Energie-Symposium zur Zukunft der Mobilität

  27.06.2018 Aktuell, Bildung, Wirtschaft, Burgdorf, Bildung / Schule, Gesellschaft, Region, Politik

Moderatorin Sonja Hasler, bekannt von Radio und Fernsehen SRF, war auch am 15. Burgdorfer Energie-Symposium zum Thema «Die Zukunft der Mobilität – alles elektrisch?» äusserst gut vorbereitet, witzig und geistreich. «Wir starten mit einem richtigen Elektro-Turbo»: mit Jürg Grossen, Präsident glp, Präsident Swiss eMobility und Europameister mit dem FC Nationalrat. «I ha zersch e Frag zum Schutte: Stimmt das, dass ds entscheidende Tor ke Grüenliberale, sondern e SVPler gschosse het?», wollte sie von Grossen wissen. «Weles isch ds entscheidende Tor?», gab sich Grossen erstaunt. Sie keck zurück: «Das, woni meine.» Er in Verteidigungsposition: «Auso, i darf säge, dass ig am Vortag i de zwe erschte Spiel drü Goal gschosse ha. Und am zwöite Tag ha ig drümal am SVPler Hannes Germann e Pass ufgleit, dass är het chönne d Goal mache.» «Es passiert ja nid immer, dass die Grüenliberale dr SVP e Pass… Pause …guet, jtz lö mir das», so Hasler schmunzelnd. Und damit hatte sie die vorwiegend männlichen Besucher in der Aula Gsteighof bereits in ihrer Tasche.

Elektrisch, erneuerbar, dezentral und digital
Nach seinem energiegeladenen Referat brachte es Jürg Grossen auf den Punkt: «Die Energie- und Mobilitätszukunft gehören zusammen. Sie sind elektrisch, erneuerbar, dezentral, digital und viel sicherer, als wir sie heute haben.» Nach Zitaten von diversen Persönlichkeiten wie dem Chef von Nokia, der noch im Jahr 2007 prophezeit hatte, dass das I-Phone ein Nischenprodukt sei, zeigte Grossen auf, was Disruption bewirken kann, dass sie neue Märkte kreiert, aber bestehende auch zerstört. Der Wechsel von der Schallplatte auf CD dauerte 36 Monate, derjenige von der analogen auf die digitale Fotografie 48 Monate. Beim Elektroauto verlaufe die Entwicklung wahrscheinlich nicht so schnell. Das Auto mit Verbrennungsmotor habe sich enorm weiterentwickelt, «aber es isch haut es Aasuge, Verdichte, e Mikro­explosion und e Usstoss». Zwei Drittel seien Abgase, lediglich ein Drittel diene der Fortbewegung.  

96 Wohnungen
Grossen ist Elektroplaner und betreibt in Frutigen ein Unternehmen mit 40 Mitarbeitenden. Inklusive fünfköpfige Familie benötigen sie noch 18 Prozent Strom im Vergleich zu einem Gebäude mit gleicher Nutzungsart. «Wir versorgen uns mit der Energie vom Dach und können noch 75 000 km elektrisch fahren», so der Grünliberale.
In Burgdorf wird gegenwärtig ein Quartier von Grossen aufgerüstet: 96 Wohnungen, 22 Gebäude, 22 Photovoltaikanlagen, zehn Elektroauto-Ladestationen und eine Batterie. «Allein beim Netzanschluss sparen wir so fast 100 000 Franken ein», so Grossen. Er sei überzeugt, dass sich Lifestyle, Komfort und Sicherheit heute mit Energieeffizienz und erneuerbarer Energie perfekt verbinden liessen.

Stromer und Thomas Binggeli
Thomas Binggeli, Thömus AG/myStromer AG, CEO und Verwaltungsrat, Erfinder des E-Bikes Stromer, verkaufte 2011 das Unternehmen myStromer AG an den inzwischen verstorbenen Investor Andy Rhis. Gleichzeitig wurde er Mitbesitzer von Rhis’ Fahrrad-Holding ISH. Thömu schwärmte am Energie-Symposium in Burgdorf, dass sein Beruf Velobauer der schönste sei. Er dürfe Sachen erfinden, produzieren und verkaufen. Was ihn aber besonders freue, sei, dass die Elektromobilität nicht nur im urbanen Bereich von A nach B stattfinde, sondern auch den Sportbereich erfasst habe. «Und alle Menschen, welche eine natürliche Alterung durchlaufen, können sie zu einem gewissen Teil dank dem E-Bike wettmachen.» Kürzlich habe er zwei Velos an 84-Jährige verkauft. «Ds Elektrovelo isch e Riesegschicht für d Zuekunft», prophezeite er. Nach Thömus enthusiastischen Worten meinte Moderatorin Sonja Hasler trocken: «Wott öpper scho grad bstelle? Meh Engagement geit nümm!»


Diskussionsausschnitte
«Eigentlich heit ja dir ds Rad nöi erfunde mit em Stromvelo 2001», wandte sich Hasler an Prof. Dr. Andrea Vezzini. Für ein Rennen in Australien hatten er und sein Team das erste schnellfahrende E-Bike mit Lithium-Ionen-Batterie gebaut. Den Elektromotor für das erste elektrobetriebene Segelflugzeug stammt ebenfalls von Vezzini. Reto Jaussi, Direktor ASTAG, Schweizerischer Nutzfahrzeugverband, war per Dieselfahrzeug nach Burgdorf ans Energie-Symposium angereist. Beim Schwertransport sei ein Umsteigen auf E-Mobilität wegen der grossen Distanzen und der Kosten eher schwierig, meinte er auf eine Frage von Hasler. Grossen empfahl ihm, mit den Gütern auf die Bahn zu gehen. «Sämtliche Fahrzeuganbieter werden in sehr naher Zukunft E-Mobilität auf den Markt bringen – mit Batterien von Reichweiten über 300 km», klärte Vezzini auf.

Barbara Schwarzwald


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote