«Chörblichrut» – eine emmentalische Heilpflanze

  29.03.2022 Aktuell, Foto, Burgdorf, Gesellschaft, Region

«D’REGION»: Kevin Nobs, Sie sind zum ersten Mal 2009 mit ihrer Maturarbeit am Gymer Burgdorf aufgefallen. Sie haben diese Schülerarbeit zu den Heilpflanzen an der Emme als kleines Ringbüchlein herausgegeben und an Interessierte verkauft. War das der Start zum Jung­unternehmer?
Kevin Nobs: Das war nicht wirklich geplant. Ich habe mir einfach gedacht, dass auch andere von meiner Arbeit profitieren könnten, und habe Schulen, Drogerien und weitere Kreise angeschrieben. Das Echo war so gross, dass schlussendlich ein richtiges Buch daraus entstand, das immer noch erhältlich ist.

«D’REGION»: Der jüngste Streich ist die soeben erschienene Broschüre zum «Chörblichrut», der traditionellen Emmentaler Heilpflanze. Wie kam es dazu?
Kevin Nobs: Hier gelangte der Verein Perlenkette Emme an mich und beim Startgespräch mit verschiedenen Fachleuten faszinierten mich die vorgesehenen Bildungsaspekte der Perle «Chörblichrut». Letztes Jahr gab es den ersten Pilot-Workshop auf einem Bauernhof, wo die Pflanze angebaut wird. Es meldeten sich interessierte Leute an und wir konnten das «Chörblichrut» mit allen Sinnen erleben: Selber ernten, das berühmte «Chörblichrutwasser» destillieren und eine Mahlzeit mit «Chörblichrut» kochen, samt einer Exkursion zu den Lebensräumen, wo die Pflanze wächst.
Die Broschüre fasst nun das gesammelte Wissen zu dieser Pflanze zusammen, sodass alle das Wissenswerte in einfach aufbereiteter Form selbst nachlesen können.

«D’REGION»: Die Broschüre ist im Selbstverlag erschienen, wo kann sie bezogen werden?
Kevin Nobs: In Burgdorf kann man die Broschüre in der Buchhandlung am Kronenplatz, im Touristoffice an der Bahnhofstrasse oder natürlich über den Verein kaufen. Die Weinhandlung am Kronenplatz, welche auch den neu entstandenen «Chörblichrut»-Kräuterbrand verkauft, hat ebenfalls einige Broschüren an Lager.

«D’REGION»: Sie haben mittlerweile die Firma skepping gegründet, die neben Kursen, Teamangeboten und Reisen sogar Kinderlager in der Natur anbietet. Allein im Monat April habe ich 17 Anlässe auf der Agenda gezählt. Wird das nicht alles einmal zu viel?
Kevin Nobs: Tatsächlich habe ich im letzten Jahr die Grenzen meiner Kapazität erfahren, als neben meiner Ausbildung zum Naturheilpraktiker plötzlich doch wieder Veranstaltungen möglich waren und ich auch noch in einer Apotheke gearbeitet hatte, die ich in der Zwischenzeit aber verlassen habe. Zum Glück konnte ich Verstärkung holen und heute sind wir zu einem kleinen jungen Team gewachsen. Der rote Faden in unserer Tätigkeit ist die Begeisterung für die Natur, die wir in möglichst verschiedenen Formen an Gross und Klein vermitteln möchten.

«D’REGION»: Welche Ausbildungen legten die Basis für Ihre Erfolge?
Kevin Nobs: Das Pharmaziestudium habe ich nicht abgeschlossen, als ich realisierte, dass die Arbeit der grossen Pharmakonzerne nicht meine Welt ist. Dafür habe ich Biologie und Germanistik an der Uni abgeschlossen und seit letztem Jahr auch die Ausbildung zum Naturheilpraktiker TEN. TEN bedeutet Traditionelle Europäische Naturheilkunde. Mir ist dabei immer wichtig und es ist auch ein Ziel von mir, das jahrhundertealte Wissen von hier mit moderner Naturwissenschaft zu verbinden.

«D’REGION»: Auf Ihrer Website werden auch die Iris- und Zungendiagnose angeboten. Ist das nicht sehr esoterisch?
Kevin Nobs: In der Ausbildung habe ich mich zuerst vor allem für die Pflanzenheilkunde interessiert und war skeptisch gegenüber diesen Diagnose- und Therapieformen. Heute bin ich immer wieder überrascht, wie zuverlässig und wie evidenzbasiert die überlieferten europäischen Methoden funktionieren.

«D’REGION»: Zurück zum «Chörblichrut». Für welche Leiden wird es eingesetzt?
Kevin Nobs: Das «Chörblichrutwasser» ist die übliche Anwendungsform, ein haltbares Destillat aus Wasser und frischem «Chörblichrut» ohne Alkohol. Im Emmental hat es eine lange Tradition, es wurde und wird von der Bevölkerung sehr breit eingesetzt: bei Entzündungen, als Blutverdünner, auch gegen Gelenkschmerzen. Ich wünsche mir für die Zukunft jedoch noch mehr spezifische Forschung an dieser Pflanze.

«D’REGION»: Was begeistert Sie am meisten am «Chörblichrut?»
Kevin Nobs: Es ist einmalig, dass wir hier im Emmental bei den Bäuerinnen und Bauern direkt auf dem Hof einen Workshop erleben können: Vom Anbau übers Destillieren bis zur kulinarischen Verwendung dieser besonderen Pflanze ist alles mit dabei.

Christian Hedinger


Am Freitag, 1. April 2022, um 20.00 Uhr, hält Kevin Nobs im Schmidechäuer, Grabenstrasse 8 in Burgdorf einen Vortrag zum «Chörblichrut».


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