Zwei Bernerinnen an den Weltreiterspielen in den USA

  30.07.2018 Aktuell, Fraubrunnen, Sport, Hettiswil

Die zwei Freundinnen, Syra Schmid (20) aus Fraubrunnen und Zoe Maruccio (23) aus Hettiswil, sind beide mit Pferden gross geworden. Zum Voltige sind die beiden durch ihre Familien gekommen, Zoe durch ihre Grossmutter und Syra durch ihre älteren Schwes­tern. Von klein auf waren sie fasziniert vom Wesen der Pferde und liessen sich so schon früh in ihren Bann ziehen. Voltigieren, Akrobatik zu Pferd, ist ein nicht sehr bekannter und verbreiteter Sport in unserem Land und auch keiner, mit dem man das grosse Geld verdienen kann, doch Syra und Zoe sind begeistert davon. Sie trainieren ausser am Sonntag jeden Tag und dies mit Freude und Leidenschaft. Daneben widmen sie sich auch der Nachwuchsförderung und unterstützen Trainings mit Kindern. Zoe und Syra reiten auch. Die Pferde, die im Voltige laufen, absolvieren höchstens zwei Voltige-Trainings pro Woche und zum Ausgleich gibt es Dressur-, Springstunden und viel Ausreiten im Gelände. Syra und Zoe umschreiben Voltige mit folgenden Worten: «Im Voltige werden turnerische und akrobatische Übungen auf einem an der Longe im Kreis galoppierenden Pferd gezeigt. In der Kategorie Pas de deux sind wir beide immer gemeinsam auf dem Pferd und zeigen eine Kür zu einer selbstausgewählten Musik. Die von uns geturnten schwierigen Übungen, die anstrengend sind und volle Konzentration erfordern, sollen auf das Publikum einfach und leicht wirken. Wir beide, das Pferd und unser Longe­führer Michael Heuer, bei ihm steht auch unser Pas-de-deux-Pferd Latino, sind ein Viererteam. Michael Heuer trainiert auch die Voltige-Gruppe Biel-Ipsach, in der wir Mitglieder sind. Das Entstehen eines neuen Programms entwickelt sich in verschiedenen Stufen. Die Kürübungen müssen zusammengestellt und die passende Musik dazu gefunden werden. Dafür wird auch die Hilfe von Trainern aus dem Ausland  beigezogen. Dieses Jahr half ein Trainer aus Deutschland das Kürthema und die passende Musik dazu zu finden und die Kür zusammenzustellen. Später arbeiteten wir mit einem Trainer aus Frankreich an der Choreografie. Diese haben wir dann noch mit einer Profi-Tänzerin verfeinert. Zudem wurden spezielle zum Kürthema passende Dress von einer Schneiderin auf Mass gefertigt. Diese haben wir in Zusammenarbeit mit der Schneiderin selber entworfen.
Die Kür soll nicht nur eine akrobatische Vorführung auf dem Pferd sein. Wir setzen uns mit dem Thema sehr intensiv auseinander, versuchen, uns möglichst authentisch mit der Figur in der Kür zu bewegen, und geben so der Vorführung den nötigen Ausdruck. Es braucht Ausdauer-, Beweglichkeits- und Krafttraining und jede einzelne Übung muss perfekt einstudiert sein. Wir beide, das Pferd und der Longenführer müssen uns aufeinander verlassen könnnen. Gegenseitiges Vertrauen ist extrem wichtig.» In der diesjährigen Kür verkörpert Syra die Medusa, (ein schlangenhaftes Wesen aus der griechischen Mythologie) und Zoe die Schwertkämpferin. Sie turnen und leben den Kampf zwischen den beiden auf dem Pferd und am Schluss der Kür kommt es zur Versteinerung der Schwertkämpferin.

Wettkampf in Amerika
Ein lang ersehnter Wunsch und Traum geht nun für die beiden in Erfüllung. Dank der sehr guten Leistungen (erster Rang am CVI Bern und dritter Rang am CVI-Meisterclass in Wiesbaden) erreichten sie die hohen Leistungsanforderungen vom Schweizerischen Pferdesportverband. Sie wurden für die World Equestrian Games, die vom 11. bis 23. September 2018 in Tryon im Bundesstaat Carolina durchgeführt werden, selektiert. Neben Syra und Zoe sind auch das Team Lütisburg, drei Damen-Einzelvoltigiererinnen und noch ein Pas-de-Deux aus der Region Zürich selektiert. Zudem hat sich auch Lukas Heppler (25) aus Burgdorf als einziger Herr für die Kategorie Einzel-Herren qualifiziert. Die Schweizer Equipe wird fünf Pferde nach Tryon mitnehmen. Darunter auch das Pferd Latino vom Pas de deux Zoe/Syra. Die Pferde reisen zuerst zum Flughafen nach Liège (Belgien), wo sie von Fachleuten mit Transportflugzeugen nach Greenville (USA) geflogen werden.
Nur alle vier Jahre finden die Weltreiterspiele (WEG) statt und haben im Pferdesport schon nahezu einen mit einer Olympiade vergleichbaren Stellenwert. Während den zwei Wochen werden die Weltmeister in den Disziplinen Springen, Dressur, Vielseitigkeit, Para-Dressur, Fahren, Reining, Distanzreiten und Voltigieren erkoren. Seit 2012 starten Zoe und Syra zusammen in der Kategorie Pas de deux und können auf eine Reihe beachtlicher Erfolge zurückblicken. An der EM 2015 in Aachen und an der WM 2016 in Le Mans erreichten sie je den sechsten Rang. Im März 2018 konnten sie den zweiten Rang am FEI-World-Cup-Finale in Dortmund feiern. Speziell erwähnenswert ist, dass Zoe und Syra in der Kategorie Pas de deux jeweils auch gegen Herr/Dame-Kombinationen starten. Die Herren haben den Vorteil, dass sie mit ihrer Kraft noch spektakulärere Hebefiguren mit den Damen turnen können. Zudem sind Zoe und Syra im Vergleich zu ihrer Konkurrenz aus dem Ausland noch sehr jung.

Ein starkes Team
Marlis Schmid, die Mutter von Syra, begleitet die beiden seit vielen Jahren. Sie coacht die beiden, organisiert Trainer und Trainings, und begleitet sie zu den Wettkämpfen. Seit ihre Schützlinge auch an internationalen Championaten teilnehmen können, wurden  die Zusatztrainings intensiviert. Die gute Zusammenarbeit mit internationalen Trainern, aber auch mit speziellen Fachtrainern für Kraft, Beweglichkeit und natürlich Choreografie hat sicher wesentlich zu den Erfolgen in den letzten Jahren beigetragen. Zudem wird Marlis Schmid die Schweizer Voltige-Delegation als Equipenchefin des Schweizerischen Pferdesportverbandes in die USA begleiten. Bei andern internationalen Wettkämpfen ist sie jeweils auch als Equipenchefin dabei und ist die Koordinatorin zwischen Verband, Veranstaltern und Teilnehmern. Sie ist überzeugt, dass Zoe und Syra dank ihrer Motivation, ihrem Können und der Leidenschaft zum Sport noch mehr  Leistungspotenzial haben. Sie werden ehrenvoll die Schweiz und den Kanton Bern vertreten und den beiden wäre zu wünschen, dass sie ihre Ziele an den World Equestrian Games in Tryon erreichen werden, ihre Topleistungen abrufen können und mit einer guten Platzierung zurückkommen werden.  

Rosmarie Stalder


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