Depot Leimgrube kommt

| Di, 20. Sep. 2016

BÄTTERKINDEN: Mehrere 100 Personen mussten in der Saalanlage zur Kenntnis nehmen, dass trotz grosser Opposition die Direktion des Regionalverkehrs Bern-Solothurn am Standort Leimgrube festhält und demnächst diese Parzelle mit neuem Deport zur Aufnahme in den Richtplan empfiehlt. gb

Die Saalanlage Bätterkinden ist fast vollständig besetzt, als erst Linder die ablehnende Haltung des Gemeinderates und der Bevölkerung zum nun definitiv festgelegten Depotstandort Leimgrube darlegt. Anschliessend erläutern Schmid und Nicole Schiltknecht vom Planungsbüro IC Infraconsult AG Bern die Kriterien, gemäss denen der ursprünglich ins Auge gefasste Ort Stockacker verworfen wurde und der neue Standort weiterbearbeitet werden wird. Im Publikum sitzen neben der Dorfbevölkerung auch Vertreter anderer entlang der Bahnlinie liegender Gemeinden.

Keine Vorteile für die Gemeinde
Linder macht in seinem Rückblick wie später das lokale Publikum in der Diskussion geltend, dass für die «Gemeinde bei einem Depotstandort Leimgrube nur Nachteile wie zusätzlicher Lärm, mehr Verkehr, Beeinträchtigung der Lebensqualität, Wertminderung der nahe gelegenen Wohnhäuser, Kulturlandverlust und anderes resultieren. Dieses Projekt enthält keine Vorteile für unsere Gemeinde». Zudem wird wiederholt der Vorwurf laut, der Regio­nalverkehr Bern–Solothurn habe sich «ausschliesslich aus finanziellen Gründen für die Leimgrube entschieden und zahlreiche Faktoren wie Umwelt, Lärm, Licht und Erschütterungsfaktoren ausser Acht gelassen».
Schmid erläutert die Zukunftsvisionen des RBS und die dafür nötigen Ausbauten, die aufgrund der stark steigenden Zugpassagierzahl unbedingt nötig sind. «Die Zugkompositionen und entsprechend die Perrons werden gemäss Horizont 2025 bedeutend länger, nämlich von 120 auf 180 Meter. Ab 2030 stehen weitere Ausbauten auf dem Programm. Das bedingt Depotmöglichkeiten auf dieser Strecke. Deshalb müssen künftig am neuen Depotstandort Leimgrube 13 bis 16 Züge ab- beziehungsweise bereitgestellt und das Rollmaterial gewartet werden.» Schmid bestätigt, dass ein Depot 24 Stunden betriebsbereit sein muss, verspricht aber gleichzeitig, dass «man die Immissionen so gering wie möglich halten wird» – dank niedriger Fahrgeschwindigkeit (ca. 10 km / h) und optimalem Rollmaterial, da Betriebszeiten von 5 Uhr früh bis 1.30 Uhr nachts ge­plant sind. Schmid weist darauf hin, dass er «sicher mit der Auflage einer Umweltverträglichkeitsstudie rechnet, an deren Grenzwerte sich der RBS selbstverständlich halten wird».

Vertiefte Standortprüfung
Sowohl Schmid als auch Nicole Schiltknecht von IC Infraconsult gehen ausführlich auf die fünf Hauptkriterien (Betrieb, Finanzen, Raumplanung, Umwelt und Landschaft) sowie auf die 28 Unterkriterien ein, gemäss denen die 24 möglichen Depotstandorte zwischen Solothurn und Bern auf ihre Eignung hin geprüft worden sind. Die vergleichende Analyse hat einen bedingt und vier geeignete Standorte ergeben. Mittels zahlreicher Folien kann sich das Publikum ein Bild von der anschliessenden vertieften Beurteilung dieser fünf Möglichkeiten machen. Als Ergebnis empfiehlt das Planungsbüro den Standort Leimgrube, da «dieser besonders hinsichtlich Raumplanung und Landschaft beträchtliche Vorteile gegenüber den anderen Möglichkeiten aufweist und neben der Kartoffelzentrale erstellt wird». Der Grundbesitzer, ein nicht mehr aktiver Landwirt, habe bereits den Boden für die Kartoffelzentrale verkauft und sich in ersten Gesprächen mit der RBS bezüglich eines Landverkaufes von 40 000 m² offen gezeigt.
Bezüglich des Zeitplans für ein Depot Leimgrube sagt Schmid, dass der RBS unabhängig vom geäusserten Widerstand in Bätterkinden noch im September den Antrag stellen wird, die Leimgrube als RBS-Depot in den kantonalen Richtplan aufzunehmen, worauf Fachstellen diesen Standort prüfen. Von Dezember 2016 bis März 2017 findet die öffentliche Mitwirkung statt. Voraussichtlich im Mai 2017 wird der Berner Regierungsrat den Richtplan verabschieden, worauf ein Studienauftrag oder Wettbewerb folgen. Schmid rechnet Ende 2023 mit der Inbetriebnahme des Depots.

Keine Mitsprache, keine Verhandlungen
Linder bedauert, «in der letzten Stunde nichts Neues gehört zu haben. Wir wollen dieses Depot nicht in Bätterkinden. Warum sollen wir diese Zentrumsfunktion aufgebürdet bekommen, wenn der Gemeinde keine Vorteile erwachsen? Die seit Langem festgelegten Zukunftsvisionen der Gemeinde werden so verunmöglicht». Anwalt Res Nyffenegger, der Bätterkinden juristisch berät, empfiehlt den Anwesenden, im Mitwirkungsverfahren auf die Nachteile eines Depots hinzuweisen und Wünsche beziehungsweise Forderungen anzubringen. Ein Bewohner wünscht eine Gegenexpertise, ein anderer Verhandlungen über einen – möglichst anderen – Standort. Zahlreiche Männer und Frauen ergreifen das Wort, zeigen sich über die Standortfindung unzufrieden und monieren, dass sich der RBS «primär aus finanziellen Gründen auf die Leimgrube fixiert hat». Der Ton bleibt stets höflich und korrekt.
Schliesslich spricht Schmid die «bittere Wahrheit» klar aus: «Es geht nicht um eine demokratische Mitbestimmung, sondern der RBS legt sich entsprechend seiner Verpflichtung und Verantwortung auf einen Standort fest. Dieser Entscheid ist nicht delegierbar oder verhandelbar. Für Bahnbauten gilt das Bundesrecht, wobei öffentliche Interessen vorrangig sind. Und wir haben uns jetzt für die Leimgrube entschieden.»
Gerti Binz

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