Braucht es die SP noch?

  19.11.2013 Oberburg

Am vergangenen Dienstagabend fanden sich in der Aula des Schulhauses Oberburg politisch Interessierte ein, die dem SP-Nationalrat Christian Le­vrat Gehör schenkten. Der seit 2008 amtierende und aus dem Kanton Freiburg stammende Präsident der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz ist hauptberuflich als Anwalt tätig. Seine Karriere begann er bei den Jungfreisinnigen und er wechselte später zur Sozialdemokratischen Partei.
Von 1998 bis 2000 war er Vorsteher des juristischen Dienstes der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. 2001 wechselte er zur Gewerkschaft Kommunikation, zunächst als Zentralsekretär, ab 2003 als Präsident. Ausserdem war er Vizepräsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes.

Geschichte und 125. Geburtstag der SP
Seine Ansprache an das Publikum beginnt Christian Levrat mit einem Rückblick auf die Geschichte der SP, welche im September dieses Jahres ihren 125. Geburtstag in Bern feierte. Im Zusammenhang dazu erwähnt er ein zentrales Element, wenn nicht das wichtigste Ereignis in der Geschichte der SP, nämlich den Generalstreik im Jahre 1918. Bei diesem Streik, welcher nach zwei Tagen endete, wurden zentrale und grundlegende Forderungen gestellt, welche bis weit in das 20. Jahrhundert ihre Auswirkungen zeigten und dieses entscheidend prägten.
Die drei grundlegenden Forderungen damals betrafen die Einführung des Frauenstimmrechts, der AHV sowie die Realisierung einer 48-Stunden-Woche.

Das Heute
Christian Levrat schafft es, in seiner Rede an die Erwähnung des geschichtlichen Hintergrundes anzuknüpfen und einen Sprung in die heutige Zeit und die Zukunft zu vollziehen. Vor dem Hintergrund der beständigen Arbeit der SP an den grundlegenden Menschenrechten habe sich die Schweiz zu dem entwickelt, was sie heute sei und auf die man stolz sein könne. Allerdings gäbe es Bereiche, die der konkreten Bearbeitung bedürften, heute und in der Zukunft. In diesem Zusammenhang erwähnte er beispielhaft drei Aspekte: die Kinderarmut, den Mindestlohn und den Immobilienmarkt.

Kinderarmut
Wie ist es möglich, dass vor dem Hintergrund einer wohlhabenden Gesellschaft, die die Schweiz ganz sicher ist, heutzutage annähernd 260 000 Kinder in Armut leben und wer steht für diese ein?

Mindestlohn
Welche Partei, wenn denn nicht die SP, setzt sich für einen Mindestlohn ein? Wie kann es sein, dass 430 000 Arbeitnehmer mit weniger als 4000 Franken monatlich auskommen müssen? Zwei Drittel dieser grösstenteils von der Branche abhängigen Lohngruppe seien Frauen. Und wie könne man insgesamt Gehälter rechtfertigen, die zweihundert Mal höher lägen als die eines Angestellten mit einem Grundlohn?

Wohnen
Versicherungen und Banken betrachten zunehmend den Immobilienmarkt als einen Spekulations- und Investitionsmarkt. Auf der Mieterseite ergibt sich dagegen eine durchschnittliche Miet­erhöhung von 13 Prozent bei einem Mieterwechsel. Und das, obwohl der Hypothekarzins weiterhin auf einem stetigen Tief verbleibt. Wer steht hier für den Mieter ein, an den dieser nicht nur nicht weitergegeben wird, sondern dessen Miete sich gar noch erhöht?

Insgesamt zeigte Christian Levrat eindrücklich Missstände einer Wohlstandsgesellschaft auf, an deren Diskussion sich auch das Publikum im Anschluss rege beteiligte. So kamen denn Fragen zur Verwendung von ungefähr drei Milliarden Franken auf, die sich wohl besser verwenden liessen als in einer Investition in 22 bereits bestellte Flugzeuge für Verteidigungszwecke oder für die Anhebung des Familiengeldes, den steuerlichen Abzug bei der Fremdbetreuung oder die Kriegsmaterialausfuhr, welche ja nicht nur in der Schweiz thematisiert wird. Zusammenfassend sei eine Politik ohne Visionen Opportunismus, eine Politik ohne konkrete Verantwortungsübernahme jedoch blosse Philosophie und hier liege der Vorteil der SP klar im Handeln, denn eine Stärkung, eine soziale Gerechtigkeit sowie Solidarität in der Gesellschaft seien von grosser Wichtigkeit. Europaweite Kampagnen wie «Ensemble» oder «Das WIR entscheidet» verdeutlichten das.

Sissi Emmerich


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