Yanis Rauch steht vor dem grossen Durchbruch

  26.04.2022 Aktuell, Foto, Burgdorf, Sport

Am 30. April 2022 steht für den Burgdorfer Kampfsportler Yanis Rauch der grosse Kampf an. In Stuttgart kämpft er gegen den Deutschen Sergej Hauzel um den Kickbox-Europameis­tertitel im Cruisergewicht. Ein Sieg wäre für den Burgdorfer nicht nur aufgrund von Ruhm und Ehre wichtig, sondern könnte der Schlüssel zur angestrebten Profikarriere sein. Doch beginnen wir von vorne.

Jackie Chan und Bruce Lee
Die Faszination für den Kampfsport begann beim 19-Jährigen früh. Im Kindesalter war er ein grosser Bewunderer von Kampfsport-Berühmtheiten wie Jackie Chan und Bruce Lee. Als er im Angebot des Ferienpasses Burgdorf auf einen Karatekurs aufmerksam wurde, legte dies den Grundstein für die Kampfsport-Karriere. Yanis Rauch spielte zwischenzeitlich Fussball, eine weitere Leidenschaft von ihm, entschloss sich aber nach ein paar Jahren Pause, wieder in den Kampfsport einzusteigen. Diesmal war es Kickboxen. «Nachdem ich dies ein paar Jahre in meiner Heimatstadt Burgdorf ausgeübt hatte, wollte ich den Kampfsport auch wettkampfmässig und vor allem im Vollkontakt ausüben», erinnert er sich. Im Kickboxen kann zwischen Semi- und Vollkontakt unterschieden werden, wobei bei Ersterem ein Schlag oder Kick eine Punktzahl ergibt und nicht mit voller Wucht ausgeführt wird. «Es ist ein bisschen wie mit angezogener Handbremse fahren», meint Rauch dazu. Im Gladiators Fighting Gym mit Hauptsitz in Ostermundigen und neu auch mit einem Standort in Aarwangen wurde er schliesslich fündig und konnte den Sport wie gewünscht ausüben. Seit Dezember 2019 trainiert er dort und ist vollends zufrieden. «Ich mag die sportliche Aktivität beim Kickboxen. Ergänzt wird diese, gerade wenn man Wettkämpfe bestreiten will, durch die geforderte Disziplin und den damit verbundenen ständigen mentalen Kampf gegen sich selbst», erklärt der Anwärter auf den Europameistertitel. Letztlich sei es aber für ihn auch «eine Art Ventil, dank dem ich abschalten kann».

Das Gewicht des Mentalen
Der kommende Kampf um den Europameistertitel könnte bei positivem Ausgang extrem wichtig sein für die Karriere von Yanis Rauch. «Beim kommenden Kampf handelt es sich um einen Pro-Amateur-Kampf.» Das bedeute, dass die Kämpfer bei einer solchen Begegnung an der Schwelle zum Profi-Sein stehen würden. Gekämpft wird in fünf Runden, je zwei Minuten. «Je besser du kämpfst, desto eher kriegst du die Chance auf einen Profikampf», weiss Rauch. Den Sprung zum Profi will er unbedingt schaffen. Gerade die Tatsache, dass es sich um einen internationalen Wettkampf handelt, bei welchem viel Ansehen erreicht werden kann, lässt den Druck auf den jungen Burgdorfer steigen. «Ich mache mir jedoch keinen zu grossen Druck, bin im Vorfeld eines Kampfes jeweils eher der ruhige Typ», entgegnet er. Denn Yanis Rauch kennt die Wichtigkeit von mentalen Aspekten beim Sport. «Ich muss mich am Wettkampftag wohlfühlen, doch ich bin auch da jeweils noch ziemlich ruhig und kann klar denken.» Manchmal sei er wohl auch zu ruhig, weshalb er von seinem Coach eine Art Weckruf in Form eines  Rituals mittels einer kleinen Abreibung erhalte, wie er schmunzelnd erzählt. Coach Nicolas Beck ist für Yanis Rauch extrem wichtig. «Er begleitet mich in jedem Training und an jeden Wettkampf. Kein Aufwand ist ihm zu gross, das ist alles andere als selbstverständlich und dafür bin ich sehr dankbar.»

Die Bedeutung des Umfelds
Für das mentale Wohlbefinden ist auch das persönliche Umfeld entscheidend. Wie betrachtet denn dieses die grosse Leidenschaft von Rauch? «Mein älterer Bruder war und ist eine Art Mentor, ich trainiere bis heute mit ihm und er begleitet mich an jeden meiner Wettkämpfe», erklärt der Kampfsportler. Die Eltern hätten zu Beginn schon ein wenig Angst um ihn gehabt, doch er geniesse auch von ihnen volle Rückendeckung. «Für meine Mutter ist es schon ein wenig schwierig, Wettkämpfe von mir anzusehen, doch ich weiss, dass meine Eltern mich voll unterstützen», so Rauch. Auch seine Freundin bringe ihm viel Unterstützung und vor allem Verständnis entgegen.
Gerade während der Wettkampfvorbereitung sei nebst der zeitlichen Intensität die Ernährung ein zentrales Thema. Wenn der KV-Lernende am kommenden Freitag, 29. April 2022, nach Stuttgart reist, darf er nicht mehr als 88,5 Kilogramm auf die Waage bringen, um in dieser Gewichtsklasse antreten zu dürfen. «Das ist in der Vorbereitung teils schwieriger für den Kopf als der Kampf selbst, da man ständig im Hinterkopf hat, wie viel man noch abnehmen muss», erklärt er. Während der wettkampffreien Zeit baue er jeweils Masse auf, nun gelte es unmittelbar vor einem Ernstkampf, ein paar Kilogramm Körpergewicht mittels einem strengen Ernährungsplan und viel Kalorien-verbrennen zu verlieren. «Dieser Verzicht kann einem dann schon auch mal auf die Laune schlagen», gibt der Kickboxer zu. Doch sowohl seine Freundin wie auch sein Umfeld seien wie erwähnt sehr verständnisvoll. «Für diesen Support bin ich sehr dankbar, denn das Umfeld ist extrem wichtig für das Mentale», hält Yanis Rauch fest. Umso wichtiger, wenn ein Kampf um den Europameistertitel vor der Tür steht.

Gelassen in die Zukunft
Yanis Rauch weiss selbst am besten, welche Chance sich ihm mit dem Kampf in Stuttgart bietet. Gewinnt er, erntet er grosses Ansehen und Beachtung, was ihn seinem Ziel, den Sport professionell ausüben zu können, ein grosses Stück näher bringen würde. Seine Einstellung ist aber schon jetzt sehr professionell. «Ich will in kein Extrem fallen, egal wie der Kampf ausgeht. Gewinne ich, will ich nicht abheben, verliere ich, will ich an meinen Zielen festhalten», so Rauch. Es gelte so oder so, über sich zu reflektieren. Der Gegner Sergej Hauzel sei keineswegs ein einfacher Brocken, doch er konzentriere sich primär auf sich selbst. Er gehe selbstbewusst in den Kampf und wisse, dass wenn er seine Leistung bringen könne, ein Sieg absolut möglich sei. «Es ist eine grosse Chance, die ich nutzen und bei der ich physisch und vor allem mental zu 100 Prozent bereit sein will», sagt Yanis Rauch.
Auch, und das ist auf keinen Fall zu hoffen, wenn es nicht wie gewünscht laufen sollte, lässt er sich nicht entmutigen. Nicht alles sei von diesem einen Kampf abhängig, hält er fest. Yanis Rauch steht momentan im letzten Lehrjahr seiner KV-Lehre, welche er diesen Sommer abschliessen wird. Er plant, auch danach noch im erlernten Beruf tätig zu sein. «Letztlich heisst es auch nicht, dass, wenn man Profikämpfe bestreiten kann, man in finanzieller Hinsicht davon leben kann», wie er weitsichtig festhält.
Die Vorfreude auf den Kampf ist gross und spürbar. Doch genauso freue er sich auf die Zeit nach dem Kampf, welche für ihn wieder etwas mehr Freizeit bereithalten werde. Man solle sich schliesslich auch erholen können. Er freut sich daher auch auf mehr Zeit mit seiner Freundin, auf Ausflüge mit den Freunden und darauf, draussen in der Natur sein zu können. Doch bis es so weit ist, liege der Fokus voll auf dem Kampf um den Europameistertitel. Wir drücken die Daumen und wünschen ihm dabei ganz viel Erfolg!


Joel Sollberger


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