Seit 20 Jahren eine Erfolgsgeschichte

  20.09.2022 Aktuell, Foto, Kultur, Burgdorf, Gesellschaft

Im Jahr 2002 wurde das moderne Museum Franz Gertsch mit seiner unverwechselbaren Architektur, die aus Beton besteht, in der Burgdorfer Unterstadt an der Platanenstrasse 3 eröffnet. 20 Jahre später lässt sich das von Willy Michel ins Leben gerufene Projekt nach wie vor als Erfolgsgeschichte bezeichnen. Das stolze Jubiläum wurde gebührend gefeiert. Zum Auftakt lud das Museum vergangenen Donnerstag zur Pressekonferenz ein. Am Freitag folgte dann  die Vernissage zur Jubiläumsausstellung «Kaleidoskop. 20 Jahre Museum Franz Gertsch». Am Samstag fand die Jubiläumsfeier statt.

Willy Michel und Franz Gertsch
Das Museum sowie die Person Franz Gertsch sind eng mit dem Namen des Burgdorfer Unternehmers Willy Michel verknüpft. Er war es, der im Oktober 1998 nach einem Besuch bei Franz Gertsch an dessen Wohnort in Rüschegg die Idee mit dem Museum  hatte und sich von da an für dessen Umsetzung einsetzte, wie Arno Stein, geschäftsführender Direktor, erzählt: «Willy Michel war vom Schaffen von Franz Gertsch derart begeistert, dass er dieser Kunst den nötigen Raum verschaffen wollte.» Michel stellte in der Folge die Finanzierung des gesamten Projekts sicher. 1999 wurde dieses der Öffentlichkeit vorgestellt, nach zweijähriger Bauphase konnte das Museum Franz Gertsch im Jahr 2002 schliesslich eröffnet werden. Seither gehört das Museum zur Stadt Burgdorf und ist aus dieser nicht mehr wegzudenken.
Umfasste die Museumssammlung zu Beginn fünf Gemälde und zwölf Holzschnitte, kamen mit der Zeit immer mehr dazu. Dies liegt auch daran, dass Franz Gertsch selbst, zum Eröffnungszeitpunkt 72 Jahre alt, nach wie vor sehr aktiv ist und weiterhin Kunstwerke schafft. Im Jahr 2019 wurde daher mit der Unterstützung von Willy Michel und dem Schweizerischen Lotteriefonds das Gebäude vergrössert, um den Kunstwerken genügend Platz zu verschaffen. Auf der heutigen Fläche von 1500 Quadratmetern kann das Museum daher eine Sammlung ausstellen, welche in ihrer Vollständigkeit und Konstellation für einen derart renommierten und weltberühmten Künstler wie Franz Gertsch wohl einzigartig ist. Denn die Sammlung besteht aus Werken die ab 1984 bis zum heutigen Zeitpunkt entstanden sind. Die Kunstwerke von Franz Gertsch sind sowohl national wie auch international sehr gefragt und beliebt. Das Burgdorfer Museum ergänzt daher die museumseigenen Bestände immer wieder mit Leihgaben anderer Institutionen oder aus privaten Sammlungen und versucht weiter, Werke für die Kollektion zu erwerben.

Die Erfolgsgeschichte in Zahlen
Seit der Eröffnung konnte das Museum Franz Gertsch in über 100 Ausstellungen Werke von rund 500 Künstlerinnen und Künstlern der Öffentlichkeit präsentieren. Davon konnten 55 Kunstschaffende in Einzelausstellungen ihre Arbeit ausstellen. 300 000 Besucherinnen und Besucher statteten dem Museum seit 2002 einen Besuch ab, das sind pro Jahr im Schnitt 15 000 Personen. All diese Zahlen verdeutlichen die Erfolgsgeschichte des Museums. «Das Museum Franz Gertsch fand in der nationalen wie auch internationalen Museumsszene seinen Platz», bestätigt Arno Stein.

Mission und Vision
Nach dem Rückblick auf die vergangenen Jahre erfolgte an der Medienkonferenz auch ein Ausblick in die Zukunft. Prof. Dr. Bernhard Pulver, Präsident des Stiftungsrats, unterschied dabei zwischen Mission und Vision, als er auf die Strategie des Museums zu sprechen kam. In erster Linie sei dabei wichtig, die Werke des Künstlers sowie den Namen des Museums selbst zu pflegen, führte er aus. Das Museum Franz Gertsch sammelt, bewahrt, erforscht, präsentiert und vermittelt das Werk des Namensgebers. «Zudem sollen in diesen Räumlichkeiten Begegnungen mit Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts ermöglicht werden», führte Pulver weiter aus. Das Museum Franz Gertsch werde in der Museumslandschaft als Kompetenzzentrum bezüglich des Werks von Franz Gertsch wahrgenommen. Dies solle selbstverständlich weiter so bleiben. «Dennoch möchten wir in Zukunft auch weniger kunstaffine Personen ansprechen und letztlich für die Werke von Franz Gertsch wie auch ganz allgemein für die Kunst begeistern können.» Die Architektur des Gebäudes bringe «starke» Räume mit sich. Jedoch sei die Atmosphäre im Gebäude sehr entspannt. «Diese Gegebenheiten wollen wir nutzen. Das Museum bietet eine ruhige Ambiance, in der sich der Gast mit intensiven Werken auseinandersetzen kann», so Pulver weiter.
Der Namensgeber des Museums und dessen Werke bleiben das Fundament der Ausstellungen. Jedoch soll auch künftig mittels Wechselausstellungen anderer Künstlerinnen und Künstler ein breites Publikum angesprochen werden. Es soll ein niederschwelliger Zugang zur Kunst ermöglicht werden.  «Dabei gelten jedoch ganz klar die Kunst und das Werk von Franz Gertsch als Massstab. Und selbstverständlich wird auch kein Gast enttäuscht, welcher das Museum primär wegen Franz Gertsch selbst besucht», versichert der Honorarprofessor der Universität Bern und Verwaltungsratspräsident der Insel-Gruppe.
Auch der Bedeutung für die Stadt Burgdorf und Umgebung sei man sich bewusst, erläutert Pulver. «Wir wollen unseren Beitrag leisten zur Attraktivität der Stadt, der Region wie auch des Kantons. Wir sind hier verankert und nehmen die uns entgegengebrachte Wertschätzung wahr.» Auch kantonal wolle man, beispielsweise in Bezug auf das 14 Autominuten entfernte Museum Paul Klee, seinen Beitrag zum kantonalen Kunstnetzwerk und dessen Wahrnehmung leisten. «Unser Vorgehen in der Zukunft stellt grundsätzlich nichts Neues dar. Wir wollen aber unser Profil weiter schärfen.»

Farbig, vielseitig, feierlich und lebendig
Nach den Aus- und Rückblicken ging schliesslich Anna Wesle, Kuratorin des Museums Franz Gertsch, genauer auf die Werke sowie die neue Ausstellung  ein, ehe sie auch durch die verschiedenen Räume führte.
Mit der neuen Ausstellung wolle man sowohl die Person Franz Gertsch wie auch das Museum würdigen. «Der Name fiel dabei auf Kaleidoskop, weil dieses als Sinnbild für lebendige Farbigkeit steht. Die Ausstellung soll schliesslich vielseitig, feierlich, farbig und lebendig sein», so Wesle, welche die Ausstellung gemeinsam mit dem Künstler kratierte. Als Grundlage der Werke dienen dabei die drei berühmten «Silvia»-Gemälde, welche in der neuen Ausstellung erstmals seit vielen Jahren wieder zusammengeführt werden. Aber auch die «Gräser V–IX», die «Pestwurz» oder die Werkgruppe «Guadeloupe» sind wichtige Bestandteile und zeigen die beeindruckende Kunst von Franz Gertsch auf. «Die Ausstellung ermöglicht aufgrund einer gewissen Durchmischung und Kombination auch viele Vergleiche.» Auffallend ist, dass viele ausgestellten Werke erst in den Jahren nach der Eröffnung des Museums entstanden sind. Einige Werke werden gar erstmals ausgestellt. Dies zeigt die Motivation und Energie von Franz Gertsch eindrücklich auf. «Die Tatsache, dass der Künstler um das Museum und dessen Räumlichkeiten weiss, stellt wohl eine zusätzliche Motivation dar», so Wesle bezüglich der hohen Produktivität des Künstlers.
Eine weitere Ausstellung findet im sogenannten Kabinett statt. Die Ausstellung «Your Life» zeigt Fotografien aus der Keller-Wedekind-Stiftung mit Werken von Balthasar Burkhard, Reto Camenisch, Marianne Engel, Peter Hebeisen, Urs Lüthi, Chantal Michel, Nadin Maria Rüfenacht, Shirana Sahbazi, Annelies Štrba und Anouk Tschanz. «‹Your Life› steht im Einklang mit der Kunst von Franz Gertsch», bestätigt Wesle. Einige typische Motive von Gertsch wie beispielsweise «Werden – Sein – Vergehen» werden auch in diesen Fotografien aufgegriffen.
Franz Gertsch selbst malt fleissig weiter, schafft weiter Kunst. «Am Telefon hat er mir gerade erst erzählt, dass zwei neue Gemälde kurz vor der Vollendung stehen», erzählt Arno Stein. Keine Frage, wo diese bald zu sehen sein werden.

Joel Sollberger
 


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