Interview mit Thomas Bichsel, Präsident EHC Burgdorf

  31.03.2017 Aktuell, Burgdorf, Vereine, Sport

«D’REGION»: Wie geht es Ihnen seit die Medienmitteilung an die Presse verschickt ist?
Thomas Bichsel: Man muss der «Mähre ins Auge schauen», auch wenn es ungemütlich ist. Die Probleme kann man nicht nur vor sich herschieben und nichts dagegen unternehmen.

«D’REGION»: Wie haben die Partner des EHC Burgdorf (Club 99, die Stadt Burgdorf und die Localnet Arena) auf die persönlichen Informationen zur Lage des Vereins im Vorfeld des Versandes der Medienmitteilung reagiert?
Thomas Bichsel: Jeder wusste, dass es in den letzten paar Jahren nur dank grossen persönlichen und finanziellen Engagements von verschiedenen Personen weiterging und der Verein nur so seinen Verpflichtungen nachkommen konnte.

«D’REGION»: Sie sind mit dem Vorsatz als Präsident des EHCB angetreten, die Finanzen des Vereins zu sanieren. Offensichtlich ist dies nicht gelungen?
Thomas Bichsel: Das ist eine Tatsache. Dies ist auch der Grund, wieso wir nun die Handbremse gezogen haben und an die Öffentlichkeit gelangt sind. Es muss ein Umdenken geschehen. Man kann nicht mehr länger wegschauen und die Probleme verdrängen. Wir sind definitiv nicht dort, wo wir vor fünf Jahren hinwollten.

«D’REGION»: Was ist in den letzten fünf Jahren seit Ihrem Amtsantritt falsch gelaufen?
Thomas Bichsel: Aus dem Sponsoring und von Gönnern fliessen zu wenig Mittel. Eine Ausnahme stellt hier der Club 99 dar. Es fehlen vor allem die kleinen Beträge, wie zum Beispiel durch Puck- und Stockspenden. Es fehlt uns die Hartnäckigkeit dranzubleiben, um auch diese kleinen, aber wichtigen Beiträge zu sammeln. Es gelang uns, einige ehemalige Geldgeber zurückzugewinnen, doch es war vor allem die
1. Mannschaft, die namhafte Sponsoren brachte.
Im Weiteren sind die Ausbildungsbeiträge anfangs Saison jeweils schwer zu definieren. Und nicht jeder, der als Ur-Burgdorfer im Team spielt, gilt auch nach dem Reglement als solcher. Im Nachwuchs werden ebenfalls Ausbildungsentschädigungen fällig, wenn ein Spieler ursprünglich in einem anderen Verein ausgebildet wurde.

«D’REGION»: Wie setzen sich die Ausgaben des Vereins in etwa zusammen?
Thomas Bichsel: Die Eiskosten betragen rund 200 000 Franken, 1. Mannschaft inklusive Trainer und Spielbetrieb 140 000 Franken, Schiedsrichter 30 000 Franken, Ausbildungsentschädigungen 45 000 Franken inklusive der Lizenzen, 50 000 Franken Nachwuchstrainer, 20 000 Franken Transporte, 60 000 Franken Ausrüster.

«D’REGION»: Auf der Strasse wird oft die Frage aufgeworfen, ob die
1. Mannschaft aktuell oder in den letzten Jahren zu teuer ist oder war?
Thomas Bichsel: Die 1. Mannschaft gehört zu den günstigsten der Liga. In der Gruppe 2 hat nur gerade der EHC Adelboden ein noch tieferes Budget. Nicht das Geld kann entscheidend sein, dass ein Spieler beim EHCB spielt. Der Weg, Infrastruktur, Trainer, Trainingsqualität und Teamgeist müssen den Ausschlag für einen Spieler geben, dass er sich für den EHC Burgdorf entscheidet. Beim EHC Burgdorf wird mit Herzblut gespielt und nicht des Geldes wegen.

«D’REGION»: Eine grosse Nachwuchsbewegung mit über 200 Kindern und Jugendlichen braucht auch das entsprechende Trainings- und Matcheis. Gibt es da Zahlen dazu?
Thomas Bichsel: Die Kosten für das Nachwuchseis belaufen sich auf etwa 165 000 Franken. Hier werden wir vor allem durch den Club 99 und die Stadt Burgdorf unterstützt. Anders ist es nicht möglich, denn kein mir bekannter Club in der näheren beziehungsweise weiteren Umgebung muss so viel Geld für das Eis bezahlen.

«D’REGION»: Die Ausbildungsentschädigungen gehören zu den grösseren Aufwendungen. Hat es zu viele «Auswärtige» im Kader?
Thomas Bichsel: Ja, das stimmt bedingt. Mit der Zusammenarbeit im «Hockey-Country» unter Leitung des SC Langnau ist der eine oder andere Spieler zum EHCB gestossen, der schon im Nachwuchs Kosten auslöst. Es ist das Ziel, dass für die Partnervereine im «Hockey-Country» künftig keine Ausbildungsentschädigungen mehr entstehen.

«D’REGION»: Will man den Weg des Ausbildungsklubs weiterverfolgen, dürfte es wohl kaum Sparpotenzial im Verein geben?
Thomas Bichsel: Das ist klar. Der EHCB bleibt ein Ausbildungsverein. Doch auch unsere 1. Mannschaft darf für Höhepunkte wie die Playoff-Qualifikation oder den Swiss Ice Hockey Cup leben und kämpfen. Genauso wie unsere Junioren Top, welche die Aufstiegsspiele bestritten haben und Rang vier belegten. Am meisten Freude macht unsere Erfassungsstufe. Per heute spielen in der nächsten Zeit 24 neue Bambini für unseren Club.

«D’REGION»: Wenn die Fixkosten kaum abzubauen sind, dann müssen mehr Einnahmen generiert werden.
Thomas Bichsel: Wir hoffen mit der Aktion «Zämeha-Burgdorf» und der Zusammenarbeit mit dem Sky-Festival neue Einnahmen zu kreieren. Wir sind positiv gestimmt, dass auch mit dem neuen Pächter des Restaurants «Overtime» eine gute Zusammenarbeit möglich ist. Im Weiteren sollen durch vermehrte gesellschaftliche Aktivitäten im Hospitality-Bereich Mehreinnahmen möglich werden.

«D’REGION»: Was haben Sponsoren und Gönner davon, wenn sie den EHCB unterstützen?
Thomas Bichsel: Zum einen können sie Kinder und Jugendliche bei ihrer Entwicklung und einem Teil der Lebensschule unterstützen. Zum anderen haben sie die Möglichkeit, über den Club 99 oder andere Sponsorengruppen Beziehungen zu knüpfen und so einen gewissen Gegenwert zu erhalten.

«D’REGION»: Ein Vorwurf, der immer wieder zu hören ist, ist, dass der EHC Burgdorf neben Eishockey­spielen nichts mache. Früher waren da ein Lotto und ein Sommernachtsfest.
Thomas Bichsel: Der Vorwurf ist sicher nicht unbegründet. Genau das ist eine der Schwachstellen. Wir müssen in Zukunft alles daran setzen, durch die Zusammenarbeit im und um den Verein Sympathien zurückzugewinnen.
Interview: Rolf Knuchel


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