«Viele sehen überhaupt zum ersten Mal Schnee»

  23.07.2019 Aktuell, Foto, Sport, Ersigen

Während Ende Juni/Anfang Juli in der Schweiz ein Hitzesommer begann, stand Patrick Gasser bereits auf seinen Skis. Denn dieses Jahr hat es ihn weit weg von der Heimat verschlagen: «Ich arbeite normalerweise für die Schweizer Skischule von Saas-Fee im Wallis und lebe auch dort», erklärt der 29-jährige Ersiger Patrick Gasser. «Doch diesen Sommer bin ich während drei Monaten als Skilehrer in den australischen Alpen tätig.» Der studierte Journalist und ausgebildete Skilehrer erzählt der Zeitung «D’REGION» von seiner Zeit in Down Under.
Das Skigebiet Mount Buller, welches, so Patrick Gasser, «nur vier Stunden» von Melbourne entfernt ist, unterscheidet sich aber ganz deutlich von schweizerischen Pistenverhältnissen. Patrick Gasser erklärt: «Während in Saas-Fee maximal 100 Skilehrer für die Schweizer Skischule unterwegs sind, sind es hier bis zu 350 Lehrer. Sie betreuen bis zu 2000 Gäste am Tag. Absoluter Rekord war letztes Jahr mit 12 000 Gästen an einem Tag. Dann werden die Pisten etwa so voll wie in Kirchberg die Badi an einem heissen Sommertag.» Denn für viele Menschen ist der Besuch des Skigebiets um Mount Buller eine einmalige Gelegenheit. «Schnee ist in Australien so selten, dass die Besucher sogar Eintritt bezahlen, um Schneebälle zu werfen. Rund 80 Prozent der Gäste sind Menschen, die aus Mel­bourne hochkommen, Skiausrüstung mieten und sich auf den Schnee wagen. Viele von ihnen sehen überhaupt zum ersten Mal Schnee.»
Dass man bei Australien nicht direkt an Schneesport denkt, ist natürlich auch wetter- und klimabedingt. «Da bisher der grosse Schnee ausgeblieben ist, und dabei sprechen wir ab 10 cm in 24 Stunden von Grossschneefall, fahren wir zurzeit ausschliesslich auf Kunstschnee.» So ist aktuell auch nur rund ein Drittel der 80 km langen Pisten geöffnet und knapp 100 Schneekanonen und drei Beschneiungsanlagen (sogenannte snow factories) versorgen die geöffneten Strecken mit genügend Schnee. Dass auch das Wetter selbst eher bescheiden ist, wurde Patrick Gasser schon sehr früh klar: «Zur Skilehrer­uniform gehören hier auch ein langer Regenmantel und Gummihandschuhe.» Die braucht er nun auch dringend. Seit Wochen geben Regen, Hagel, Graupel und Eisregen bei Temperaturen von -1 bis +2 °C den Ton an und vereisen alles innerhalb von Minuten.
Auch was die Unterkunft angeht, muss der Schweizer auf einige Annehmlichkeiten verzichten. «Ich teile mir ein 3 x 4-m-Zimmer mit drei anderen Skilehrern. Einer kommt aus Tschechien, einer aus Slowenien und einer aus Österreich. Wir haben ein eigenes Bad, was schon ein enormer Luxus ist, denn die Küche teilen wir uns mit 35 anderen Personen.»
Nichtsdestotrotz gefällt es dem Ersiger dort sehr gut. «Durch den Kontakt mit Skilehrern aus der ganzen Welt lerne ich sehr viel und auch das Zwischenmenschliche kommt nicht zu kurz. So treffen sich die deutschsprachigen Skilehrer etwa jeden Donnerstag im Hotel eines österreichischen Auswanderers, wo man Bier trinkt und zusammen Lieder singt. Momentan könnte ich mir nichts Besseres vorstellen.»
Noch bis Mitte September ist Patrick Gasser am Mount Buller im Einsatz und unterrichtet Gruppen mit vier bis zehn Teilnehmern. Am 20. September 2019 fliegt er zurück in die Schweiz.

zvg / David Kocher


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote