Fast so gross wie ein Dorf in der Ukraine

  26.04.2022 Aktuell, Foto, Burgdorf, Gesellschaft

Immer mehr offiziell gemeldete Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mit Status «S» finden eine Unterkunft am Uferweg und organisieren dort ihren Alltag so gut wie möglich
Seit am Montag, 21. März 2022, die ersten rund 180 Flüchtlinge aus der Ukraine die im Schnellverfahren bereit gemachten Wohnungen am Uferweg im Gyrischachen bezogen haben, sind immer mehr Personen mit dem Flüchtlingsstatus «S» hier eingezogen. Dabei handelt es sich mehrheitlich um Frauen mit Kindern jeden Alters, allein oder mit Bekannten beziehungsweise Verwandten geflüchtete Frauen und einige wenige Familien inklusive Familienvätern, die noch vor dem Ausreiseverbot für wehrfähige Männer die Ukraine verlassen haben.

Gestern 120 Einschulungen
Am 28. März 2022 teilte die Burgdorfer Stadtverwaltung mit, dass «gegen 50 Kinder und Jugendliche im Schulalter aus der Ukraine gemeldet worden sind und die Stadt mit Hochdruck ein funktionierendes und stabiles Schulungsangebot für die Volksschulstufe organisiert». Mehrere Willkommensklassen – voraussichtlich fünf – seien in Vorbereitung.
Am 20. April 2022 fand ein erstes Treffen mit Eltern und Kindern aus der Ukraine vor dem kirchlichen Zentrum Neumatt statt, die an diesem Tag ihren neuen Schulort und die künftigen Lehrpersonen kennenlernen durften. Laut Stadtschreiber Stefan Ghioldi hat Heinz Begré, Schulleiter der Willkommensklassen, zusammen mit der Bildungskommission den Anlass organisiert, an dem freiwillige Mitarbeitende, ukrainische Lehrpersonen und Klassenhilfen anwesend waren. Alle inzwischen mehr als 120 Kinder erhielten ein Stoffsäckli mit den wichtigsten Schulmaterialien für ihren Schulstart und besuchten dann mit ihren Familien den jeweiligen Unterrichtsort.
Gestern ist der Startschuss für die Einschulung gefallen. An drei Standorten kann der reguläre Betrieb in den auf zehn erhöhten Willkommensklassen aufgenommen werden. Die Kinder vom Kindergarten bis zur 2. Klasse werden im kirchlichen Zentrum Neumatt unterrichtet, die 3. bis 5. Klassen im Kirchgemeindehaus an der Lyssachstrasse und die 6. bis 9. Klassen im LernPunkt der Heilsarmee an der Oberburgstrasse.

Bis Ende 2022 gesichert
Laut Markus Mürner, Leiter Asset-Management Immobilien der Previs Vorsorge, hat «die Pensionskasse schon im März als Inhaberin der Mehrfamilienblöcke am Uferweg rund 50 wegen der kommenden Abbrucharbeiten bereits leer stehende Wohnungen kurzfristig als Unterkünfte für die Flüchtlinge aus der Ukraine zur Verfügung gestellt». Da die Nachfrage infolge der wachsenden Flüchtlingsströme weiter gestiegen ist, hat die Previs dem Kanton Bern weitere 25 Wohnungen im Zwei- bis Vierzimmersegment für rund 90 Personen überlassen. Mehrheitlich handelt es sich um Dreizimmerwohnungen mit Küche und Bad. Somit leben nun rund 270 Personen im «Ukraine-Dorf» am Uferweg.
Da sich der Baubeginn für die geplante Gesamtüberbauung am Uferweg infolge Verzögerungen bei der Überbauungsordnung nach hinten verschiebt und der per 1. Juli 2022 geplante Start der Abbrucharbeiten verzögert, rechnet Mürner «mit einem voraussichtlichen Baustart per Anfang 2023. Also eine Win-win-Situation für den Kanton Bern und unser Unternehmen, wenn wir eine für alle ideale Zwischennutzung bis Ende 2022 finden. Bereits während der Coronapandemie hat die Previs leer stehende Wohnungen für Burgdorfer Asylbewerber zur Verfügung gestellt, als diese wegen des grösseren Raumbedarfs pro Person auf zusätzliche Zimmer verteilt werden mussten. Der damals zwischen der Previs und dem Kanton innert kürzester Frist ausgehandelte Mietzins für diese Wohnungen ist jetzt beim zusätzlichen Wohnungsbedarf für die Ukrainer erneut zum Zug gekommen.»
Auf Befragen teilt Mürner mit, dass die  Previs für die von Regula Etzensperger und deren Helfern in einer Dreizimmerwohnung im Haus Nummer 24 betriebene Brockenstube keinen Mietzins verlangt. Hier können sich die Geflüchteten aus der Ukraine sowie aus anderen Ländern gratis aus den gespendeten Kleidern, Schuhen, Spielsachen, Küchen- und anderen Utensilien das Benötigte aussuchen.
Bis jetzt verläuft das Zusammenleben zwischen bisherigen Mietern und Flüchtlingen am Uferweg laut Ghioldi problemlos, «besondere Vorkommnisse sind nicht bekannt. Für die zahlreichen privaten Initiativen aus der Bevölkerung sowie die Brockenstube am Uferweg sind wir sehr dankbar.»

Gerti Binz

 


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