Soll ich oder soll ich nicht?

  23.02.2022 Aktuell, Foto, Gesellschaft, Region

Frühblüher
Die Nächte sind noch empfindlich kalt und der Boden oft noch gefroren. Tagsüber herrschen milde Temperaturen, welche die Narzissen und Krokusse aus der Erde locken. Soll ich die schützende Mulchschicht aus Herbstlaub entfernen? Damit würde ich den kleinen Blühwilligen den Weg nach oben erleichtern. Oder lasse ich das Laub noch etwas liegen? Das Laub isoliert nicht nur vor Kälte, sondern auch vor übermässiger Wärme. Der Boden bleibt darunter kalt und die kleinen Pflanzen beginnen erst zu wachsen, wenn es wirklich genug warm ist. Wegräumen oder liegen lassen, das ist eine Gratwanderung. Sie kennen Ihren Garten und wissen, wo die Sonne tagsüber fast schon zu schnell wärmt und wo die ersten Blüten zu erwarten sind, die vielleicht etwas Räumhilfe benötigen. Grundsätzlich wird die Kraft der Frühblüher eher unterschätzt. Ist die Mulchschicht nicht dichter als fünf bis zehn Zentimeter, gelingt es den meis­ten mühelos, ans Licht zu kommen.
Frühblühende Pflanzen liefern Bienen erste Nahrung, deshalb sind Pflanzen wie der Winterling auch in unseren Gärten wichtig. Winterlinge sind pflegeleicht und gedeihen am besten, wenn man sie in Ruhe lässt, bis sie im Sommer das Laub einziehen.
Schneeglöckchen bringen ihre eigene Heizung mit. Mit der Energie ihrer Zwiebel können sie den Boden (oder auch den Schnee) auftauen und so bereits in frostigen Zeiten blühen.

Im Gemüsegarten
Diesen Winter ist der Boden wieder oft gefroren. In andern Jahren war es möglich, schon im Februar Rüebli, Spinat und Radiesli im Freiland zu säen und auf warmes Wetter zu hoffen. Ob das gelingt, hängt nicht von der Durchschnittstemperatur ab, die auch dieses Jahr vermutlich höher sein wird, als sie sollte. Massgebend ist die Bodentemperatur. Und solange die nicht mindestens dauerhaft über fünf Grad liegt, macht Säen keinen Sinn.

Setzlingsanzucht
Fürs Anziehen von Tomaten, Auberginen und Peperoni ist es allerdings höchste Zeit. Wenn Sie es trotz dem letztjährigen Fast-Totalausfall wieder wagen wollen, hier einige Tipps:
Wählen Sie robuste (Freiland-)Sorten. Falls der Anbieter dazu keine Angaben macht, gilt der Grundsatz: Je kleiner die Tomate, desto stärker ist in der Regel die Pflanze. Gerne dürfen Sie natürlich mit speziellen Sorten experimentieren: mit weissen Auberginen, schwarzen Tomaten und sackscharfen Chilies (auch bei den Peperoni gilt: je kleiner, desto robuster). Ich säe deshalb immer einen grossen Anteil Sorten, auf die ich mich verlassen kann: Das sind bei den Tomaten «Matina», «Sibirische», «schwarze Cherry» und am verlässlichsten die «Kleine von Mexico». Bei den Auberginen hat sich «Pink Lady» bewährt und bei den Peperoni ist es die «Frigitello».
Besorgen Sie sich gute Aussaaterde. Normale Erde hat oft zu grosse Stücke und ist für die Setzlinge zu stark gedüngt. Füllen Sie die Erde in mindestens zehn Zentimeter tiefe Erde und giessen Sie kräftig. Erst dann wird ausgesät. Ich säe einzelne Samen in Löcher, die ich mit einer Stricknadel einen Zentimeter tief bohre und nachher wieder verschliesse. Jetzt brauchen die Samen zum Keimen viel Wärme, zwanzig Grad sind das Minimum. Dann heisst es ausdauernd feucht halten, ohne dass es triefend nass ist. Sobald die ersten Blätter erscheinen, brauchen die Pflänzchen auch ein Maximum an Licht. Wenn sich vier Blätter gebildet haben, dürfen die Kleinen in den nächstgrösseren Topf umziehen. Nach draussen dürfen sie erst, wenn die Nachttemperaturen nicht mehr unter zehn Grad fallen. Das ist in der Regel bei uns ab Anfang bis Mitte Mai der Fall.

Staudenpflege
Ich weiss hier juckt es gewaltig: Am liebsten würde auch ich alles Verdorrte wegräumen. Braune Stengel und braune Blätter abschneiden. Lassen Sie so viel als möglich, so lange als möglich stehen. Was Sie jetzt noch ästhetisch in der Rabatte stört, wird bald von neu Gewachsenem versteckt. Das scheinbar nutzlose abgestorbene Material ist aber sehr wertvoll: Einerseits liefert es genau die Nährstoffe für die Pflanze, die dort wachsen wird, andererseits bietet es Unterschlupf für Nützlinge aller Art. Die Altpflanzen schützen den Boden vor Austrocknung und bieten ein ausgeglichenes Mikroklima, das von den neu wachsenden Pflanzen geschätzt wird. Auch die für das Gedeihen aller Pflanzen wichtigen Mikroorganismen profitieren von dem wertvollen Altmaterial.
Soll ich oder soll ich nicht? Wenn Sie Ihren Garten und das Wetter gut beobachten und vielleicht auch experimentieren (eine Ecke aufräumen, in der anderen alles stehen lassen), gelingt Ihnen der Start in die Gartensaison bestimmt.

Gabrielle Hochuli


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