Wie Angehörige von Menschen mit einer psychischen Erkrankung gesund bleiben

  16.04.2024 Aktuell, Foto, Gesellschaft

Die Unterstützung und Begleitung einer Person, die an psychischen Erkrankungen leidet, erfordert beträchtliche Anstrengungen. Die Angehörigen streben danach, den Erkrankten zu helfen, und fühlen sich verpflichtet, stets stark und verständnisvoll zu sein. Dabei vernachlässigen sie häufig ihre eigenen Bedürfnisse. Die langanhaltende Belas­tung und der damit einhergehende Stress können dazu führen, dass die Angehörigen selbst in eine ernsthafte Überlastung geraten. Es ist darum von grosser Bedeutung, dass die Angehörigen sorgfältig darauf achten, was sie benötigen, um trotz ihres intensiven Engagements für die erkrankte Person ihre eigene Gesundheit zu wahren. Das Team der Angehörigenberatung stellt verschiedene Möglichkeiten vor, die den Angehörigen und engen Vertrauten helfen sollen, sowohl seelisch als auch körperlich gesund zu bleiben.

«D’REGION»: Wie wichtig sind die Angehörigen für Menschen, die an psychischen Erkrankungen leiden?
Verena Christen, Mitglied des Angehörigenberatungsteams: Angehörige sind für Menschen mit einer psychischen Erkrankung sehr wichtig. Als nächste Bezugspersonen kennen sie die erkrankte Person in der Regel sehr gut und lange und wissen von ihren Ängs­ten und Nöten.

«D’REGION»: Mit welchen Belas­tungen werden Angehörige von psychisch erkrankten Menschen am häufigsten konfrontiert?
Verena Christen: Angehörige von psychisch erkrankten Menschen tragen oft eine schwere Last. Sie übernehmen Verantwortung, wo die erkrankte Person dies nicht mehr kann. Die erkrankte Person kann vielleicht nicht mehr ausreichend für sich schauen und entscheiden. Oft ist auch die Kommunikation schwierig. Zudem können finanzielle Probleme dazukommen.

«D’REGION»: Weshalb vernachlässigen Angehörige so häufig ihre eigenen Bedürfnisse?
Verena Christen: Angehörige haben oft verinnerlicht, sich primär um andere, das heisst um ihre erkrankten Angehörigen zu kümmern. Sie sind sehr fürsorglich und engagieren sich stark.

«D’REGION»: Was passiert, wenn die Angehörigen überlastet sind und keine Kraft mehr haben?
Verena Christen: Experten schätzen, dass 40 bis 60% der Angehörigen eines psychisch erkrankten Menschen durch die zum Teil jahrelange Belastung selber erkranken. Die grosse Belastung kann sich mit körperlichen oder auch psychischen Symptomen zeigen.

«D’REGION»: Was können Angehörige tun, um selber gesund zu bleiben?
Verena Christen: Verschiedene Faktoren sind wichtig. Zum einen geht es darum, seine eigenen Bedürfnisse zu kennen und ernst zu nehmen. Zum andern ist es wichtig, Grenzen setzen zu können, Unterstützung zu suchen und annehmen zu können, soziale Kontakte zu pflegen, einem Hobby nachzugehen etc.

«D’REGION»: Warten die Angehörigen zu lange, bevor sie Hilfe suchen?
Verena Christen: Angehörige warten oft sehr lange, bis sie Unterstützung suchen. Viele schämen sich und erwarten von sich, es selber zu schaffen. Angehörige melden sich oft erst, wenn sie mit ihren Kräften am Ende sind und nicht mehr weiter wissen.

«D’REGION»: Wie unterstützt das Team der Angehörigenberatung die Personen, die zu Ihnen in die Beratung kommen?
Verena Christen: Wir hören ihnen primär zu und lassen sie über ihre Situation und die Belastung, die sie haben, berichten. Manchmal geht es darum, über eine psychische Erkrankung aufzuklären oder Hilfsangebote aufzuzeigen. Ein wichtiges Thema in praktisch jedem Gespräch ist die Selbstfürsorge. Wir versuchen aufzuzeigen, dass es wichtig ist, als Angehörige gut zu sich selber zu schauen. Nur wer selber gut versorgt ist, kann anderen helfen.

zvg

Vortrag am Donnerstag, 25. April 2024, um 19.00 Uhr (Kurslokal Spital Emmental, Oberburg­strasse 54, EG, Burgdorf) und am Donnerstag, 2. Mai 2024, um 19.00 Uhr (Spital Langnau).


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote