Dein Freund und Helfer auch in Krisenzeiten

  28.04.2020 Aktuell, Foto, Burgdorf, Region

Nicht alle Arbeitstätigkeiten können in Zeiten des Coronavirus problemlos ins Homeoffice verlagert werden. Neben den Beschäftigten im Pflege- und Gesundheitssektor stehen unter anderem auch Polizisten an vorderster Front im Einsatz. Nach wie vor setzen sie sich rund um die Uhr dafür ein, dass die öffentliche Sicherheit gewährleistet ist und müssen auch in diesen Zeiten in Notsituationen auf Körpereinsatz zurückgreifen. «D’REGION» hat mit Bendicht Gfeller, Chef Stationierte Polizei Mittelland-Emmental-Oberaargau (MEOA), darüber gesprochen, wie das Virus die Polizeiarbeit belastet und verändert und wie die Bevölkerung reagiert.

«D’REGION»: Welche neuen Herausforderungen stellt das Coronavirus der Kantonspolizei Bern?
Bendicht Gfeller: Auch für uns ist die momenate Situation aussergewöhnlich. Die Abstandsregeln halten wir am Arbeitsplatz und einsatzbezogen so gut als möglich ein – zum Beispiel in den Räumen der Polizeiwachen oder in den Büros. Dort, wo es möglich ist, wird auch im Homeoffice gearbeitet; das betrifft aber vorwiegend die rückwärtigen Dienste. In der sogenannten Grundversorgung ist Home­office schwieriger umzusetzen – schliesslich braucht es die Polizist­innen und Polizisten ja am Einsatzort. Sie müssen in Notfällen sofort ausrücken können.
 
«D’REGION»: Das öffentliche Leben steht zu grossen Teilen still. Wie passt sich die Polizei an?
Bendicht Gfeller: Unser sicherheitspolizeilicher Grundauftrag ist auch in der aktuellen Lage unverändert: Wir gewährleisten die Sicherheit und öffentliche Ordnung im Kanton, sind für die Menschen da und stellen auch weiterhin die polizeilichen Leistungen im ganzen Kanton zugunsten der Bevölkerung sicher – und das 24 Stunden pro Tag und 7 Tage die Woche. Durch die verstärkte Patrouillentätigkeit und angesichts des warmen Wetters, das die Leute nach draussen gezogen hat, sind vor allem die Polizistinnen und Polizisten der Stationierten und Mobilen Polizei gefordert. Sie sind draussen unterwegs und schauen, dass die Massnahmen des Bundes eingehalten werden. Dazu suchen sie das Gespräch und nehmen dort Einfluss, wo die Vorgaben nicht oder nicht so gut eingehalten werden.
Da wir es mit einem Virus zu tun haben, müssen auch wir immer aufpassen, uns nicht anzustecken. Selbstverständlich verfolgen auch wir die Lage weiterhin und beziehen auch mögliche Entwicklungen diesbezüglich in unsere Planung mit ein, um eben auch eine längerfristige Einsatzfähigkeit mit Blick auf mögliche personelle Ausfälle – zum Beispiel aufgrund von Selbst­isolation oder eben gar krankheitsbedingten Ausfällen – sicherstellen zu können. Unsere Grundversorgung wie auch unsere allgemeine Einsatz- und Durchhaltefähigkeit im Kanton Bern ist aktuell gewährleistet.

«D’REGION»: Wie ist die Kantonspolizei Bern mit Schutzmaterialien wie Schutzmasken und Desinfektionssprays ausgerüstet?
Bendicht Gfeller: Unsere Patrouillen führen gewisses Schutzmaterial wie etwa Masken mit, welche bei Bedarf – beispielsweise beim Kontakt mit einer mutmasslich infizierten Person – eingesetzt werden können. Dabei stützen wir uns auf die Empfehlungen des BAG.
 
«D’REGION»: Haben durch das Coronavirus bestimmte Kriminaldelikte im Kanton Bern ab- oder zugenommen?
Bendicht Gfeller: Was wir etwa feststellen können, ist eine rückläufige Tendenz bei den Einbruchdiebstählen in Wohngebäuden. Meistens passieren diese ja typischerweise, wenn niemand zu Hause ist – daher erscheint so ein Rückgang plausibel. Weiter erhalten wir seit Anfang/Mitte März 2020 deutlich mehr Meldungen wegen Unstimmigkeiten oder Auseinandersetzungen unter Nachbarn sowie diesbezügliche Lärmklagen. Auch das ist damit erklärbar, dass die Leute eben mehr und länger zu Hause sind.
Seitdem der Bundesrat die Massnahmen zur Eindämmung des Corona­virus verordnet hat, konnte festgestellt werden, dass im Kanton Bern das Verkehrsaufkommen merklich abgenommen hat. Es werden derzeit auch weniger Unfälle verzeichnet. Was wir hingegen feststellen, ist, dass die Zahl der verzeichneten Raserdelikte seit Anfang Jahr höher ist als in der Vorjahresperiode. Und wir sehen, dass die Widerhandlungsquote – also der Anteil von zu schnell fahrendenden im Verhältnis zu den kontrollierten Fahrzeugen – gestiegen ist und die aktuell registrierten Geschwindigkeitsüberschreitungen in der Tendenz höher ausfallen als in der Vergleichsperiode 2019. Dabei ist aber zu beachten, dass die Anzahl und die Höhe der registrierten Geschwindigkeitsüberschreitungen von verschiedensten Faktoren (z.B. Kontrollorte, Verkehrsdichte, Strassenzustand, Witterung usw.) abhängig sind und von Jahr zu Jahr immer Schwankungen unterliegen.
 
«D’REGION»: Besonders im Ausland haben Fälle von häuslicher Gewalt während des Coronavirus zugenommen. Wird so ein Anstieg auch in der Schweiz erwartet?
Bendicht Gfeller: Wir analysieren die Entwicklung laufend. Eine klare Tendenz lässt sich bei uns aber noch nicht feststellen. In der Schweiz haben wir ja keine Ausgangssperre, wie es andere Länder kennen; die Leute dürfen noch rausgehen zum Spazieren oder Einkaufen.
Wir sind aktuell so aufgestellt, dass wir die polizeilichen Leistungen zuguns­ten der Bevölkerung im Kanton Bern sicherstellen können. Dazu gehört auch die Strafverfolgung, wobei der Schutz der Opfer nach wie vor oberste Priorität hat. Auch können wir bei Gewaltvorfällen weiterhin Massnahmen treffen, wo erforderlich auch in Zusammenarbeit mit anderen zuständigen Behörden.

«D’REGION»: Wie hat sich der konkrete Arbeitsalltag eines Polizisten  in Zeiten des Coronavirus verändert?
Bendicht Gfeller: An unserem Grundauftrag hat sich eigentlich nichts geändert, aber wir sind aktuell noch mehr auf Patrouille. Uns erscheint es in der jetzigen ausserordentlichen Situation wichtig, dass wir im öffentlichen Raum vermehrt präsent sind, auf die Vorgaben und Empfehlungen des Bundesrates aufmerksam machen, Sensibilisierungsarbeit und damit unseren Beitrag dazu leisten, dass die Vorgaben umgesetzt werden.

«D’REGION»: Wie achtet die Polizei in Burgdorf darauf, die hygienischen Massnahmen einzuhalten?
Bendicht Gfeller: Im Alltag müssen sich auch die Polizistinnen und Polizisten – so gut es geht – an die Verordnungen, Verhaltensregeln und Hygienemassnahmen halten. Wir versuchen unter anderem, Kontakte untereinander auf das nötige Minimum zu reduzieren und die Abstandsregeln, wenn immer möglich, einzuhalten. Wir halten uns an die Empfehlungen des BAG. Das ist leider nicht immer gleich gut möglich, etwa, wenn einer Person, die Krankheitssymptome zeigt, geholfen werden muss. Oder wenn sich eine Person bei einer Anhaltung wehrt und in der Folge mit Einsatz von Körperkraft angehalten werden muss. Oder eben auch auf der Fahrt zu Einsätzen, weil unsere Patrouillen aus Sicherheitsgründen in der Regel immer zu zweit unterwegs sind.

«D’REGION»: Zeigt die Bevölkerung generell Verständnis für die Massnahmen? Konnte in den vergangenen Wochen bereits eine Veränderung beobachtet werden?
Bendicht Gfeller: Die grosse Mehrheit der Bevölkerung hat Verständnis für die Massnahmen und setzt diese auch gut um. Auch unsere Präsenz wird meist geschätzt und bisweilen gar verdankt. Hinzu kommt, dass wir auch regelmässig Meldungen aus der Bevölkerung erhalten, etwa, wenn jemand das Gefühl hat, eine Gruppe sei zu gross oder Distanzen würden nicht eingehalten. Das zeigt ja auch, dass die Sensibilität vorhanden ist.
Es ist inzwischen aber auch spürbar, dass die Massnahmen nun schon einige Wochen gelten und es je länger je mehr schwerfällt, ganz zu Hause zu bleiben. Insbesondere am vergangenen Wochenende waren zahlreiche Leute unterwegs, sei es zu Fuss, mit dem Velo oder auch mit Motorrädern. Gerade entlang von Gewässern und in den Naherholungsgebieten, aber auch bei einschlägig bekannten Ausflugszielen oder Treffpunkten waren die Leute anzutreffen. Dass es die Menschen ins Freie zieht, ist in Anbetracht dessen, dass wir nun recht lange schönes Frühlingswetter hatten und auch noch Ostern war, ja auch nachvollziehbar. Aber nichtsdestotrotz gelten nach wie vor die Vorgaben und Empfehlungen des Bundesrats – und da appellieren wir weiterhin an alle, diese einzuhalten.

«D’REGION»: Wie hart greifen die Polizeibeamten durch? Mussten auch schon Menschen im Raum Burgdorf zurechtgewiesen oder gebüsst werden?
Bendicht Gfeller: Es ist nicht unser Ziel, möglichst viele Bussen zu verteilen. Die Massnahmen haben ja zum Ziel, das Virus einzudämmen und die Risikogruppen zu schützen. Da ist die Eigenverantwortung von uns allen zentral. Darum wollen wir erreichen, dass die Massnahmen und Vorgaben aus Überzeugung befolgt und eingehalten werden – und nicht, weil man Angst vor einer Busse hat. Wir setzen darum auf den Dialog und sprechen die Leute dort an, wo wir sehen, dass die Vorgaben nicht oder nicht so gut eingehalten werden. In den allermeisten Fällen zeigen die Leute Verständnis. Es gibt aber leider auch hier ab und zu uneinsichtige Personen, die wir dann büssen müssen.
 
«D’REGION»: Gab es in der Region Burgdorf/Emmental mit Bezug auf Corona Fälle von Betrug oder Wucher, bei welchen die Polizei einschreiten musste?
Bendicht Gfeller: Uns sind hier bis jetzt keine solchen Fälle oder Meldungen bekannt.

Die Polizeiwache Burgdorf an der Du­nantstrasse 1 betreibt nach wie vor ihre üblichen Schalterzeiten von Montag bis Freitag, 8.00 bis 12.00 Uhr und 14.00 bis 17.00 Uhr. Auf Nachfrage informierte die Polizeiwache, dass man auch dort zur Einhaltung der Verhaltensregeln und Hygienemassnahmen Schutzwände und Abstandsmarkierungen eingeführt hat.

Interview: David Kocher


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