Fritz Zuber ist Chronist der Geschichte Bütikofens

  24.01.2017 Aktuell, Kirchberg, Gesellschaft, Region

Der Bütikofer Fritz Zuber feierte in der vergangenen Woche seinen 89. Geburtstag. Er wuchs im Bütikofen-Moos auf dem elterlichen Bauernhof auf. Seit 62 Jahren ist er mit Anna Matter verheiratet, die ebenfalls aus Büti­kofen stammt. Das kleine, beschauliche, von der Landwirtschaft geprägte Dorf, das inklusive Aussenhöfe rund 150 Einwohnerinnen und Einwohner zählt und zur politischen Gemeinde Kirchberg gehört, ist seine Heimat, der er sich verbunden fühlt: «Ich möchte nirgendwo anders leben und freue mich, jeden Tag den Ausblick auf unser schönes Oesch-Tal mit seiner nach wie vor intakten Landschaft geniessen zu können», betont er. «Hier verbrachte ich praktisch mein gesamtes Leben, hier liegen meine Wurzeln. Ich schätze es aber auch sehr, Bürger der Gemeinde Kirchberg zu sein. Im Lauf der Jahrzehnte engagierte ich mich in verschiedenen Ämtern und Funktionen
für das Gemeinwohl.»
 
Vielseitiges historisches Wissen
Zuber ist mit vielen Facetten der über 750-jährigen Geschichte des Dorfes Bütikofen bestens vertraut. Wer sich mit ihm unterhält, realisiert rasch, wie intensiv er sich mit der lokalen Vergangenheit auseinandergesetzt hat. Ohne nachzuschlagen, kann er zu den verschiedensten Fragen Auskunft geben. Die Besiedlung von Bütikofen, erläutert er anhand der Forschungsergebnisse, geht auf die Alemannen zurück. Ein Mann namens Buto bewirtschaftete damals im Tal der Oesch einen Hof, den «Buto-Hof». Es war üblich, dass Siedlungen nach dem Namen des Sippenführers benannt wurden. Die erste schriftliche Erwähnung von Bütikofen findet sich in einer Urkunde aus dem Jahr 1261, die sich in der Stiftsbibliothek des Klosters St. Gallen befindet. Im Lauf der Jahrhunderte veränderte sich die Schreibweise des Ortsnamens von Butinhofen über Butinchoven und Büttigkofen bis zum heutigen Bütikofen. Gemäss Recherchen von Zuber gibt es in Europa und auf der ganzen Welt keine weitere Ortschaft, die diesen Namen trägt.

Chronist der Geschichte Bütikofens
Der 89-Jährige weiss nicht nur über die Ursprünge Bütikofens Bescheid, sondern auch über zahlreiche weitere Themen. Sein ganzer Stolz ist die einmalige Dokumenten- und Quellensammlung, die er im Laufe der Jahre in aufwendiger Recherche- und Forschungsarbeit zusammengetragen hat. Ohne sein Engagement wären viele Akten über das einstige Leben in der Ortschaft unwiederbringlich verloren gegangen. Sein Archiv beinhaltet eigene Notizen, Skizzen und Erkenntnisse, Kopien von Archivalien aus der Burgerbibliothek Burgdorf und dem Staatsarchiv in Bern, Fotografien und Baupläne, aber auch Originalschreiben wie Sitzungsprotokolle und Kaufverträge aus längst vergangenen Zeiten. Etliche Einwohner aus dem Dorf und der Umgebung übergaben ihm auch familienbezogene Dokumente, um die schwer entzifferbaren Quellen in die heutige Schrift zu übertragen. Das von ihm gesammelte Material zur Geschichte Bütikofens, die natürlich eng mit der Entwicklung von Kirchberg, Ersigen und Burgdorf verwoben ist, umfasst zahlreiche A4-Ordner – alle sind fein säuberlich nach Themenbereichen gegliedert. Hinzu kommen weitere Materialien über die Flurgenossenschaft Kirchberg-Bütikofen, für die er 40 Jahre als Kassier und Präsident tätig war. Fritz Zuber lässt sich daher als Chronist der Geschichte Bütikofens bezeichnen. «Wer die Vergangenheit kennt, weitet den Blick in die Zukunft», zeigt er sich überzeugt.
 
Die Faszination für die Lokalgeschichte begann in der Sekundarschule
Schon früh begann sich Zuber für die lokale und regionale Geschichte zu interessieren. «Während in Europa der 2. Weltkrieg tobte, wurde die Jugend in der Schweiz dazu angehalten, sich mit der Heimat auseinanderzusetzen, um den Zusammenhalt zu stärken», erinnert er sich.  In der Sekundarschule in Kirchberg, die er von 1939 bis 1944 besuchte, verfasste er deshalb eine umfangreiche, mit vielen kunstvollen Zeichnungen versehene Arbeit zu Bütikofen und Umgebung, in der er auch den Wurzeln seiner Familie nachspürte. «Damals wurde mein historisches Interesse nachhaltig geweckt», erzählt Zuber. «Auch meine Eltern ermutigten mich stets, mich mit der Vergangenheit zu befassen. Sie hüteten sorgfältig zahlreiche Materialien, die ich im Verlauf der Jahre transkribierte und die mir als Grundlage zur genaueren Erforschung unserer Familiengeschichte dienten.»
 
Der Schneider Christian Zuber kaufte 1786 ein Taunerhaus in Bütikofen
Die Familie Zuber ist seit über zwei Jahrhunderten in Bütikofen ansässig. Im Jahr 1786 siedelte der Schneidermeister Christian Zuber aus Ersigen, der Urururgrossvater von Fritz, nach Bütikofen über: Er erwarb ein kleines Taunerhaus im Bütikofen-Moos mit einem Stück Land, das zur Selbstversorgung diente. Den damals ausgehandelten Kaufvertrag von 1786 erachtet Fritz Zuber aufgrund seiner ideellen Bedeutung als das wertvollste Dokument seiner Sammlung. Durch eine sparsame Lebensführung brachte es die Familie zu bescheidenem Wohlstand. Um 1800 standen in dem etwas abseits vom Dorfkern gelegenen Bütikofen-Moos lediglich drei kleine Taunerhäuser.

Das Zeichnen – seine zweite grosse Leidenschaft
Nach der Sekundarschule und einem Sprachaufenthalt im Welschland absolvierte Fritz Zuber die landwirtschaftliche Schule Rütti. Später übernahm er das Heimwesen der Eltern. Die Arbeit als Bauer nahm ihn vollends in Anspruch. Nebenbei reparierte und baute er auf Anfrage Fahrzeuge, Kipper und Anhänger für die Landwirte in der Umgebung. Dabei kam ihm seine zweite grosse Leidenschaft neben Geschichte, das Zeichnen, zugute: «Die Bauern erklärten mir, was ihnen vorschwebte, und ich fertigte nach ihren Vorstellungen eine Planzeichnung an. Manchmal bedaure ich, dass ich mein zeichnerisches Talent, das ich in der Sekundarschule entdeckte, nicht stärker entwickelt habe», sinniert er. Als Zuber 1987 infolge gesundheitlicher Probleme die landwirtschaftliche Tätigkeit aufgeben musste, blieb ihm etwas mehr Musse, um sich intensiv mit der Erforschung von Bütikofens Entwicklung zu befassen – Schritt für Schritt nahm das Archiv seine heutige Gestalt an. Mit seiner alten Schreibmaschine hält er bis heute seine Entdeckungen und Erkenntnisse fest. Die Faszination für die Vergangenheit lässt ihn auch mit 89 Jahren nicht los.

Die Dokumentensammlung erweist sich als reichhaltige Fundgrube
Zubers Sammlung birgt zahlreiche Informationen und erweist sich als reichhaltige Fundgrube zu den verschiedensten Themen, etwa zur Schulgeschichte. Im Jahr 1819 beschlossen die Bütikofer eine eigene Schule zu gründen. Auslöser bildete der Platzmangel im Schulhäuschen in Kirchberg. Der Unterricht fand zunächst im ersten Stock des Ofenhauses der Familie Schweizer statt, später im Bauernhaus von Johannes Gygax, der seine Stube für den Schulbetrieb zur Verfügung stellte. Das benötigte Mobiliar fertigten die Bauern selber an. 1847 wurde schliesslich im Bütikofen-Moos, mit Unterstützung der Gemeinde Kirchberg, ein neueres Stöckli erworben und zum Schulhaus umfunktioniert. Der Schulbezirk Bütikofen genoss weitherum einen guten Ruf, da immer wieder fähige und motivierte Lehrer engagiert wurden. Zu ihnen gehörte der talentierte Schulmeister Adam Stoll, der von 1826 bis 1832 in Bütikofen wirkte. Seinem Geschick ist es zu verdanken, dass die Knaben und Mädchen in Bütikofen – bereits vor der Reform des Schulwesens in der Regenerationszeit durch den Erlass des ersten Primarschulgesetzes im Jahr 1835 – einen ansprechenden Unterricht erhielten. Später wechselte Stoll an die Primarschule in Ersigen.

Den Quellen und Schriftstücken ist weiter zu entnehmen, dass die Einwohner Bütikofens nicht immer glücklich mit ihrer Zugehörigkeit zur Gemeinde Kirchberg waren. In den Jahren 1857 und 1867 artikulierten sie das Begehren, sich vom grossen Nachbarn loszulösen, um eine eigene Einwohnergemeinde zu bilden, doch der Regierungsrat des Kantons Bern lehnte ihr Bestreben ab. Allerdings wurde Kirchberg verpflichtet, die Strassenverbindung zum abgelegenen Bütikofen zu verbessern. 1874 wurde die erste direkte Strasse, die bis heute in erweiterter Form benutzt wird, zwischen Kirchberg und Bütikofen eingeweiht – zuvor mussten Fuhrwerke stets den Umweg über Ersigen in Kauf nehmen. Einen weiteren Meilenstein für die infrastrukturelle Erschliessung von Bütikofen stellte der Bau der Ey-Brücke in Burgdorf im Jahre 1920 dar, die den Zugang zur Zähringerstadt massiv erleichterte.

«Schön isch’s im Bütikofetal»
Allen, die sich für die Ortsgeschichte interessieren, gibt Fritz Zuber gerne und bereitwillig Auskunft. Einen Grossteil seines Archivs wird er der Einwohnergemeinde Kirchberg hinterlassen. Er freut sich, sofern es das Schicksal erlaubt, seinen Lebensabend weiterhin im geliebten Bütikofen zu verbringen. Folgende Zeilen aus dem Bütikofen-Lied, verfasst von Frieda Grossenbacher-Mäder im Jahr 1935, sprechen ihm aus der Seele:

«Es Dörfli lyt im Bärnerland,
Das ghört no ganz em Buurestand,
Da sy si no vom alte Schlag,
Es wärchet eine, was er mag.
Scho früeh bym erste Sunnestrahl
Grüesst är sys Bütikofetal.»

Markus Hofer


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