Die Altstadt soll zum «Wohnzimmer» von Burgdorf werden

  29.06.2021 Aktuell, Foto, Burgdorf, Gesellschaft, Politik

Bereits seit Jahren gibt die Entwicklung der oberen Altstadt zu diskutieren. Pro Burgdorf, Freunde der Altstadt, Vertretende der Stadt und der Burgergemeinde haben sich mehrmals zu offenen Altstadtforen getroffen, um Ideen und Visionen zu sammeln und unter externer Begleitung umzusetzen.
Der Gemeinderat (GR) hat die Vision verabschiedet. Stadtpräsident Stefan Berger informierte den Stadtrat (SR): Bis im Jahr 2030 soll sich die Burgdorfer Altstadt zu einem attraktiven Treffpunkt für Burgdorfer/innen und Menschen aus der Region entfalten. Die Verantwortlichen haben verschiedene Handlungsfelder definiert, damit sie Ideen konkret umsetzen können. Zu den drei Schwerpunkten gehört der Samstagsmarkt, welcher nicht nur der schönste des Kantons, sondern mit qualitativ hochstehenden Angeboten ein Anziehungspunkt für alle werden soll. Als zweites Handlungsfeld steht das Schlagwort «Slow down – willkommen im Emmental». Gastronomie und Gästebetreuung, bewährte Handwerkskunst und modernes Produktedesign sollen Geschichte und Moderne verbinden. Als Drittes sollen mit einfachen Spielregeln neue Anlässe, lokale Initiativen und Projekte ausprobiert werden. Damit entsteht eine lebendige Kultur. Zu diesem Zweck wurde das «Stadtlabor» ins Leben gerufen. Hier sollen Ideen eingebracht und mit einem einfacheren Bewilligungsverfahren und einer Anstossfinanzierung umsetzbar gemacht werden. Berger wünscht sich, dass die Altstadt zum Wohnzimmer von Burgdorf wird.

Legislaturplanung 2021 bis 2024
Stadtpräsident Stefan Berger erläuterte dieses politische Planungsinstrument des Gemeinderates für den SR. Details dazu finden Sie in einem speziellen Artikel in dieser Zeitung.

Wahl und Konstituierung der Volksschulkommission (VSK)
Nach jeder Gesamterneuerung des SR und des GR werden die ständigen Kommissionen per 1. Januar neu besetzt. Bei der Volksschulkommission beginnt die neue Amtsperiode am 1. August 2021 und endet im Juli 2025. Nach Vorschlägen des GR wählte der SR die drei neuen Mitglieder Annemarie Althaus (SP), Viktoria Müller (Grüne) und Damaris Hauser (GLP) in die Kommission. Mirjam Kalbermatten (SVP), Cornelia Aeschbacher (SP) und Jeannine Seiler Keller (BDP) wurden als Bisherige und Martin Kolb (FDP) in seinem Amt als Präsident bestätigt.

Finanzielle Lage der Stadt präsentiert sich ordentlich
Thomas Gerber, Präsident der Geschäftsprüfungskommission, nahm Stellung zum Geschäftsbericht 2020. Die Situation der Stadt bezeichnete er als einigermassen ordentlich. Trotz einer erfreulichen Erfolgsrechnung mit einem Überschuss von 3,7 Millionen Franken sei nicht zu übersehen, dass dieser durch Neubewertungen und nicht getätigte Investitionen entstanden sei. Grund zur Euphorie sehe er nicht, auch wegen der fehlenden Zuverlässigkeit betreffend kantonaler Abgaben und kantonalem Lastenausgleich. Mit diesen Unsicherheiten sei eine seriöse Finanzplanung auf Stufe Gemeinde schwierig. Auch die Auswirkungen der Pandemie seien noch nicht abschätzbar.
«Legislaturziele erreicht», erklärte GR Beatrice Kuster. Leider seien neben einem erfreulichen Buchgewinn von 1,8 Millionen Franken aus Wertberichtigungen bei den Grundstücken und Liegenschaften die Steuereinnahmen gesunken. Dieser Trend werde wegen Corona noch anhalten und die finanzielle Situation zusätzlich erschweren.
Die Fraktionen hatten nach dem Studieren des Geschäftsberichts – ein über 300 Seiten langes Dokument – eigene Schlussfolgerungen gezogen: Gabriela Bannwart (SP) freute sich, dass die Nettoschuld pro Einwohner gesunken ist, bedauerte jedoch die Rückstellung von Investitionen, konkret die Verzögerung beim Bau des Bushofs. Für die FDP kritisierte Jürg Kämpf die missverständliche Kommunikation gegenüber der Bevölkerung. Dass der Ertragsüberschuss lediglich ein Konstrukt aus Neubewertungsauflagen sei, müsse klar kommuniziert werden. Tabea Bossard-Jenni (EVP) rühmte das schnelle Handeln der Stadt in schwierigen Zeiten. Die Behörden hätten soziale und weitsichtige Entscheide gefällt. Fritz Gfeller (SVP) verwies auf die ansteigenden Personalkosten, die im Auge behalten werden müssen, was Roger Aebi (BDP) unterstrich. Es lohne sich, in guten Jahren zu sparen, doch nun gelte es, vorsichtig zu planen, weil sich die Situation weiter verschlechtere, ergänzte Aebi. Der Geschäftsbericht wurde einstimmig angenommen.

Stellvertretungsregelung im Stadtrat wird möglich gemacht
Im Burgdorfer SR ist es bis heute nicht möglich, sich an den Sitzungen temporär vertreten zu lassen. Die SP-Fraktion wollte mit ihrer Motion eine Stellvertretungsregelung unter bestimmten Bedingungen ermöglichen. Damit will sie eine bessere Vereinbarkeit von politischem Engagement und Familie beziehungsweise Beruf und/oder Studium erreichen. Stadtpräsident Stefan Berger erklärte, dass die Argumente für die Einführung eines Stellvertretungssystems überwiegen. Damit meinte er längerfristige Abwesenheiten durch Krankheit, Mutter- oder Vaterschaftsurlaub oder berufliche und studienbedingte Abwesenheiten. Die Voraussetzungen und Kriterien könnten mittels kommunaler Regelung klar bestimmt werden. Der GR unterstützt jedoch keine Stellvertretungen für das Fehlen einzelner Sitzungen.
Alle Fraktionen standen hinter dieser Motion. Josef Timoteo Jenni (EVP) ergänzte, in Ausbildung stehende Personen würden sich bei einer solchen Regelung eher entscheiden, ein politisches Amt anzunehmen. Eine durch Krankheit betroffene Stadträtin hätte es als Entlastung empfunden, wenn sie während ihrer Abwesenheit vertreten worden wäre. Die Motion wurde einstimmig an den GR überwiesen.

Mehr Bäume für die Stadt Burgdorf
Mit ihrem Antrag an den GR möchte die EVP-Fraktion entlang des Einschlagwegs / der Brunnmattstrasse Bäume pflanzen. Dadurch würde das Südquartier mit dem Zentrum Schlossmatt optisch ans Schlossmattquartier angebunden. Zudem fördern Bäume die Absorption von CO2 und wirken als natürliche Schattenspender. Die Fraktion schlug zudem vor, die Pflanzung durch einen Träger (Privatpersonen, Vereine, Firmen, Schulklassen, Kirchen) zu finanzieren. Der GR unterstützt die Begrünung und das Pflanzen von Strassenbäumen, sieht diese als wichtige Massnahme zum Klimaschutz und zur Aufwertung der Stadt. Er vertritt jedoch die Ansicht, dass solche Pflanzungen nicht nur für den geforderten Strassenabschnitt, sondern für die ganze Stadt geprüft werden sollten, und ist darum bereit, dieses Postulat anzunehmen.
Barbara Lüthi-Kohler (SVP) wies darauf hin, dass die landwirtschaftlichen Nutzflächen nicht angetastet werden dürfen. Neben Bäumen seien auch andere Grünflächen zu planen und zeitnah umzusetzen, ergänzte Fabian Käsermann (SP). Das Postulat wurde einstimmig überwiesen.

Interpellation SP-Fraktion betreffend «Fahrradabstellplätze Bahnhof SBB Seite Kirchbergstrasse»
Wer den Bahnhof Richtung Kirchberg­strasse verlässt, trifft dort unweigerlich auf den seit vielen Jahren bestehenden, provisorischen Fahrradabstellplatz. Im Zusammenhang mit der Überbauung «Schlössli» sollte ein Velounterstand für mehrere Hundert Fahrräder entstehen. Die SP-Fraktion richtete darum diverse Fragen an den GR.
Stefan Berger erklärte, dass sich der GR der Problematik bewusst sei, jedoch mangels einer passenden Lösung noch nicht gehandelt habe. Durch die hohe Nutzungsdichte im Bahnhofareal bestehe hoher Koordinationsbedarf. Bezüglich Realisierung der Velostation beim «Schlössli» bestehe eine bauliche und zeitliche Abhängigkeit zur UeO Schlössli. Die Schlössli AG beabsichtige, das Projekt an einen Inves­tor zu verkaufen. Auch nach mehrmaligem Nachfragen erhielt die Stadt keine Angaben über diesen. Leider könne ein Inbetriebnahmetermin der Velostation erst nach der Planung und Festlegung des Projektes Schlössli definiert werden. Für die Interpellantin hofft Manfred Schaffer (SP) auf eine akzeptable Zwischenlösung, die einer Velostadt würdig sei.

Vogelhotel bald auch in Burgdorf?
Stadtratspräsidentin Karin Fankhauser schloss die Sitzung mit dem Verlesen verschiedener Aufträge und Interpellationen und einem nachhaltig wirkenden SR-Ausflug ins Vogeldorf Alchenstorf. Nationalratspräsident Andreas Aebi demonstrierte dort die Innovationen seines Dorfes, die Vögeln eine neue und adäquate Heimat bieten. Barbara Lüthi-Kohler (SVP) möchte auch in Burgdorf dieses Anliegen unterstützen und von Mitgliedern des SR Vogelhotels finanzieren lassen. Damit sprach sie aus, was auch Stefan Berger vorbringen wollte. Möglicherweise könnte die Stadt Burgdorf in Zusammenarbeit mit den Schulen im Werkunterricht Vogelhotels bauen.

 Helen Käser


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote