Der Anfang für unser täglich Brot

| Mi, 25. Aug. 2021

JEGENSTORF / LYSSACH: Getreide ist nicht gleich Getreide – auf Versuchsfeldern werden neue und alte Getreidesorten angebaut und verglichen. zvg

Brot ist nicht nur bei uns ein fast tägliches Nahrungsmittel und wird erwiesenermassen seit Tausenden von Jahren auf verschiedenste Arten hergestellt. In unserer heutigen Zeit leben wir Menschen in einem völlig anderen Umfeld als unsere Vorfahren. Die Weltbevölkerung ist immens gewachsen und die Anbau­flächen für Lebensmittel schrumpfen durch Überbauungen täglich. Auch in unserer kleinen Schweiz muss auf relativ kleinen Parzellen dem Boden die grösstmögliche Ernte abgerungen werden. Ein interessantes Beispiel der Ertrags- und Qualitätssteigerung von Brot- und Futtergetreide konnte man unlängst auf einem Feld in Jegenstorf beobachten. Ein Team von UFA-Samen aus Lyssach und der Landwirt und Landbesitzer testeten auf einem parzellierten Feld verschiedene neue und ältere Getreidesorten. Mike Bauert, einer der Spezialisten für Saatgut, erklärt der «D’REGION» die Entwicklung und Forschung von resistenten und ertragsreichen Getreidesorten. Am Anfang testet das Kompetenzzentrum für landwirtschaftliche Forschung «Agroscope» verschiedenste Saatgut­sorten auf ihre Tauglichkeit bei unterschiedlichsten Boden- und Klimaverhältnissen. Oft dauert es fast zehn Jahre bis sich eine Saatsorte als tauglich erweist. Kurz vor Markteintritt des ausgewählten Saatgutes macht es für die Spezialisten von UFA-Samen Sinn, auf grösseren Parzellen den Wachstumsverlauf im Praxisversuch zu testen. In mehreren Streifen werden neue und bestehende Sorten von Brot- und Futterweizen angesät, um diese untereinander zu vergleichen. Der Hauptfokus liegt dabei auf den Ertrags-, Qualitäts-, Resistenz- und Standfestigkeitseigenschaften der jeweiligen Sorten. Es sind dabei drei wichtige Hauptakteure zu berücksichtigen, welche in der Getreidewirtschaft beteiligt sind. Der Bäcker möchte ein gutes Brot backen und braucht dazu ein qualitativ hochstehendes Mehl, der Müller hat ebenso spezifische Ansprüche, um eine optimale Verarbeitung des Korns zu gewährleisten, und schliesslich muss sich der Bauer mit dem Anbau des Getreides beschäftigen und möchte natürlich einen grösstmöglichen Ertrag erzielen, ohne Krankheitsbefall und klimabedingte Schäden bei der Ernte. Diese drei Hauptbeteiligten haben unterschiedlichste Ansprüche, welche schliesslich auf einen Nenner gebracht werden sollten. Weniger Einsatz oder schlussendlich totaler Verzicht von Fungiziden und Pestiziden erfordern robuste und krankheitsresistente Getreidesorten. In den Feldversuchen werden auch neu sogenannte Untersaaten beim Getreideanbau getestet. Es werden Gras- oder Kleesorten gesät, um lebendigere Böden und eine bessere Tragfähigkeit bei der Ernte zu erhalten. Zudem kann bei optimalem Wuchs des Grases und Klees das abgeerntete Feld nach kurzer Zeit als Weidefläche genutzt werden. Saatmenge und Düngung können nicht beliebig erhöht werden, ohne dabei negative Folgen beim Wuchs der Saat zu riskieren. Die Bauern werden während dem Sortenversuch vor der Ernte zu einer Flurbegehung eingeladen. Sie können direkt auf dem Feld die verschiedenen Anbaustreifen begutachten und sich entsprechende Informationen über die Weizensorten einholen. Nach dem Dreschen der Versuchsfelder wird die Erne separat gewogen und im Labor in Lyssach bei UFA-Samen nach Reinheit und Keimfähigkeit untersucht.
Mike Bauert weist darauf hin, dass der einheimische Ertrag von Brotweizen dieses Jahr klimabedingt kaum die Nachfrage abdecken wird und der Import von ausländischem Weizen unumgänglich ist. Die speziellen Wetterverhältnisse minderten den Ertrag von qualitativ hochwertigem Brotweizen. Die angelieferte Ware muss dadurch oft als Futterweizen deklariert werden, was natürlich für die Bauern finanzielle Einbussen bedeutet. Nicht nur beim Weizenanbau bewegen sich die Produzenten auf einer Gratwanderung. Einerseits versucht man einen grossen Teil des Getreides in der Schweiz anzubauen, andererseits möchte man immer ökologischer, naturnaher und mit weniger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln produzieren. Hier stehen sich zwei gegensätzliche Forderungen gegenüber, die nur mit Kompromissen zu bewältigen sind. Der Standard ist heute der ökologische Leistungsnachweis (ÖLN). Ein weiterer Schritt Richtung biologischem Anbau ist die Extenso-Methode (IP Swiss). Dabei wird ohne Insektizide, Fungizide und Halmverkürzer, aber mit konventioneller Düngung das Getreide angebaut. Bei Feldversuchen, wie zum Beispiel in Jegenstorf, kris­tallieren sich geeignete Sorten, optimale Anbaudichten und Anbauarten heraus. Das UFA-Samen-Beratungsteam hilft daraufhin den Bauern bei der Wahl des optimalen Saatgutes entsprechend ihren spezifischen Ansprüchen. Durch das permanente und langjährige Forschen und Züchten haben sich viele robuste Getreidesorten etabliert, welche praktisch ohne umstrittene Hilfsmittel optimal gedeihen. Dies konnte man auch deutlich beim Feld in Je­genstorf feststellen. Lagen doch früher nach heftigen Sommergewittern grosse Flächen des Getreides flach am Boden und führten zu empfindlichen Einbussen beim Ertrag zum Nachteil der Bauern.
Wenn man als Laie die Texte und Tabellen zum Thema Getreidesorten vor Augen hat, erahnt man einen Hauch von der komplexen Herausforderung beim Getreideanbau. Dabei ist der Weizen nur ein Teilbereich vom anspruchsvollen Ackerbau!

Henry Oehrli

www.schweizerbrot.ch
www.fenaco.com/unternehmen/ufa-samen

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