Heftiger Frost zu einem schlechten Zeitpunkt

  24.04.2017 Aktuell, Region

Haben Sie um Ihre frisch angepflanzten Balkonpflanzen gebangt, sich um das Aprikosenbäumchen im Garten gesorgt oder sich einfach morgens über kalte Finger oder die zu dünn gewählte Jacke geärgert? Ungewöhnlich kühl waren die vergangenen sternenklaren Nächte.
Einige aus unserer Region verbrachten sie schlaflos. Viele Bauern hatten Angst um ihre Kulturen. Besonders Obstbauern kämpften mit vereinten Kräften gegen die Kälte.
So auch die Familie Röthlisberger in Ersigen. Ein reiner Obstbetrieb, spezialisiert auf Äpfel und Kirschen, sogar preisgekrönt. Die Prognose war eindeutig und besorgniserregend. Ausgerechnet in diesem empfindlichen Wachstumsstadium, der Blütezeit,  bedeuten Temperaturen unter null Grad  einen Ernteausfall. Die sicherste Variante wäre ein Bewässern der Blüten. Die Eisschicht würde wie eine Isolation wirken. Nur funktioniert das nur mit einer teuren, ganzflächigen Sprinkleranlage. Diese Möglichkeit steht den wenigsten Bauern zur Verfügung. Alternativen mussten gesucht werden. Die Familie mobilisierte Helfer und Material. Erst wurde das Gras zwischen den Bäumen kurz gemäht. Mit diesem freien Boden versuchte man, tagsüber die optimale Wärmespeicherung durch die  Sonneneinstrahlung zu bekommen. Die Prognose lag bei minus drei Grad. Mit Feuer in Form von Kerzen oder kleinen Holzschnitzelhaufen liess sich die Temperatur in der kritischen Höhe um zwei bis drei Grad anheben. Erfolgsaussichten im Nullgradbereich. Für 7500 Bäume wurden 1300 Feuer in der ersten Frostnacht gezündet. Die leichte Bise half mit. Der Kontrollblick auf das Thermometer liess Hoffnung aufkommen.
Die nächste Frostnacht leider nicht. Einen Meter ab Boden zeigte es bittere minus sechs Grad. Dazu kaum Wind und viel Rauch. Für die Helfer / innen und die empfindlichen Blüten sehr schlechte Bedingungen.
Die landläufige Meinung, es gäbe für alles eine passende Versicherung, trügt. Was bedeutet es für einen Familienbetrieb, wenn der Grossteil des gesamten Ernteertrages ausfällt? Schlaflose Nächte auch wenn die Temperaturen wieder milder werden? Frostschäden verursachen zudem einen Mehraufwand an Pflege, jedoch ohne Ertrag, sind aber für gesunde Bäume und gute Zukunftsaussichten unerlässlich.
Im Gespräch mit Sabine und Hannes Röthlisberger fällt auf, wie tapfer sie sich der Situation stellen. Keinesfalls wollen sie vorgängig jammern, ist doch das genaue Ausmass des Schadens erst in einem Monat sichtbar.
Was geschieht aber mit all den treuen Kunden des Hofladens und Grosskunden, welche nun auf andere, nicht betroffene Lieferanten ausweichen müssen? Werden die auch in Zukunft ihr Obst wieder bei ihnen beziehen? Und wird die Kundschaft eine Preisanpassung goutieren?
Ich persönlich war fasziniert vom grossen nächtlichen Lichtermeer. Ungewöhnlich der intensive Rauchgeruch am Morgen. Was aber bedeuten diese heftigen Frostnächte für solche Betriebe? Eine Frage, die zur Zeit noch nicht beantwortet werden kann. Aber beim nächsten Biss in einen Apfel zum Nachdenken anregt.Nicole Anliker


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