Die Millionen bleiben in der Stadtkasse

  12.02.2018 Aktuell, Burgdorf, Gesellschaft, Politik

Der Stadtrat lehnt nach langer Diskussion auch den zweiten Vorschlag des Gemeinderates für bauliche Sanierungen und 41 neue Parkplätze beim Friedhof ab.

Am Auftrag vorbei
Die überarbeitete Vorlage erweist sich bei genauer Prüfung als «aufgekochte Variante der im Mai 2017 abgelehnten Vorlage», monierten mehrere Ratsmitglieder. Damals stimmte der Stadtrat gegen das Ausführungsprojekt Friedhof 2+4, weil ihm die Kosten zu hoch erschienen. Nun ging es erneut um Fr. 2,5 Millionen, wobei dem Stadtrat trotz der geforderten Kostenreduktion auf Fr. 2 Millionen lediglich Einsparungen von ein bis acht Prozent in Aussicht gestellt wurden.

Wie verärgert ein Teil der Stadtratsmitglieder war, zeigte sich schnell. SVP-Sprecher Daniel Beck beantragt zu Beginn der Diskussion, nicht auf das Geschäft einzutreten, da der Gemeinderat seinen Auftrag bezüglich niedrigerer Kosten für die zwei Kreditbereiche «ungenügende Parkierungsverhältnisse inkl. Zugangs- und Zufahrtssituation» sowie «zeitgemässe Bedingungen für Personal- und Arbeitsräume und die Sanierung bzw. der Neubau der Geräteräume» nicht erfüllte. Dieser Rüge schliessen sich mehrere Votanten an, plädieren aber für eine Diskussion, um die Beanstandungen fair und offen zur Sprache zu bringen. Die Abstimmung endet mit 26 Ja- zu 12 Nein-Stimmen für Eintreten.

Völlig neue Abstimmungsvorlage
Namens der Geschäftsprüfungskommission hält Thomas Gerber fest, die GPK habe das Geschäft «eingehend besprochen. Wie weit die Vorgabe des Stadtrates vom Mai 2017 berücksichtigt worden ist, bleibe offen. Darüber müsse nun die Legislative entscheiden.» Deshalb überweise die GPK die Vorlage an den Stadtrat.

Gemeinderat Theophil Bucher betont, der Stadtrat habe 2017 auf ein Kostendach verzichtet und Variantenvorlagen mit Kosteneinsparungen verlangt: «Wir arbeiteten deshalb Einsparmöglichkeiten aus, ohne ein komplett neues Projekt zu erstellen, das zwischen Fr. 50 000 und Fr. 100 000 gekostet hätte. Jedoch war es nicht möglich, Einsparungen in der Höhe von rund 20% vorzunehmen, da sonst wichtige Anliegen hätten gestrichen werden müssen.» Er legt zwei Varianten vor – Variante 1 sieht Einsparpotenzial in der Höhe von 1% vor, Variante 2 Einsparpotenzial von 8% – bei einem finanziellen Unsicherheitsfaktor von +/– 15%. Bucher gibt zu bedenken, dass eine weitere Verschiebung der dringenden Sanierungsarbeiten beim 85 Jahre alten Friedhof zu einer Mehrbelastung künftiger Generationen führe. Er wünscht eine getrennte Abstimmung über die Fragen Parkplatz und Gebäude.

Enttäuscht bis wütend
Gemäss Anna de Quervain (Grüne) ist das ursprüngliche Projekt zu wenig optimiert worden. Deshalb sei nur das Teilprojekt Bauten gutzuheissen. Für die Parkplätze müsse eine finanziell abgespeckte Vorlage ausgearbeitet werden: «Eine Million Franken für 41 Parkplätze ist zu viel.» Yves Geisler (BDP) erachtet es als nötig, die Situation der Friedhof-Mitarbeitenden zu verbessern. Dennoch empfiehlt er, die Vorlage abzulehnen, da der Gemeinderat den stadträtlichen Auftrag nicht umgesetzt habe. Peter von Arb (SP) rügt ebenfalls, dass der Gemeinderat die «Rückweisung von Mai 2017 unberücksichtigt liess». Das eindeutige Signal sei von Exekutive und Verwaltung missachtet worden. Dennoch stimmt eine knappe Fraktionsmehrheit der Partei für die vorliegende teurere Variante: Werde beim Friedhof gebaut, dann richtig.

Laut Jürg Kämpf hat «die FDP nicht erwartet, erneut das gleiche Projekt ohne Alternativen vorgelegt zu bekommen. Wir fühlen uns nicht ernst genommen. Wo ist das Gspüri beim Gemeinderat geblieben?» Er empfiehlt, das Geschäft abzulehnen. Marcel Meier (SVP) schliesst sich seinem Vorredner an. GLP-Sprecher Ulrich von Känel spricht ebenfalls Klartext: «Wir haben uns über den Gemeinderat empört und Stimmfreigabe beschlossen.» Franziska Cottier-Rupp (Grüne) plädiert für die Sanierung der Gebäude, da diese  seit 1933 «zweimal abgeschrieben sind». Die Zustände – besonders in den Toiletten – seien unzumutbar. Dem stimmt auch Fabian Käsermann (SP) zu: «Die Arbeitsbedingungen auf dem Friedhof sind nicht zeitkonform.» Esther Liechti-Lanz (EVP) empfiehlt
ebenfalls die neue Variante 1 zur Annahme.

Theophil Bucher beteuert, der Gemeinderat sei vom vorgelegten Projekt überzeugt. Er sei sich bewusst, dass das Vorgehen der Exekutive als Provokation empfunden werden könne. Die Variante 1 basiere auf der im Mai abgelehnten alten Vorlage, Variante 2 zeige aber echte Alternativen auf.

Stadtrat spielt nicht mit
Der Stadtrat entscheidet, dass über die jeweils teureren Ausführungen abgestimmt wird. Er liess sich allerdings nicht überzeugen. Der Kredit von Fr. 1,572 Mio. für «Umbau und Erweiterung Betriebsgebäude Friedhof» scheiterte knapp mit 18 Nein- zu 17 Ja-Stimmen bei 3 Enthaltungen, derjenige von Fr. 953 000 für den Neubau «Parkierungsanlage Friedhof» deutlich mit 24 Nein- zu 5 Ja-Stimmen bei 9 Enthaltungen. Einzig der Nachkredit zur Projektierung von Fr. 53 552 passiert mit 21 Ja zu 15 Nein und 2 Enthaltungen.

Gerti Binz

 


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