Knigge für unbeschwerte Waldbesuche

| Mi, 24. Feb. 2021

REGION: Der Wald wird während den Corona-Lockdowns vermehrt als Erholungsort genutzt. Dies führt zu Konflikten. Der «Waldknigge-Verhaltenstipps für den Waldbesuch» dient als Gedankenstütze, gespickt mit einer Prise Humor. awu

Thomas Gut, einer der Revierförster der Waldabteilung Mittelland, hat sich für ein Interview zur Verfügung gestellt. Er fühlt sich momentan privilegiert, da er den beruflichen Alltag im Wald ohne grössere Einschränkungen bestreiten kann. Doch wie wird man eigentlich Förster?
Zuerst absolviert man die dreijährige Grundausbildung als Forstwart/in und arbeitet anschliessend mindestens zwölf Monate in einem Forstbetrieb oder -unternehmen. Forstwarte und Forstwartinnen erledigen sämtliche im Wald anfallenden Arbeiten. Sie fällen Bäume und pflegen den Jungwald, Hecken und Biotope. Zudem erstellen sie Hangsicherungen, Bach- und Lawinenverbauungen und warten die Waldwege. Nach der praktischen Tätigkeit als Forstwart erfolgt die 21-monatige Weiterbildung zum Förster (bei uns ist sicher die Försterschule in Lyss ein Begriff). Die Absolventen der Försterschule sind auf dem Markt gefragt und nach der Weiterbildung bestehen verschiedene Möglichkeiten. Thomas Gut hat sich vor rund zehn Jahren entschieden, im Auftrag des Kantons Bern die zumeist privaten wie auch öffentlichen Waldeigentümer des heutigen Forstreviers Fraubrunnen zu betreuen. So steht er als Waldfachperson bei fachlichen wie auch sicherheitsrelevanten Fragen zur Verfügung, markiert zu fällende Bäume und steht allenfalls auch bei Konflikten als klärende Fachperson zur Verfügung.
Als Revierförster von Fraubrunnen und Umgebung stellt Thomas Gut fest, dass der Wald während der Corona­lockdowns vermehrt als Erholungsort genutzt wird. Jogger, Biker, «Hündeler», «Rösseler», Familien, aber auch ältere Leute, welche einer Risikogruppe angehören, sind und waren vermehrt im Wald anzutreffen. Dies ist auch zu begrüssen, da die Bevölkerung die nahe gelegenen Wälder so besser kennen- und schätzen lernt. Die Kehrseite ist allerdings, dass einigen Waldbesuchenden die Rücksicht auf die Waldbewohner wie auch auf das Waldeigentum aktuell noch fehlt. Natürlich haben alle, die sich im Wald aufhalten, unterschiedliche Interessen: Tiere leben dort, brauchen Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten. Pflanzen (auch sehr kleine) wollen wachsen und nicht zertreten werden. Waldarbeiter und Eigentümer arbeiten dort, bewirtschaften und pflegen den Wald und müssen auf die Sicherheit achten. Reiter/innen wollen ihre Pferde bewegen und dies möglichst ohne Hindernisse und Hundegebell. Spazierende suchen Erholung und möchten eventuell mal ihren Hund «rennen lassen». Pilzsammler kennen ihre Lieblingsplätze und möchten diese ohne Gestrüpp und Dornen erreichen. Biker und Jogger wiederum möchten ihre Runden drehen und auch mal die Geschwindigkeit geniessen. So verwundert es nicht, dass dies unweigerlich zu Konflikten jeglicher Art führen kann. Der «Waldknigge – Verhaltenstipps für den Waldbesuch» dient daher als Gedankenstütze, gespickt mit einer Prise Humor.
Einige Privatwaldbesitzer nutzen den Wald für den eigenen Brennholzbedarf oder Verkauf von Nutzholz und erledigen die Waldarbeit wenn möglich selbst. Andere übertragen die Waldpflege einer Forstunternehmung, die entsprechend ausgerüstet ist und über sehr gut ausgebildete Mitarbeiter verfügt. Ob ein Wald «gepflegt» ist oder nicht, darüber scheiden sich die Geister. Die einen Waldeigentümer bevorzugen einen aufgeräumten Wald, andere machen, was notwendig ist. Da bleibt auch mal ein Baum liegen. Aber auch das ist nicht falsch, wird sogar empfohlen. Sobald keine Massenvermehrung des Borkenkäfers mehr droht, gewährt das «Totholz» vielen Tieren und Pflanzen ein Zuhause und gibt Nährstoffe ab. Beobachten Sie mal einen sogenannt toten Baum. Er ist Hotel für Spechte und Bienen, lässt Moos und Pilze wachsen und gibt dem Waldboden Nährstoffe zurück. Diese Bäume dürfen gerne beobachtet werden, am besten jedoch vom Weg aus. Der Wald lebt und überall wachsen junge Pflanzen oder der Waldeigentümer ist am Aufforsten. Da tritt man schnell auf ein «Tännli», welches sich von der Verletzung nicht mehr erholt.
Fazit: Wenn der Waldknigge beachtet wird, ist der Wald für alle da.  

Alexandra Weber

 

Wie verhält man sich im Wald?
Thomas Gut: «Corona hat unsere schnell­lebige Zeit verlangsamt und die Bevölkerung zurück in die nahe gelegene Natur und Wälder geführt. Beim ersten Lockdown im Frühjahr 2020 fiel mir dies merklich auf. Häufig sah man Leute, welche zuvor wohl kaum je im Wald anzutreffen waren. Es wird und wurde geritten, gejoggt, geradelt, gewandert, gegrillt und gespielt. Im Gespräch mit den Waldbesuchenden gaben sie mir immer wieder zu verstehen, dass sie die nahe gelegenen Wälder sehr schätzen. Umso mehr, da Corona uns alle in unserer Bewegungsfreiheit einschränkt. Der gesellschaftliche Druck auf den Wald hat daher – zumindest vorübergehend – merklich zugenommen. Und dies nicht immer zum Vorteil des Waldes, seiner Bewohner, der Waldbesitzenden oder Jagd- und Forstverantwortlichen. Obwohl sich der Grossteil korrekt und rücksichtsvoll verhält, gerieten zuweilen Sorgfalt und Aufmerksamkeit ins Hintertreffen. Die grundlegenden Benimmregeln im Wald bleiben aber trotz Corona dieselben. Wer sich daran hält, akzeptiert, dass der Wald jemandem gehört und der Wald wertvoller Lebensraum für Tiere und Pflanzen ist. Aufgrund verschiedener Beobachtungen scheint es mir bei dieser Gelegenheit angebracht, einfache Verhaltenstipps im Wald in Erinnerung zu rufen:

Wir sind Gäste im Wald.
Als Waldbesuchende sind wir im Wald willkommen, dennoch gelten je nach Ort und Zeit zweckmässige Bestimmungen. Das Feuerverbot in der sommerlichen Hitze dient als Beispiel, welches es zu beachten gilt.

Wir geniessen die Ruhe und Langsamkeit.
Im Wald gilt ein generelles Fahrverbot für Motorfahrzeuge. Durch das Parkieren meines Autos beim Waldeingang behindere ich keine Holztransporte oder Forstfahrzeuge. Für Fahrräder und Pferde ist ein weitverzweigtes Netz befestigter Wege und Strassen vorhanden. Benutzen wir diese.

Wir fragen nach, bevor wir etwas installieren.
Grundsätzlich dürfen im Wald keine Bauten errichtet werden. Hütten, Ast-Sofas, Schanzen, Kurven und andere bleibende Einrichtungen dürfen nur mit Erlaubnis erstellt werden. Kontaktieren Sie bitte vorhergehend den Waldeigentümer und den Förster.

Wir achten auf die Forstarbeit.
Holzschläge bergen viele Gefahren für Profis und Waldbesuchende. Halten wir uns zwingend an Anweisungen und Absperrungen – auch am Wochenende.

Wir sind uns der Gefahren in der Natur bewusst.
Der Wald lebt, wir hüten uns eigenverantwortlich vor möglichen Gefahren wie herunterfallenden Ästen und umstürzenden Bäumen. Bei Sturm und Gewitter gehen wir nicht in den Wald.

Auf Initiative der Arbeitsgemeinschaft für den Wald haben 20 nationale Organisationen insgesamt zehn Tipps für einen respektvollen Waldbesuch erarbeitet. Mit einem Augenzwinkern und lustigen Cartoons werden Sie als Waldbesuchende aufgefordert, ein paar einfache Hinweise zu beachten. Diese Verhaltenstipps finden Sie im Internet unter ‹Waldknigge – Verhaltenstipps für den Waldbesuch› auf der Website www.afw-ctf.ch. Das Beachten der einfachen Verhaltenstipps trägt so zu einem friedvollen Nebeneinander im Wald bei.»

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