Sechs obdachlose Waldkäuze gerettet

  14.06.2021 Aktuell, Foto, Gesellschaft, Region, Jegenstorf

Kehren wir noch einmal zu den dramatischen Ereignissen des Frühlingstages zurück. Was war eigentlich geschehen? Wie konnte es dazu kommen, dass die plüschigen Eulchen von einer Sekunde auf die andere das Dach über dem Kopf verloren und ihr Leben plötzlich in grosser Gefahr war? Es steckte keine böse Absicht dahinter, sondern war eher ein tragischer Zufall. Denn leider war es genau der Baum, der bei Holzerarbeiten zu Fall gebracht wurde, in dem sich die Bruthöhle der Waldkäuze befand. Zuerst entdeckten die Waldarbeiter am Boden nur ein Jungtier, doch nach und nach kamen weitere Käuzchen zum Vorschein. Geistesgegenwärtig wurde der zuständige Wildhüter Remo Glaus informiert, der die kleine «Rasselbande» dann sofort in die Wildstation brachte.

Hungrige Mäuler
Eins, zwei, drei, … ja, sage und schreibe sechs kleine Käuzchen streckten beim Öffnen der Kiste neugierig ihre Köpfe heraus. Es folgte eine eingehende Untersuchung durch die Stationstierärztin Dr. med. vet. Ulrike Eulenberger. Allen Tieren ging es den Umständen entsprechend gut – bis auf einem. Beim Sturz hatte sich einer der kleinen Waldkäuze eine schwere Verletzung am Handgelenk zugezogen. Die kleine, verletzte Eule wurde sofort notfallmedizinisch behandelt und erhielt einen Verband am linken Flügel.
Dann wurde die ganze Waldkauzschar in die Vogelintensivstation der Wildstation gezügelt, wo sie die nächs­ten zwei Wochen verbrachte. Zur Freude der Mitarbeitenden der Stiftung Wildstation entwickelten sich alle Eulchen prächtig. Kein Wunder: verschlangen die sechs hungrigen Jungvögel doch 24 Mäuse pro Tag. Sogar das verletzte Tier erholte sich zusehends, die Verletzung heilte langsam. Hier kam dem Vogel das junge Alter zugute, das dazu beitrug, dass sich das geschädigte Handgelenk gut verwachsen konnte. Aber über den Berg war die kleine Eule noch nicht, das Gelenk immer noch nicht ganz stabil.
Bald folgte der zweite Schritt der Aufzuchtphase beziehungsweise der Rehabilitation. Die bereits ordentlich herangewachsenen und kaum noch mit Flaumfedern bedeckten Waldkäuze durften in eine grössere Voliere im Aussenbereich umziehen, um erste Flugübungen zu machen und sich an die Witterung im Freien zu gewöhnen. Nach weiteren 14 Tagen gab man ihnen in der 300 Quadratmeter grossen Flugvoliere schliesslich die Möglichkeit, ihre Flugmuskulatur weiter zu trainieren und sich auf die Auswilderung vorzubereiten.

Erfolgreiche Auswilderung
Schliesslich folgte der Tag, auf den alle hingearbeitet hatten, der Tag, an dem die nützlichen Mäusejäger dem Wildhüter Remo Glaus zurückgegeben wurden. Am Abend entliess er sie in Gsteigwiler wieder in die Natur: alle sechs auf einen Streich. Waldkäuze sind wichtige «Mitglieder» eines intakten Ökosystems. Die 6000 bis 8000 Brutpaare in der Schweiz tragen einen wesentlichen Teil zur Regulierung der Mäusebestände bei. Aber auch Kleinvögel, Amphibien und Würmer verschmähen die Eulen mit der schaurig schönen Stimme nicht. Dank einer speziellen Federstruktur können die dämmerungs- und nachtaktiven Vögel ihre Beute nahezu geräuschlos schlagen. Achtung: Gesunde Ästlinge – das sind Jungvögel, die zwar die Bruthöhle bereits verlassen haben, aber noch nicht flugfähig sind und von den Elternvögeln weiterhin versorgt werden – bitte nicht einfach mitnehmen! Allenfalls können auf dem Boden aufgefundene Ästlinge auf einen erhöhten Ast gesetzt werden, um sie vor Fressfeinden zu schützen. Ist man nicht sicher, ob der Jungvogel Hilfe benötigt, sollte der Wildhüter oder bei dessen Nichterreichbarkeit die Stiftung Wildstation Landshut kontaktiert werden.

zvg

 


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