass Wiler ein Spitzenteam bleiben konnte und aktuell immer noch die Nummer eins im Land ist. Man sollte nie vergessen, wie viel Arbeit dahintersteckt, weil auch die Konkurrenz nie geschlafen hat – ich denke das Team, der Verein und das Umfeld haben Unglaubliches geleistet und erreicht und darauf können wir stolz sein und sollten es nicht als selbstverständlich nehmen.» zvg

 


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