Feier zum 100-jährigen Bestehen des Lueg-Denkmals

  12.10.2021 Affoltern i.E., Foto, Kultur, Gesellschaft, Region, Politik

Am vergangenen Samstag lud die Bernische Kavallerie Stiftung auf der Lueg zur Feier des hundertjährigen Bestehens des Kavalleriedenkmals ein. Obmann Jürg Liechti durfte zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Armee sowie von Vereinen, Gesellschaften und Behörden begrüssen. Mit dem Anlass wurde der 54 gefallenen bernischen Kavalleristen gedacht, die bei der Pflichterfüllung im Dienst für das Vaterland während der Grenzbesetzung von 1914 bis 1918 sowie beim Ordnungsdienst im November 1918 durch die Spanische Grippe ums Leben kamen. Zu ihren Ehren wurde vor rund hundert Jahren das Denkmal auf der Lueg errichtet.
Das fantastische Aussichtspanorama, das sich den Besucherinnen und Besuchern auf der Lueg bei schönem Wetter bietet, war am Samstag durch dichte Nebelschwaden verdeckt, welche die Landschaft in eine fast mystische Stimmung tauchten. Aus dem dichten Nebel erschienen wie aus dem Nichts berittene Delegationen der Berner Dragoner und der Schweizer Kavallerieschwadronen. Die Feierlichkeiten wurden musikalisch von der Kavallerie Bereitermusik Bern eröffnet, die für einmal unberitten ihr Können zeigte.
Oberst Jürg Liechti erläuterte in seiner Rede die historischen Hintergründe, an die das Lueg-Denkmal erinnert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gärte es überall in Europa. Die Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand, Thronfolger von Österreich-Ungarn, und seiner Frau durch einen serbischen Nationalisten im Juni 1914 löste eine schwere diplomatische Krise aus. Am 28. Juli 1914 erklärte Österreich-Ungarn mit deutscher Rückendeckung Serbien den Krieg. Infolge von Bündnisverpflichtungen der Grossmächte weitete sich die militärische Auseinandersetzung zum Ersten Weltkrieg aus, der rund 17 Millionen Todesopfer forderte. Am 3. August 1914 ordnete auch die neutrale Schweiz die Generalmobilmachung an. Auch Bernische Dragoner rückten ein, um die Grenzen des Vaterlandes zu verteidigen. Die Schweiz blieb zwar von Kriegshandlungen verschont, durchlebte aber eine schwere wirtschaftliche und politische Krise, die sich im November 1918 gefährlich zuspitzte. Das Oltener Aktionskomitee rief für den 12. November zum unbefristeten Landesstreik auf. Die Regierung, die eine linke Revolution fürchtete, bot Ordnungstruppen auf. Der Höhepunkt der innenpolitischen Spannungen fiel mit dem Ausbruch der Spanischen Grippe zusammen, die unter der Zivilbevölkerung unzählige Tote forderte. Knapp 2000 Soldaten fielen der Pandemie zum Opfer – unter ihnen 54 Berner Kavalleristen.
Regierungsrat Philippe Müller (FDP) betonte in seiner Ansprache die wichtige Bedeutung von Denkmälern und Gedenkstätten für das kollektive historische Gedächtnis. Sie sind dazu da, die Erinnerung wachzuhalten und Geschichte lebendig zu erhalten: «Ich bin überzeugt, dass das Denkmal auf der Lueg unzählige Wanderer und Spaziergänger dazu anregt, sich mit der Vergangenheit unseres Landes und der Geschichte der Kavallerie auseinanderzusetzen. Dank diesem kennen wir bis heute die Namen der bernischen Kavalleristen, die ihr Leben im Dienst für das Vaterland verloren. Mich erfüllt mit Stolz, dass Werte wie Kameradschaft, Loyalität und Treue nach wie vor einen wichtigen Stellenwert besitzen. Die Kavallerie in der Schweiz, die bis 1972 bestand, geniesst immer noch – auch lange nach ihrer Auflösung – einen hervorragenden Ruf. Heute wie früher ist die Freiheit das wichtigste Gut. Diese gilt es zu bewahren, sodass wir auch das zweihundertjährige Bestehen des Lueg-Denkmals im Jahr 2121 feiern können. Der Milizgedanke der Armee muss weiterhin hochgehalten werden.»
Ernst Vögeli, Präsident der Bernischen Kavallerie-Offiziersgesellschaft, ging auf die Entstehungsgeschichte des Lueg-Denkmals ein. Am 28. September 1919 fasste die Gesellschaft den Beschluss, auf der Lueg – in der Nähe einer prächtigen und mächtigen Linde – ein Denkmal für die verstorbenen Kameraden zu errichten. Rund 30 000 Franken wurden für diesen Zweck gesammelt – eine damals stattliche Summe. Der für die Erstellung genutzte Muschelkalk­stein stammt aus Estavayer-le-Lac und wurde von den Dragonern unentgeltlich transportiert. Am 2. Oktober 1921 wurde das Denkmal mit einer Feier eingeweiht. Neben der bernischen Regierung erschienen 2000 berittene Kavalleristen und knapp 20 000 Zuschauerinnen und Zuschauer. Die Tradition der Kavallerie wird bis heute hochgehalten. Ihr grossartiger Geist wurde immer weitergegeben.
Die feierliche Kranzniederlegung zum Gedenken an die Verstorbenen und das Gebet des Feldpredigers Hansruedi Spichiger bildete den Abschluss des Jubiläums. Anschliessend genossen die anwesenden Gäste – unter ihnen zahlreiche ehemalige Kavalleristen – einen feinen Apéro und ein wohlschmeckendes Mittag­essen.

Markus Hofer


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