Ja oder Nein zum Baureglement der OPR?

  25.07.2023 Aktuell, Foto, Gesellschaft, Politik

Im Jahr 2014 fusionierte die Einwohnergemeinde Fraubrunnen mit den ehemaligen Gemeinden Büren zum Hof, Etzelkofen, Grafenried, Limpach, Mülchi, Schalunen und Zauggenried. Aus acht Gemeinden wurde eine einzige geschaffen, was unter anderem auch eine Harmonisierung und Anpassung der verschiedenen baurechtlichen Grundordnungen der Gemeinden nötig machte. Drei Jahre später, im Jahr 2017, wurde in der fusionierten Gemeinde Fraubrunnen deshalb eine Ortsplanungsrevision (OPR) gestartet, um die baurechtlichen Reglemente und Zonenpläne den neuen Gegebenheiten anzupassen. Insbesondere das neue Baureglement im Rahmen der OPR sorgt für Meinungsverschiedenheiten.

Vorwurf des unausgereiften Baureglements
Vom 11. November bis 12. Dezember 2022 erfolgte die öffentliche Auflage für das Baureglement und die Nutzungsplanung. «Die Fusion von acht Gemeinden stellte eine Mammutaufgabe dar. Gemeinsam mit diversen Fachleuten wurde die neue OPR erstellt. Für uns als Gemeinde steht nun im Fokus, diese nach all den Jahren endlich abschliessen zu können», sagt der Fraubrunner Gemeinderatspräsident Urs Schär.
Nach der öffentlichen Auflage bestand die Möglichkeit der Einsprache. «Nach den Einspracheverhandlungen konnten fünf der sechs Einsprachen bereinigt werden», so Urs Schär. Die nicht bereinigte Einsprache stammt von Christoph Zimmermann aus Grafenried. Was ist sein Anliegen? Der ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiter des Bundesamts für Landwirtschaft sieht dringenden Bedarf nach einer Überarbeitung des neuen Baureglements: «Das Baureglement ist unausgereift. Nebst Verstössen gegen das übergeordnete Recht finden sich im Reglement verschiedene zusätzliche Bestimmungen, die missverständlich und überflüssig sind.» Deshalb fordert Christoph Zimmermann, der während seiner Berufstätigkeit oftmals mit verschiedenen Rechtserlassen zu tun hatte, dass das Reglement an den Gemeinderat zur Überarbeitung zurückgewiesen wird. Zimmermanns Meinung wird durch ein juristisches Gutachten einer Anwaltskanzlei, welche er im Rahmen seiner Einsprache zur juristischen Hilfe zurate zog, gestützt. Die Anwaltskanzlei habe laut Zimmermann gar auf weitere Ungereimtheiten aufmerksam gemacht. «Ich kenne die Komplexität beim Erstellen von Rechtserlässen aufgrund eigener Erfahrungen. Das ist keineswegs ein leichtes Unterfangen», so Zimmermann. Auch er verweist folglich auf die Problematik bei einer Fusion von acht Gemeinden. Für die Schwierigkeit der Umsetzung hat der Grafenrieder somit Verständnis. Nicht aber für das Verhalten der Gemeinde. Von dieser fühle er sich unverstanden. «Auf den Hinweis, dass im Reglement eine unabdingbare, juistische Handschrift fehle, erhielt ich keine befriedigende Antwort.» Die Einspracheverhandlungen mit der Gemeinde Fraubrunnen im März 2023 bezeichnet Christoph Zimmermann als frustrierend. Aufseiten der Gemeinde sei kaum Wille zu Verhandlungen und Diskussionen vorhanden gewesen, auf einzelne Anträge sei gar nicht eingegangen worden, so sein Vorwurf.
Zimmermann macht beim Vorgehen der Gemeinde Fraubrunnen mangelnde Transparenz aus. Für Unverständnis seitens des Rentners sorgt die Tatsache, dass die Gemeinde den tatsächlichen Stand der Dinge «unter dem Deckel halte». «Die Gemeinde will die Stimmberechtigten erst an der einberufenen ausserordentlichen Gemeindeversammlung vom 21. August 2023 zu den Einsprachen gegen die OPR informieren.» Auch im Gemeindeinformationsblatt «GIB8», Nr. 12, 1 / 2023, sei lediglich über die ausserordentliche Gemeindeversammlung informiert worden, nicht aber über seine Einsprache und das juristische Gutachten, gemäss denen das Baureglement unausgereift sei. «Das Stimmvolk erhält beim aktuellen Vorgehen der Gemeinde zu wenig Zeit, um sich ein fundiertes Urteil über die Angelegenheit zu verschaffen», so der Vorwurf Zimmermanns. Wer sich nicht genauer mit der OPR befasse, erhalte schnell einmal den Eindruck, dass eine Genehmigung des Baureglements bei der kommenden Gemeindeversammlung lediglich reine Formsache sei. «Die Stimmberechtigten sollen mit praktisch keiner Bedenkzeit ein Urteil  fällen? Das kann nicht sein.» Christoph Zimmermann findet, dass im Baureglement einiges an Zündstoff und Unklarheiten vorhanden sei. «Dieses Baureglement ist in der Anwendung unfreundlich für die Bürgerinnen und Bürger und wird daher schnell wieder zu revidieren sein. Ein gutes Baureglement sollte für Jahrzehnte und nicht für wenige Jahre gelten», so seine abschliessende Meinung.

Gemeinde weist Vorwürfe zurück
Die Gemeinde Fraubrunnen bezeichnet die Situation – konfrontiert mit den Vorwürfen Zimmermanns – als mühsam und frustrierend. Die Vorwürfe Christoph Zimmermanns sind für Gemeinderatspräsident Urs Schär nichts Neues und ihm bestens bekannt. «Mangelnder Diskussionswille ist angesichts der zahlreichen Treffen meines Erachtens ein falscher Vorwurf», meint er. «Leider waren die über zehn Zusammenkünfte mit Herr Zimmermann nie ergiebig. Nach rund drei Stunden Diskussion an den Einspracheverhandlungen sind wir keinen Schritt weitergekommen, da sich der Einsprecher unserer Meinung nach uneinsichtig zeigte.» Er verweist auf die anderen Einsprachen. Deren vier wurden zurückgezogen, mit den anderen Einsprechern konnten Lösungen gefunden werden. «Im Zuge der OPR und des neuen Baureglements arbeiteten wir mit Fachleuten, unter anderem auch einem Fachjuristen, zusammen», so Urs Schär auf den Vorwurf der Unausgereiftheit.
Auch den Vorwurf der mangelnden Transparenz und Kommunikation will Urs Schär nicht gelten lassen. «Unsere Kommunikation erfolgt in Stufen. Bevor wir jeweils die Bevölkerung informieren, werden die Gemeinderäte über den Sachverhalt und den Stand der Dinge in Kenntnis gesetzt.» Die Stimmberechtigten wüssten, worum es an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung vom 21. August 2023 gehe. «An dieser ist die Ortsplanungsrevision das alleinige Thema. Dies zeigt doch auf, dass wir uns für die Thematik genügend Zeit nehmen wollen. Sowohl an der Gemeindeversammlung selbst wie auch im Vorfeld mittels dem Gemeindeinformationsblatt ‹GIB8› werden die Stimmberechtigten nochmals detailliert über die OPR sowie die Änderungen seit der öffentlichen Auflage informiert. Wir halten folglich gar nichts unter dem Deckel.» Christoph Zimmermann, dessen Einsprache unbereinigt ist, stehe an der Gemeindeversammlung die Möglichkeit zu, die Anwesenden über seine Einsprache zu informieren. Das Vorgehen der Gemeinde ist rechtlich abgeklärt. Letztlich sei Christoph Zimmermann der Einzige, der sich öffentlich gegen das neue Baureglement stelle. «Er ist in der Sache sehr engagiert, doch nach zahlreichen gescheiterten Verhandlungen haben wir als Gemeinde die Kommunikation mit ihm auf Eis gelegt.» Gestützt auf die Meinung diverser Fachleute und die positive Vorprüfung des Amtes für Gemeinden und Raumordnung (AGR) bezeichnet die Gemeinde das neue Baureglement als zeitgemäss. «Zudem geht ein wichtiger Aspekt gerne vergessen: Baureglemente sind nicht nur für diejenigen da, die bauen, sondern auch für alle, die von einem Bau betroffen sind – insbesondere die Nachbarn», sagt Urs Schär.
Der Entscheid liegt nun bei der Fraubrunner Stimmbevölkerung, die am 21. August 2023 über das neue Baureglement der Ortsplanungsrevision entscheidet.

Joel Sollberger


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote